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Vom Verbraucher zum Sparfuchs

Ungewisse Lieferungen, explodierende Preise – Deutschland muss für den Winter dringend Gas sparen. Neben der Industrie sind auch die privaten Haushalte gefragt, ihren Teil beizusteuern. Tipps und Tricks aus der Verhaltensökonomik könnten sie dabei zielgerichtet unterstützen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Wegen der Energiekrise muss Deutschland seinen Gasverbrauch stark einschränken. Dabei sind auch private Haushalte gefragt.
  • Durch Nudges, nicht finanzielle Eingriffe und Hinweise, können die Menschen zum Sparen animiert werden.
  • Das Sparpotenzial für eine vierköpfige Familie liegt dem IW zufolge bei 420 Euro im Jahr.
Zur detaillierten Fassung

Der Gasverbrauch muss um 20 Prozent sinken – das gibt die Bundesnetzagentur als Zielmarke aus, damit Deutschland ohne Gasengpass durch den Winter kommt. Die Industrie hat auf die extrem gestiegenen Preise bereits reagiert und die Nachfrage gesenkt:

Im Juli lag der industrielle Gasverbrauch in Deutschland um 21,3 Prozent unter dem Monatsmittel der Jahre 2018 bis 2021.

Die Unternehmen spüren den Anstieg der Großmarktpreise beim Gas unmittelbar und reagieren daher schnell. Private Haushalte dagegen merken das ganze Ausmaß der explodierenden Preise häufig erst mit Verzögerung, zum Beispiel weil sie Verträge mit Preisbindung haben oder der nächste Ablesetermin und damit die höhere Abrechnung erst im kommenden Jahr ansteht.

Doch ohne Energieeinsparungen in Wohnungen und Wohnhäusern wird das Ziel der Bundesnetzagentur nicht zu erreichen sein, denn:

Knapp 21 Millionen deutsche Haushalte besitzen eine Gasheizung. Die private Nutzung machte 2021 rund 31 Prozent des bundesweiten Gasverbrauchs aus.

Doch wie können Menschen zum Gassparen animiert werden? Eine Antwort bietet die Verhaltensökonomik mit den sogenannten Nudges. Das sind nicht finanzielle Eingriffe oder Hinweise, die das Verhalten der Menschen beeinflussen sollen. Nudging kann zum Beispiel durch eine vorgegebene Zielsetzung, durch Feedback oder durch einen sozialen Vergleich erfolgen.

Nudges können einen Beitrag leisten, zusätzliche Anreize zu setzen und vor allem eine Motivation zum Gassparen zu schaffen.

Im Fall der Gaskrise zeigt eine Studie aus dem Vereinigten Königreich, dass der soziale Vergleich vielversprechend ist: Dort reduzierten Haushalte, die Informationen über den eigenen Verbrauch und zusätzlich über den durchschnittlichen Verbrauch von Haushalten vergleichbarer Größe in der Nachbarschaft erhielten, ihren Gasbedarf im Schnitt um 9,6 Prozent.

Überträgt man die Ergebnisse dieses Feldexperiments auf Deutschland, könnten bis zu 3 Prozent des gesamten Gasverbrauchs eingespart werden. Möglicherweise sind auch größere Einsparungen drin, denn das Experiment im Vereinigten Königreich fand 2011 bei deutlich niedrigeren Preisen statt. Direkt übertragen lassen sich die Ergebnisse aus der UK-Studie aber natürlich nicht.

Auch für den Einzelnen würde sich Nudging lohnen (Grafik):

Ein Singlehaushalt könnte mithilfe von Informationen über seinen Energieverbrauch und den Vergleich mit anderen die Ausgaben für Gas um 160 Euro im Jahr senken.

Einsparpozentiale deutscher Haushalte durch Nudging Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Für eine vierköpfige Familie berechnet das Institut der deutschen Wirtschaft ein jährliches Sparpotenzial von 420 Euro.

Nudges können so einen Beitrag leisten, zusätzliche Anreize zu setzen und vor allem eine Motivation zum Gassparen zu schaffen. Denn während Preissteigerungen als negativ empfunden werden, können Nudges bei richtiger Gestaltung ein positives Bild vermitteln und dadurch die Bereitschaft der Privathaushalte erhöhen, ihren Gasverbrauch einzuschränken.

Dies ist umso wichtiger, da die Aufrufe zum Gassparen möglichst lange wirken müssen: Denn auch die Gasversorgung für den Winter 2023/2024 wird nicht ohne signifikante Gaseinsparung von Haushalten sicherzustellen sein. Deutschland kann Sparfüchse gerade gut gebrauchen.

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