Interview Lesezeit 2 Min.

„Spätestens ab 60 sollte man mit der Suche beginnen“

Ab wann sollten sich Mittelständler mit der Nachfolge beschäftigen? Und woher weiß man, welcher Kandidat der richtige ist? Antworten auf diese Fragen hat Birgit Felden, Professorin für Management in KMU und Unternehmensnachfolge an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Zahl der Unternehmen in Deutschland, bei denen das Thema Nachfolge ansteht, ist seit Jahren konstant, sagt Birgit Felden, Professorin für Management in KMU und Unternehmensnachfolge. Es gebe aufgrund des demografischen Wandels aber weniger potenzielle Übernahmekandidaten.
  • Mit der Nachfolgeplanung sollten Unternehmer laut Felden etwa fünf bis zehn Jahre vor dem angestrebten Rückzug des Inhabers beginnen.
  • In Sachen Finanzierung sieht sie durch die Zinspolitik der EZB sogar Vorteile für die neuen Chefs. Voraussetzung ist und bleibt ein tragfähiges Geschäftskonzept.
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Das Nachfolgeproblem im Mittelstand scheint jedes Jahr größer zu werden. Ist das wirklich der Fall?

Nein. Wenn man die kaum übertragungsfähigen Kleinstbetriebe weglässt, haben wir rund drei Millionen kleine und mittlere Betriebe in Deutschland. Und permanent gibt es rund 100.000 Unternehmen dieser Kategorie, in denen das Thema Nachfolge ansteht – an diesen Größenordnungen hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert.

Aber die Zahl der potenziellen Nachfolger geht doch zurück.

Ja, weil die Geburtenrate stark gesunken ist, gibt es weniger Menschen, die für eine Unternehmensnachfolge infrage kommen. Auch die Gründerzahlen sind rückläufig, weil der Arbeitsmarkt in Deutschland boomt. Die Rahmenbedingungen für eine Unternehmensnachfolge sind also nicht leicht.

Weil die Geburtenrate stark gesunken ist, gibt es weniger Menschen, die für eine Unternehmensnachfolge infrage kommen.

Worauf sollte ein Unternehmer, der seinen Betrieb übergeben möchte, bei der Wahl des passenden Kandidaten achten?

Dafür gibt es im Wesentlichen vier Kriterien: Erstens muss die Chemie stimmen zwischen dem Altinhaber und dem Neuen, zweitens muss dieser die fachlichen Anforderungen erfüllen, drittens sollte der Nachfolger die notwendigen persönlichen Stärken mitbringen – etwa Kommunikations- oder Vertriebsstärke – und viertens muss er die unternehmerische Eignung wie Führungsfähigkeiten oder Risikobereitschaft aufweisen. Wenn diese vier Voraussetzungen erfüllt sind, dann passt das.

Birgit Felden ist Professorin für Management in KMU und Unternehmensnachfolge an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin Gibt es einen perfekten Zeitpunkt, um die Nachfolgefrage anzugehen?

Es gibt kein perfektes Alter, aber jeder Unternehmer sollte sich darüber klar werden, ab wann er die unternehmerische Verantwortung abgeben möchte. Rechnet man dann fünf bis zehn Jahre zurück, hat man den richtigen Zeitpunkt, an dem man mit der Nachfolgeplanung starten sollte. Wer sich also mit Mitte 60 aus seinem Betrieb zurückziehen möchte, muss mit 55, spätestens 60 Jahren mit der Suche nach einem Nachfolger oder – falls bereits klar ist, wer übernimmt – der Nachfolgeplanung beginnen.

Es heißt immer, die meisten Unternehmensübernahmen scheiterten an der Finanzierung. Stimmt das?

Nein, das ist falsch. Wenn ein geeigneter Nachfolger in ein gut laufendes Unternehmen einsteigen möchte und ein tragfähiges Geschäftskonzept vorlegt, dann freut sich jedes Kreditinstitut, wenn es die Finanzierung machen kann. Denn was ist die Alternative? Wenn die Bank ihr Geld bei der EZB hinterlegt, muss sie Zinsen dafür zahlen. Verleiht sie es dagegen, um eine Unternehmensnachfolge zu finanzieren, verdient sie Geld. Schwierigkeiten mit der Finanzierung gibt es meistens nur dann, wenn es Zweifel an der persönlichen Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers oder an der Zukunftsfähigkeit des Betriebs gibt.

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