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Staat drückt Inflationsrate

Ohne das 9-Euro-Ticket und andere staatlich administrierte Preise wäre die Inflationsrate in Deutschland aktuell 2 Prozentpunkte höher. Das günstige ÖPNV-Ticket ist allerdings zeitlich befristet und kein dauerhaft wirksames Instrument gegen die Teuerung. Stattdessen sollte die Bundesregierung die Bürger auf anderen Wegen gezielt von der starken Inflation entlasten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Ohne den Einfluss jener Preise, die der deutsche Staat kontrolliert, hätte die Inflationsrate im Juni noch einmal um 2 Prozentpunkte höher gelegen.
  • So dämpfte beispielsweise das 9-Euro-Ticket die Teuerung. Wenn es im September ausläuft, könnte das die Preise treiben.
  • Künftig sollte der Staat Bürger gezielter von der hohen Inflation entlasten, etwa durch eine Heizkostenpauschale.
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Welchen Einfluss hat der Staat auf die Preisentwicklung? Dieser Frage ist das IW nachgegangen und hat den Verbraucherpreisindex näher unter die Lupe genommen – mit einem eindeutigen Ergebnis (Grafik):

Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen im Juni um 8,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Ohne staatlich festgesetzte Preise hätte die Inflationsrate allerdings 10,2 Prozent betragen.

Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber Vorjahresmonat in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Administrierte Preise sind aktuell dafür verantwortlich, dass die Inflationsrate 2 Prozentpunkte niedriger ausfällt als ohne staatliche Einmischung. Die Folge: Nur in Malta, Frankreich und Finnland war der Preisanstieg im Juni innerhalb der Europäischen Union geringer als in Deutschland. Im EU-Durchschnitt betrug er 9,6 Prozent, bei Spitzenreiter Estland sogar 22 Prozent.

Nur in drei EU-Staaten fiel die Inflationsrate im Juni 2022 geringer aus als in Deutschland – nicht zuletzt wegen hierzulande staatlich administrierter Preise, etwa beim 9-Euro-Ticket.

Ein wichtiger Faktor für die hohe Differenz zwischen der Entwicklung der administrierten Verbraucherpreise und dem Preisanstieg insgesamt ist im Moment das 9-Euro-Ticket. Aber auch andere Waren und Dienstleistungen, über deren Preise der Staat wacht, verhindern, dass die Preise noch stärker steigen – etwa die Gebühren für Wasserversorgung und Müllabfuhr oder den Kitaplatz.

Ende August läuft das 9-Euro-Ticket aus, wenn sich die Politik auf kein Anschlusskonzept einigt. Dann könnten die Ausgaben für den Nahverkehr drastisch steigen – nicht zuletzt wegen der hohen Energiepreise. Doch selbst wenn das 9-Euro-Ticket fortgeführt wird, bleibt das Problem, dass das Nahverkehrsnetz unterfinanziert ist und in vielen Regionen die Bürger Bus und Bahn kaum nutzen können – egal, wie günstig sie sind.

Entsprechend sollte der Staat künftig auf gezieltere Entlastungen von der hohen Inflation setzen. Es gilt, ausschließlich die wirklich Bedürftigen zu unterstützen, zum Beispiel mit Heizkostenpauschalen.

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