So lange pflegen die Deutschen
Immer mehr Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Eine neue IW-Studie zeigt, wer seine Angehörigen selbst pflegt und wie viel Zeit das erfordert.
- Rund 3,8 Millionen Menschen haben im Jahr 2012 laut eigenen Angaben selbst gepflegt – meist einen nahen Angehörigen.
- Gut sechs von zehn Pflegenden waren Frauen. Sie wendeten im Durchschnitt auch mehr Zeit für die Pflege auf als Männer.
- Einkommen und Vermögen wirken sich stark darauf aus, wie viele Stunden Angehörige pflegen. Wer mehr besitzt, pflegt in der Regel kürzer.
Umfassende Daten zur Einkommens- oder Vermögensstruktur von pflegenden Angehörigen werden in Deutschland zwar nur sehr selten detailliert erhoben – die aktuellsten Vermögensdaten des Sozio-oekonomischen Panels stammen aus dem Jahr 2012. Doch am grundsätzlichen Pflegeverhalten der Bundesbürger dürfte sich, da sind sich die Experten einig, seither wenig geändert haben. Schon im Jahr 2012 war der Umfang privater Pflegeleistungen in Deutschland beachtlich:
Rund 3,8 Millionen Menschen haben im Jahr 2012 laut eigenen Angaben selbst gepflegt – meist einen nahen Angehörigen.
Damals gab es insgesamt 2,5 Millionen Pflegebedürftige, im Jahr 2017 betrug ihre Zahl bereits mehr als 3,4 Millionen.
Gut sechs von zehn Pflegenden waren Frauen und etwas mehr als die Hälfte war zwischen 30 und 60 Jahre alt. Die jüngeren Generationen hatten mit der Pflege kaum etwas zu tun, nur knapp 6 Prozent der unter 30-Jährigen kümmerten sich im Jahr 2012 um einen pflegebedürftigen Angehörigen.
Einkommen und Vermögen wirken sich in Deutschland stark darauf aus, wie viele Stunden Angehörige pflegen.
Auch Geschlecht, Einkommen und Vermögen hängen mit dem Pflegeverhalten zusammen:
Frauen wendeten durchschnittlich 2,9 Stunden pro Tag für die Pflege auf, Männer 2,2 Stunden.
Mit Blick auf verschiedene Nettoeinkommensgruppen – die Studie unterteilt die Haushalte in vier gleich große Gruppen – sinkt die Zahl der geleisteten Pflegestunden mit dem Nettoeinkommen. Dafür könnte es einen schlüssigen Grund geben, vermuten die Wissenschaftler: Mit höherem Einkommen steht auch mehr Geld zur Verfügung, um sich externe Unterstützung zu holen.
Dieser plausible Zusammenhang wird mit Blick auf die Nettovermögen noch deutlicher (Grafik):
Die Menschen mit dem geringsten Vermögen pflegten im Schnitt 3,8 Stunden pro Tag, die wohlhabendsten lediglich 2,2 Stunden.
Einkommen und Vermögen wirken sich also stark darauf aus, wie viele Stunden Angehörige pflegen. Bei der Entscheidung, ob überhaupt häusliche Pflege geleistet wird oder nicht, lassen sich allerdings keine größeren Unterschiede zwischen den Einkommens- und Vermögensgruppen feststellen. Dieses Ergebnis passt zu anderen Studien, die gezeigt haben, dass Angehörige aus Liebe und Empathie, aber auch aus gefühlter Verpflichtung selbst pflegen.