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EU-Nettozahler: Zahlungssalden sorgen für Transparenz

Über den Haushalt der EU wird viel Geld innerhalb der Staatengemeinschaft umverteilt. Im vergangenen Jahr war Deutschland erneut der größte Nettozahler, während die mittel- und osteuropäischen Länder per saldo die höchsten Zahlungen aus den Brüsseler Töpfen erhielten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Deutschland hat im Jahr 2022 gut 19,7 Milliarden Euro mehr in den EU-Haushalt eingezahlt als aus den EU-Töpfen bekommen.
  • Auch gemessen an der Wirtschaftsleistung ist Deutschland der größte Nettozahler der EU, der Abstand zum zweitplatzierten Frankreich verringert sich aber erheblich.
  • Hauptsächlich fließen die EU-Gelder in den Agrarsektor – mit Griechenland als größtem Empfänger – sowie in die Kohäsionspolitik, von der die mittel- und osteuropäischen Staaten am meisten profitieren.
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Bei den vielen politischen Debatten oder gar Streitigkeiten, die die Europäer untereinander austragen, kann man es leicht übersehen: Die EU kennt grundsätzlich keine Verlierer. So bringt etwa der Binnenmarkt allen Mitgliedsstaaten Vorteile, weil er den grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr erleichtert und die Freizügigkeit von Arbeitnehmern ermöglicht.

Dennoch ist es sinnvoll zu fragen, welches Land wie viel Geld in den EU-Haushalt einzahlt beziehungsweise daraus erhält. Unter anderem lässt sich so klären, ob Länder mit einem vergleichbaren Wohlstandsniveau einen ähnlich hohen Zahlungssaldo verzeichnen.

Insgesamt flossen im Jahr 2022 gut 151 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt an die Mitgliedsstaaten. Finanziert werden die Ausgaben überwiegend aus den von den einzelnen Ländern gezahlten Beiträgen, die sich am jeweiligen Bruttonationaleinkommen (BNE) und an der Mehrwertsteuer bemessen.

Absolut gesehen war Deutschland im vergangenen Jahr mit Abstand der größte Financier der EU:

Per saldo zahlte Deutschland 2022 gut 19,7 Milliarden Euro in den EU-Haushalt ein, deutlich dahinter folgte Frankreich mit rund 10 Milliarden Euro.

Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich der deutsche Nettobeitrag zwar um 1,7 Milliarden Euro, verglichen mit der Zeit vor dem Brexit ist er aber immer noch deutlich höher: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2020 hatte Deutschland per saldo 13,5 Milliarden Euro in den EU-Haushalt eingezahlt. Die aktuelle Rezession hierzulande könnte allerdings dazu führen, dass die deutsche Nettozahlung an den EU-Haushalt 2023 weiter rückläufig sein wird.

Deutschland ist der größte Geldgeber für die EU – im Jahr 2022 zahlte die Bundesrepublik per saldo gut 19,7 Milliarden Euro oder 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens in den EU-Haushalt ein.

Der weitaus größte Nettoempfänger von EU-Geldern war im vergangenen Jahr Polen mit mehr als 11,9 Milliarden Euro, gefolgt von Rumänien und Ungarn.

Da sowohl die Beiträge an den EU-Haushalt als auch die Zahlungen daraus stark von der Größe der einzelnen Länder beeinflusst werden, lassen sich Nettopositionen besser vergleichen, wenn man sie auf die jeweilige Wirtschaftsleistung bezieht (Grafik):

Mit einem Nettobeitrag von 0,51 Prozent seines BNE ist Deutschland auch relativ betrachtet der größte Nettozahler der EU, der Abstand zu Frankreich (0,38 Prozent) und den Ländern auf den nachfolgenden Rängen verringert sich aber erheblich.

Finanzielle Mittel, die ein Mitgliedsstaat aus dem EU-Haushalt erhält, abzüglich der Beitragszahlungen an die EU im Jahr 2022 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Ranking der Nettoempfänger liegen nun neben Ungarn die baltischen Staaten ganz vorn – die ihnen per saldo gewährten EU-Finanzmittel beliefen sich im Jahr 2022 jeweils auf 2,5 bis 2,6 Prozent des BNE.

Agrar- und Kohäsionspolitik dominieren

Hauptsächlich fließen die EU-Gelder in die Bereiche „Natürliche Ressourcen und Umwelt“ – also vor allem die Agrarwirtschaft – sowie „Zusammenhalt und Werte“. Bei Letzterem geht es um die sogenannte Kohäsionspolitik, also Projekte, die in erster Linie die wirtschaftlich benachteiligten Regionen in der EU unterstützen sollen.

Betrachtet man nur die Finanzströme für die Agrarhilfen, sind die größten Nettoempfänger – wiederum gemessen am BNE – Griechenland, Bulgarien, Litauen, Lettland und Ungarn. Deutschland ist auch bei der Agrarpolitik Nettozahler, mit 0,17 Prozent des BNE leistet es aber nur den fünftgrößten Beitrag. Ganz vorn liegen Malta (0,23 Prozent) und Belgien (0,22 Prozent).

Wichtigste Profiteure des Kohäsionshaushalts sind die mittel- und osteuropäischen Staaten wie Ungarn, die Slowakei, Lettland, Estland und Litauen – sie bekamen im vergangenen Jahr netto zwischen 1,5 und 2 Prozent ihrer jeweiligen Wirtschaftsleistung an Kohäsionsmitteln von der EU. Auf der Geberliste für diese Hilfen stand zuletzt Frankreich mit 0,32 Prozent des BNE ganz oben, Deutschland belegte mit 0,28 Prozent Rang vier.

Zusatzhaushalt „NextGenerationEU“

Zum regulären EU-Haushalt sind seit 2020 noch die Zahlungen hinzugekommen, die der kreditfinanzierte Fonds „NextGenerationEU“ (NGEU) gewährt. Er wurde geschaffen, um die Mitgliedsstaaten bei der Bewältigung der Pandemiefolgen zu unterstützen. Mit Zuschüssen in Höhe von gut 1,8 Prozent seines BNE war Kroatien im Jahr 2022 der größte Nettoempfänger der NGEU-Mittel, Bulgarien kam auf knapp 1,6 Prozent. Die wichtigsten Nettofinanciers dieses Nebenhaushalts der EU waren mit jeweils knapp 0,4 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung Irland, Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Schweden.

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