IW-Konjunkturprognose Lesezeit 3 Min.

Wirtschaftswachstum im Sinkflug

Der aufflammende Protektionismus zeigt Wirkung: Weltweit stagniert der Warenhandel und die Investitionsdynamik lässt nach. Zwar droht keine Bruchlandung, doch das Wachstum der Wirtschaft schwächt sich deutlich ab – auch in Deutschland.

Kernaussagen in Kürze:
  • Der aufkommende Protektionismus wirkt sich auch auf Deutschland aus: Das Institut der deutschen Wirtschaft erwartet nun für 2018 ein reales Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent. Im Frühjahr wurden noch 2 Prozent prognostiziert.
  • Im Jahr 2018 werden die deutschen Exporte nur um 3,0 Prozent zulegen – im Jahr 2017 waren es noch 4,6 Prozent.
  • Die Kaufneigung der Bundesbürger lässt derzeit nach, sodass der private Konsum in diesem Jahr mit einem Plus von 1,3 Prozent merklich hinter dem Vorjahreszuwachs von 1,8 Prozent zurückbleibt.
Zur detaillierten Fassung

Die krude „America first“-Strategie von US-Präsident Donald Trump hat die Weltwirtschaft im bisherigen Verlauf des Jahres 2018 an den Rand eines Handelskriegs geführt. Zusammen mit den politischen Unwägbarkeiten in einer Reihe von Schwellenländern ist die Situation inzwischen so angespannt, dass auch die Robustheit der Finanzmärkte wieder auf dem Prüfstand steht.

Gleich drei Tropfen könnten das Fass zum Überlaufen bringen: erstens die Zuspitzung der Währungskrise in der Türkei sowie ein Überschwappen auf andere Schwellenländer; zweitens das Wiederaufflammen der Banken- und Staatsschuldenkrise, ausgelöst durch die hohe Verschuldung Italiens; und drittens ein ungeordneter Brexit.

Diese Gemengelage hat die konjunkturellen Risiken für die Weltwirtschaft deutlich erhöht – und das lässt sich bereits in der Statistik ablesen:

Das reale Wachstum der Weltwirtschaft wird 2018 auf 3,5 Prozent zurückgehen – im Vorjahr waren es noch 3,7 Prozent. Im Jahr 2019 wird das weltweite Bruttoinlandsprodukt dann sogar nur noch um 3,3 Prozent wachsen.

Deutschland kann sich von diesem Trend nicht abkoppeln. Auch wenn sich die deutsche Wirtschaft im ersten Halbjahr 2018 dank steigender Exporte und einer kräftigen Inlandsnachfrage vergleichsweise gut behaupten konnte, muss das Institut der deutschen Wirtschaft seine Konjunkturprognose trotzdem revidieren (Tabelle):

Für 2018 wird ein reales Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent erwartet – im Frühjahr hatte das IW noch mit 2 Prozent gerechnet. Auch die Prognose für das kommende Jahr fällt niedriger aus: 1,4 statt 2 Prozent. Staatseinnahmen und -ausgaben in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Hinter diesen revidierten Zahlen stecken ganz verschiedene Nachrichten – gute wie schlechte:

Außenhandel. Zwar war die Entwicklung im ersten Halbjahr 2018 noch positiv, doch so wird es im zweiten Halbjahr nicht weitergehen. Die Aufträge aus dem Ausland kommen bereits spärlicher und Stimmungsindikatoren wie das ifo Weltwirtschaftsklima signalisieren eine spürbare Eintrübung:

Im Jahr 2018 werden die deutschen Exporte nur um 3,0 Prozent zulegen – im Jahr 2017 waren es noch 4,6 Prozent.

Da die Importe aufgrund der guten Inlandskonjunktur mit 3,5 Prozent etwas stärker steigen als die Ausfuhren, entfaltet der Außenbeitrag insgesamt keine Wachstumsimpulse und der deutsche Leistungsbilanzüberschuss wird leicht sinken.

Investitionen. Die deutschen Unternehmen werden 2018 mehr Geld für neue Maschinen und Produktionsanlagen ausgeben als im Vorjahr – mit 4,5 Prozent wird das Plus jedoch kleiner ausfallen als noch im Frühjahr erwartet, nämlich 5,3 Prozent.

Da zudem das Wachstum der Bauinvestitionen im Vorjahresvergleich um fast 1 Prozentpunkt auf 2,0 Prozent zurückgeht, werden die gesamten realen Anlageinvestitionen in diesem Jahr mit 2,8 Prozent etwas weniger zulegen als im Vorjahr. Für das kommende Jahr erwartet das IW lediglich noch einen Zuwachs von2,5 Prozent.

Für 2018 erwartet das Institut der deutschen Wirtschaft nun ein reales Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent – im Frühjahr hatten die IW-Forscher noch mit 2 Prozent gerechnet.

Arbeitsmarkt. Die leicht verschlechterte Konjunktur kann dem robusten deutschen Arbeitsmarkt kaum etwas anhaben. Schon zu Beginn dieses Jahres lag die saisonbereinigte Zahl der Erwerbstätigen um 0,9 Prozent über dem Durchschnitt des Vorjahres. Im Jahresdurchschnitt 2018 wird ein deutlicher Anstieg um 1,2 Prozent auf gut 44,8 Millionen zu Buche stehen.

Parallel dazu geht der Abbau der Arbeitslosigkeit weiter – wenn auch nicht in dem Tempo, in dem neue Stellen geschaffen werden:

Die Zahl der registrierten Arbeitslosen wird 2018 um gut 180.000 auf 2,352 Millionen zurückgehen – 2019 sinkt sie weiter auf 2,247 Millionen.

Damit wird die Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent im Jahr 2017 über 5,2 Prozent 2018 auf 5,0 Prozent im kommenden Jahr zurückgehen.

Konsum. Der soliden Beschäftigungsentwicklung steht allerdings eine etwas nachlassende Kaufneigung der Bundesbürger gegenüber, sodass der private Konsum in diesem Jahr mit einem Plus von 1,3 Prozent merklich hinter dem Vorjahreszuwachs von 1,8 Prozent zurückbleibt. Dabei machen sich auch die höheren Inflationsraten infolge der steigenden Energiekosten bemerkbar.

Staatshaushalt. Von all dem kann sich einer völlig unberührt zeigen: der deutsche Finanzminister. Schon das erste Halbjahr 2018 ist für den Staat besser gelaufen als das gesamte Vorjahr, am Ende wird es ein dickes Plus geben (Grafik):

Der Finanzierungssaldo des Staates steigt von 38 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 53 Milliarden Euro in diesem Jahr – ein Rekord. Veränderung des Bruttoinlandsprodukts und seiner Komponenten gegenüber dem Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die steigenden Steuereinnahmen nutzt der Staat jedoch nicht dazu, die Bundesbürger zu entlasten oder seine Finanzen stärker zu konsolidieren, stattdessen erhöht er seine Ausgaben (siehe: „Bundeshaushalt: Ausgaben kräftig ausgeweitet“). Im kommenden Jahr wird die Staatsquote bereits 44,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

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