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Die Zielstrebige

Ungefähr 20.000 indische Studenten streben derzeit einen Abschluss an einer deutschen Hochschule an. Eine von ihnen ist Vidyullekha Nagabhushan, die ein Masterstudium an der Hochschule in Köthen (Sachsen-Anhalt) absolviert und gerade neben einem Vollzeitpraktikum an ihrer Masterarbeit schreibt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Von Südindien nach Sachsen-Anhalt: Vidyullekha Nagabhushan absolviert ihr Masterstudium in Deutschland.
  • Die 28-Jährige hat sich insgesamt an sieben deutschen Hochschulen beworben, entschieden hat sie sich schließlich für die Fachhochschule Köthen. Hier studiert sie Biomedical Engineering.
  • Auch Nagabhushans indischer Mann studiert in Deutschland. Er macht gerade seinen Master in Data Science an der Universität Magdeburg.
Zur detaillierten Fassung

Die Gegend rund um Wertheim, der nördlichsten Stadt Baden-Württembergs, kann Anfang März noch ganz schön ungemütlich sein – vor allem, wenn man aus dem südindischen Bangalore kommt. „Es war ziemlich kalt“, erinnert sich Vidyullekha Nagabhushan an ihren ersten Deutschlandbesuch vor einigen Jahren. Zehn Tage dauerte die Reise, in Erinnerung geblieben ist ihr vor allem, „dass es so sauber war und so wenig Verkehr gab“. Kein Vergleich zum Straßenchaos in ihrer Heimatstadt, in der mehr als elf Millionen Einwohner leben.

Vidyullekha Nagabhushan aus Bangalore hat viel Zeit investiert, um herauszufinden, welche deutschen Unis die besten Studienangebote offerieren – und sich für Köthen in Sachsen-Anhalt entschieden.

Auch Köthen in Sachsen-Anhalt ist nicht unbedingt eine Metropole. Dennoch studiert Nagabhushan hier an der Hochschule Anhalt seit zwei Jahren den Masterstudiengang Biomedical Engineering. Auch ihr Mann absolviert gerade sein Masterstudium – in Data Science an der Uni in Magdeburg. An sieben deutschen Hochschulen hatte sich die 28-Jährige, die in Indien 2013 ihren Bachelor in Biotechnologie erworben und schon vier Jahre als Programmiererin gearbeitet hat, beworben. Von drei Instituten erhielt sie eine Zusage. Dass sie sich für Köthen entschieden hat, lag daran, dass die Rückmeldung so schnell kam und die FH als sehr forschungsorientiert gilt.

Andere Länder verlangen hohe Studiengebühren

Vidyullekha Nagabhushan absolviert den Masterstudiengang Biomedical Engineering an der Hochschule in Köthen; Foto: privat Englischsprachige Länder wären eigentlich naheliegendere Studienorte für Inder, die im Ausland studieren wollen. Aber: „Die USA sind zu teuer und auch Großbritannien verlangt hohe Studiengebühren. Außerdem sind die britischen Hochschulen in meiner Fachrichtung nicht so stark in der Forschung, und Studienabsolventen, die keine EU-Bürger sind, dürfen nach dem Abschluss nur vier Monate im Land bleiben“, erklärt Nagabhushan ihre Beweggründe, in Deutschland zu studieren. Auch die Schilderungen von indischen Freunden, die bereits auf einen Studienaufenthalt in Deutschland zurückblicken konnten, haben sie überzeugt.

Das junge Paar aus Bangalore hat viel Zeit investiert, um herauszufinden, welche deutschen Unis die besten Studienangebote offerieren. Data Science etwa kann man auch in Indien studieren, doch Nagabhushan sagt, dass dieses Fach vor zwei, drei Jahren in ihrer Heimat noch nicht sonderlich etabliert gewesen sei.

Deutsche Hochschulen gewähren mehr Freiheit

In Köthen kommt Nagabhushan gut zurecht – unterrichtet wird auf Englisch, in ihren Kursen ist sie umgeben von Studenten aus aller Herren Länder. Sie findet neue Freunde und ist begeistert von der Freiheit und Unabhängigkeit, die an deutschen Hochschulen gewährt wird. Und sie schätzt es, wie komplett anders hier gelehrt wird und dass sie ihren Studieninteressen nachgehen kann.

Seit fünf Monaten macht die junge Frau ein Praktikum bei Merck in Darmstadt, Sparte Health Care. Wenn sie abends nach Hause kommt, lernt sie Deutsch mit ihrer Vermieterin und arbeitet an ihrer Masterarbeit, die sich um ein interaktives Visualisierungs-Tool für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dreht. Im Juli 2020 endet ihr Praktikum, auch ihr Studium wird sie im Sommer abschließen. Ihr Ehemann wird dann ebenfalls seinen Masterabschluss in Data Science in Magdeburg erhalten.

Haben die beiden schon Zukunftspläne? „Ich würde gerne für Merck weiterarbeiten und daran forschen, wie man den Alltag von Patienten bequemer macht“, sagt Nagabhushan. Sich für immer in Deutschland niederzulassen, schließt sie aber aus: „Wir werden hier voraussichtlich zwei, drei Jahre bleiben nach dem Studium. Das ist für gut qualifizierte Nicht-EU-Ausländer ohne Weiteres möglich, denn wenn man einen Job hat, bekommt man eine Blue Card, die den Aufenthalt und eine Erwerbstätigkeit gestatten. Ich würde wirklich gerne hierbleiben, doch spätestens nach vier Jahren möchte ich zurück nach Indien, um in der Nähe meiner Eltern zu sein.“

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