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Fluktuationsrate: Weniger Personalwechsel durch Corona

Die Arbeitskräftefluktuation ist in Deutschland seit Jahren mehr oder weniger konstant. Aufgrund der Corona-Pandemie haben im Jahr 2020 allerdings etwas weniger Menschen als zuvor ein Beschäftigungsverhältnis begonnen oder beendet.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Arbeitskräftefluktuation in Deutschland ist im Zuge der Corona-Pandemie im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um gut 3 Prozentpunkte auf knapp 30 Prozent gesunken.
  • Bezogen auf das langfristige Niveau ist der aktuelle Wert aber kein großer Ausreißer, die Fluktuationsquote in Deutschland ist seit Jahren relativ konstant.
  • Allgemein wechseln junge Menschen häufiger den Arbeitsplatz als Ältere; Ungelernte und Akademiker wechseln dagegen häufiger als Fachkräfte mit Berufsabschluss und Männer häufiger als Frauen.
Zur detaillierten Fassung

Eine stetig wachsende Zahl an Erwerbstätigen, immer weniger Arbeitslose – eine lange Zeit ging es am deutschen Arbeitsmarkt kontinuierlich aufwärts. Doch dann kam die Pandemie und führte besonders am Anfang zu Entlassungen und deutlich weniger Neueinstellungen.

Durch das Kurzarbeitergeld konnte der Einbruch zwar abgefedert werden und die zwischenzeitlich gestiegene Zahl an Arbeitslosen nahm im Verlauf des vergangenen Jahres zum Teil wieder ab. Dennoch hat die Corona-Pandemie Spuren am deutschen Arbeitsmarkt hinterlassen. Das zeigt unter anderem die Fluktuationsrate (Grafik):

Die Arbeitskräftefluktuation in Deutschland ist im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um gut 3 Prozentpunkte auf knapp 30 Prozent gesunken.

Fluktuationsrate in Deutschland in Prozent

Die Fluktuationsrate ergibt sich aus dem Durchschnitt aus neu geschlossenen und beendeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen in Relation zum durchschnittlichen Beschäftigtenbestand. Je häufiger demnach Beschäftigungsverhältnisse begonnen oder beendet werden, umso höher ist tendenziell die Fluktuationsrate.

So gesehen haben die Arbeitskräftebewegungen im vergangenen Jahr abgenommen. Allerdings liegt die Fluktuationsrate seit 2004 fast durchgängig zwischen knapp 31 und gut 33 Prozent. Damit wird deutlich:

Der aktuelle Wert der Fluktuationsrate zeigt zwar einen spürbaren Effekt der Pandemie, ist – bezogen auf das langfristige Niveau – aber kein großer Ausreißer.

Die im Juni 2021 durchgeführte IW-Konjunkturumfrage zeigt zudem: Die Beschäftigungsaussichten der Unternehmen für das Jahr 2021 sind wieder von mehr Zuversicht geprägt. Es gibt deutlich mehr Unternehmen, die für das Gesamtjahr 2021 gegenüber 2020 eine bessere Beschäftigungsentwicklung erwarten, als Firmen, die einen negativen Trend sehen (siehe "Unternehmen beurteilen Lage und Aussichten positiv").

Die mutmaßlich höhere Arbeitsnachfrage dürfte zu mehr Stellenangeboten führen, sodass die Chancen für einen Jobwechsel oder den Einstieg in den Arbeitsmarkt steigen und das Entlassungsrisiko sinkt.

Wer wie oft den Job wechselt

Schaut man sich die Fluktuationszahlen genauer an, lassen sich zum Teil strukturelle Unterschiede in der Bevölkerung erkennen (Grafik):

Die Fluktuationsraten waren zwar zuletzt in allen Bevölkerungsgruppen rückläufig, unterscheiden sich aber je nach Geschlecht, Alter und Bildungsabschluss der Bundesbürger teils deutlich.

Fluktuationsraten in Deutschland in Prozent

Geschlecht. Die Fluktuation fällt bei Männern im Durchschnitt höher aus als bei Frauen. Der Grund dafür könnte der unterschiedliche Geschlechteranteil in den verschiedenen Branchen sein. So hat zum Beispiel die im Branchenvergleich durchschnittliche Veränderung der Fluktuationsrate im Verarbeitenden Gewerbe von 2019 bis 2020 einen recht großen Einfluss auf die Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Geschlechterdifferenz in den Fluktuationsraten ausgeübt. Dies liegt schlicht daran, dass dieser Wirtschaftszweig einer der größten in Deutschland ist und gleichzeitig einen relativ geringen Frauenanteil aufweist.

Alter. Auffallend hoch ist die Fluktuationsrate bei Arbeitnehmern bis 24 Jahre. Hier dürfte der Einstieg in das Arbeitsleben, beispielsweise von Auszubildenden, eine große Rolle spielen. Hinzu kommen Jobwechsel im Zuge beruflicher Neu- oder Umorientierung – zum Beispiel während der Probezeit. Im klassischen erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 65 Jahren ist die Fluktuation insgesamt wesentlich niedriger – wer über 55 Jahre alt ist, wechselt den Job aber besonders selten.

Berufsausbildung. Bundesbürger ohne Berufsabschluss weisen eine deutlich höhere Fluktuationsrate auf als Personen, die über mindestens einen beruflichen Abschluss verfügen. Dies dürfte sich damit erklären lassen, dass Geringqualifizierte häufiger Jobs ausüben, die weniger berufsspezifisches Wissen erfordern, und deshalb bei Kündigungen oder Entlassungen leichter durch neue Mitarbeiter ersetzt werden können.

Bei Akademikern ist die Fluktuation wiederum höher als bei Personen mit beruflichem Bildungsabschluss. Denkbar wäre, dass Karriereschritte zum Teil auch mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbunden sind und dies bei Akademikern häufiger vorkommt.

Die Beispiele zeigen, dass Fluktuation vieles bedeuten kann: dass Geringqualifizierte Einstiegsmöglichkeiten in neue Jobs finden, dass Beschäftigte neue Verdienst- und Karrierechancen in anderen Unternehmen suchen oder dass Auszubildende und neue Arbeitskräfte eingestellt werden. Solche Prozesse sind notwendig und Ausdruck eines funktionierenden Arbeitsmarktes.

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