Zurückhaltende Lohnforderungen bleiben geboten
Unter dem Einfluss der Corona-Pandemie verliefen die Tarifrunden 2020 in den meisten Branchen ausgesprochen friedlich. Weil die Konjunktur demnächst wieder besser laufen würde, wollen einige Gewerkschaften im Jahr 2021 aber wieder offensiver agieren. Für viele Unternehmen wären hohe Lohnsteigerungen in der aktuellen Situation jedoch fatal.
- Im Corona-Jahr 2020 verliefen die Tarifverhandlungen in Deutschland überwiegend friedlich.
- Im Durchschnitt aller Branchen kamen laut IW-Konfliktbarometer nur 2,4 Konfliktpunkte zusammen – der niedrigste Wert seit dem Start der IW-Berechnungen im Jahr 2005.
- Für 2021 sind jedoch konfliktträchtigere Tarifrunden zu erwarten.
Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 nicht nur das öffentliche Leben gebremst, auch die Tarifverhandlungen wurden angesichts der wirtschaftlichen Folgen oft in ruhigerer Tonlage geführt. Dort, wo Tarifabschlüsse erzielt wurden, fielen die Lohnerhöhungen oft moderat aus – wie zum Beispiel im Bauhauptgewerbe.
Dass es in den tarifpolitischen Auseinandersetzungen überwiegend friedlich zuging, zeigt auch das vom IW seit 2005 erstellte Konfliktbarometer. Es misst auf einer Skala von null bis sieben, wie stark ein Tarifkonflikt eskaliert, wobei die höchste Eskalationsstufe für Streiks und Aussperrungen steht.
Im Durchschnitt aller Branchen kamen in den Tarifverhandlungen des vergangenen Jahres nur 2,4 Konfliktpunkte zusammen – der niedrigste Wert seit 2005.
Diese Stufe wurde bei den Tarifkonflikten, die vergangenen Jahr ausgetragen wurden, lediglich in der Luftfahrt erreicht (Grafik). Die Verhandlungen zwischen der Lufthansa beziehungsweise Eurowings und der Gewerkschaft UFO hatten allerdings bereits 2019 begonnen, also vor Ausbruch der Corona-Krise, und waren schon damals eskaliert.
Ansonsten verlief vor allem die Tarifrunde im öffentlichen Dienst relativ konfliktreich:
Das Ringen um einen Tarifabschluss zwischen dem Bund und den Kommunen auf der einen Seite und den beteiligten Gewerkschaften auf der anderen schlug sich im IW-Konfliktbarometer mit insgesamt 15 Konfliktpunkten nieder.
Dies war vor allem den drei Warnstreikwellen im Herbst zuzuschreiben.
In den Tarifverhandlungen anderer Branchen war das Konfliktlevel deutlich niedriger, in zwölf der vom IW analysierten Tarifrunden kamen die Tarifpartner allein durch Verhandlungen zu einem Ergebnis, jegliche Eskalation konnte vermieden werden.
Wie ruhig 2020 in tarifpolitischer Hinsicht verlief, zeigt auch der Vergleich mit den Vorjahren (Grafik):
Im Durchschnitt aller Branchen kamen in den Tarifverhandlungen des vergangenen Jahres nur 2,4 Konfliktpunkte zusammen – der niedrigste Wert seit dem Start der IW-Berechnungen im Jahr 2005.
Ob auch 2021 ein so friedliches Tarifjahr wird, ist keineswegs ausgemacht. So laufen beispielsweise Tarifverträge zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft der Lokführer Ende Februar aus und das Scheitern der nach vorgezogenen Verhandlungen eingeleiteten Schlichtung im November 2020 lässt nicht auf eine unproblematische Tarifrunde schließen.
IG Metall verkennt Corona-Krise
Zum Monatswechsel endet auch in der Metall- und Elektro-Industrie die Friedenspflicht und die IG Metall hat bereits mit einem bundesweiten Aktionstag gedroht. Dass die Gewerkschaften wieder höhere Ansprüche stellen, begründen sie vor allem damit, dass die Konjunktur im laufenden Jahr wieder Fahrt aufnehmen soll.
Doch die deutsche Wirtschaft wird nach wie vor von der Pandemie beeinträchtigt, einige Branchen liegen aufgrund des derzeitigen Lockdowns fast völlig brach. Vor diesem Hintergrund wäre es angebracht, dass sich alle Tarifparteien in den betroffenen Wirtschaftsbereichen weiterhin Zurückhaltung auferlegen.