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Studium in Corona-Zeiten: Plötzlich online

Aufgrund der Corona-Pandemie haben Professoren und Dozenten in den vergangenen Monaten ihre Veranstaltungen weitgehend ins Netz verlagert. Sowohl Studenten als auch Dozenten sind mit dem Online-Angebot für Vorlesungen und Seminare überwiegend zufrieden. Nur bei Formaten, die große Praxisanteile beinhalten, gibt es Verbesserungsbedarf.

Kernaussagen in Kürze:
  • Auch im Wintersemesters 2020/21 werden die meisten Vorlesungen, Seminare und andere Veranstaltungen an den Unis und Fachhochschulen online stattfinden
  • Ein erstes Resümee des von Corona geprägten Sommersemesters zeigt: Die kurzfristige Umstellung der Hochschulen auf ortsunabhängige und digitale Lehre in den vergangenen Monaten hat insgesamt gut geklappt.
  • Lediglich mit der Umstellung von Übungen und vor allem von Laborarbeiten waren die meisten Studenten und Lehrenden unzufrieden.
Zur detaillierten Fassung

Stell dir vor, das Studium beginnt und keiner geht hin. Was für jeden halbwegs engagierten Studienanfänger bis vor wenigen Monaten höchst unwahrscheinlich geklungen hätte, könnte durch Corona nun vielerorts Realität werden. Denn viele Unis und Fachhochschulen in Deutschland haben bereits entschieden, dass auch die Vorlesungen, Seminare und andere Veranstaltungen des Wintersemesters 2020/21, die im November beginnen, wieder ausschließlich oder zumindest überwiegend online stattfinden.

Insgesamt hat die kurzfristige Umstellung der Hochschulen auf ortsunabhängige und digitale Lehre in den vergangenen Monaten gut geklappt.

Denn anders als vielfach vermutet, hat die kurzfristige Umstellung der Hochschulen auf ortsunabhängige und digitale Lehre in den vergangenen Monaten insgesamt gut geklappt. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Stifterverbands und der Unternehmensberatung McKinsey, an der sich im Juli und August mehr als 11.000 Studenten sowie rund 1.800 Professoren und Dozenten beteiligten und die ein erstes Resümee des von Corona geprägten Sommersemesters zieht.

Schnelle Umstellung von off- auf online

So fanden vor Ausbruch der Pandemie gerade mal 12 Prozent der Lehrveranstaltungen in einem digitalen Format statt, im Sommersemester 2020 waren es bereits 91 Prozent. Nach Auskunft der Lehrenden erfolgte die Umstellung in 89 Prozent der Fälle innerhalb von 30 Tagen, 54 Prozent konnten sogar innerhalb von nur 14 Tagen ihre Lehre von off- auf online umorganisieren.

Besonders gut hat die Umstellung von Lehrformaten für größere Gruppen funktioniert (Grafik):

Sowohl die überwiegende Mehrheit der Studenten als auch der Dozenten bewerten die im Sommersemester 2020 angebotenen Online-Vorlesungen und -Seminare als gelungen – anders als die Umstellung von Formaten für Kleinstgruppen.

So viel Prozent der... finden, die kurzfristige Umstellung auf digitale Formate während der Corona-Krise habe sehr gut oder gut geklappt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mit der Umstellung von Übungen und vor allem von Laborarbeiten waren die meisten Studenten und Lehrenden unzufrieden. Dies betrifft in erster Linie Fächer mit großen Praxisanteilen wie in der Humanmedizin, den Naturwissenschaften, der Kunst und Musik sowie den Sportwissenschaften.

Während also die Organisation hin zu Online-Formaten als überwiegend gelungen bezeichnet werden kann, ist die Zufriedenheit der Studenten in anderen Bereichen aufgrund der Umstellung deutlich gesunken:

Im Wintersemester 2019/20 waren 85 Prozent der Hochschüler mit ihrer Lernerfahrung (eher) zufrieden, im Sommersemester 2020 sahen dies lediglich noch 51 Prozent so.

Die Gründe dafür sind vielfältig, doch insbesondere nicht akademische Aspekte des Studentenlebens haben die Stimmung getrübt (Grafik):

Rund zwei Drittel der Studenten beklagen sich über mangelnde Kontakte zu anderen Studenten.

So viel Prozent der Studenten an deutschen Hochschulen empfinden diese Umstände während der Corona-Pandemie als belastend Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mehr als die Hälfte kämpft zudem mit Motivations- und Konzentrationsproblemen. Vier von zehn Studenten macht die erhöhte Arbeitslast während der Corona-Krise zu schaffen. Auch Zukunftsängste sowie abgesagte Praktika und ausgefallene oder abgebrochene Auslandssemester sorgen bei vielen Hochschülern für ein andauerndes Gefühl der Unsicherheit.

Um die bevorstehende Vorlesungszeit des Wintersemesters möglichst optimal zu gestalten, schlägt der Stifterverband vier Maßnahmen vor:

Erstens: Damit Erstsemester nicht in ein Isolationsloch fallen, sollten die Hochschulen vor allem für sie und für Austauschstudenten Interaktions- und Präsenzformate anbieten. Denn diese beiden Studentengruppen sind von den Coronabedingten Einschränkungen des Soziallebens an den Hochschulen besonders betroffen.

Zweitens: Dozenten, die ihre Digitalkompetenzen verbessern müssen, sollten durch Fort- und Weiterbildungen verstärkt gefördert werden.

Drittens: Um den Professoren, Dozenten und Studenten einen effizienten Umgang mit digitalen Lehrformaten zu ermöglichen, sollten die Hochschulen alles daransetzen, die vorhandenen IT-Lösungen zu vereinheitlichen.

Viertens: Studenten in pandemiebedingten Notlagen muss ein schneller Zugang zu der erforderlichen technischen Ausstattung ermöglicht werden, um an digitalen Lehrformaten teilnehmen zu können. Deshalb sollte die Politik eine zusätzliche Technikpauschale im Bafög verankern.

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