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Geldpolitik: Die Wende bei den Zinsen kommt spät

EZB-Chefin Christine Lagarde hat für Juli 2022 eine geringfügige Zinserhöhung angekündigt. Auch wenn sich die aktuellen Inflationstreiber – wie die durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise – nicht per se durch höhere Zinsen bekämpfen lassen, hätte die EZB früher handeln sollen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die EZB hat eine vorsichtige Zinswende eingeleitet, im Juli werden die Leitzinsen voraussichtlich um 0,25 Prozentpunkte steigen.
  • Dieser Schritt kommt allerdings reichlich spät, denn schon länger ist klar, dass die gestiegenen Inflationsraten kein vorübergehendes Phänomen sind.
  • Weitere Zinsanhebungen sind zu erwarten, dann könnte Ende 2023 auch das angestrebte Inflationsziel wieder in Sichtweite kommen.
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Mit Blick auf die Inflationsrate im Euroraum von derzeit 8 Prozent scheint die Sache klar: Von Preisstabilität ist keine Rede mehr, die EZB muss gegensteuern und die Zinsen anheben. Doch das Dilemma der Notenbank ist, dass damit die Wirtschaft der Euroländer in die Rezession getrieben und die Arbeitslosigkeit steigen würde. Viele Euroländer sind hoch verschuldet und würden durch steigende Zinsen finanziell stark belastet.

Die Zinswende der EZB kommt reichlich spät, die gestiegenen Inflationsraten sind längst kein vorübergehendes Phänomen mehr.

Die EZB hat sich daher für ein äußerst vorsichtiges Umsteuern entschieden (Grafik):

Im Juli wird die EZB die Leitzinsen voraussichtlich um 0,25 Prozentpunkte anheben – der Hauptrefinanzierungssatz, der wichtigste Leitzins der EZB, würde dann erstmals seit Februar 2016 über der Nullmarke liegen.

Leitzinsen der EZB in Prozent pro Jahr Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die EZB verweist allerdings darauf, dass höhere Zinsen weder durch Corona unterbrochene Lieferketten reparieren noch den Krieg in der Ukraine mit seinen Folgen für Energie- und Nahrungsmittelpreise beenden können.

Dennoch kommt die Zinswende reichlich spät. Denn schon seit einiger Zeit ist klar, dass die gestiegenen Inflationsraten kein vorübergehendes Phänomen sind. Zudem haben die privaten Haushalte viele zu Beginn der Corona-Pandemie verschobene Ausgaben nachgeholt und waren bereit, zum Beispiel für lang ersehnte Urlaubsreisen mehr Geld auszugeben. Damit haben sie manche Preiserhöhungen erst ermöglicht. Ein rechtzeitiges geldpolitisches Gegensteuern hätte den Preisauftrieb abmildern können.

Trübe Aussichten für Sparer

Für Sparer wird sich die Situation trotz der ersten Leitzinsanhebung seit 2011 vorerst kaum verbessern – die Zinsen bleiben zu niedrig, um den Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation auszugleichen. Allerdings sind weitere Zinserhöhungen in diesem und im kommenden Jahr zu erwarten. So könnte dann Ende 2023 das von der EZB angestrebte Inflationsziel von 2 Prozent wieder in Sichtweite kommen.

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