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Staat drückt die Gaspreise schon lange

Die Gaspreise sind hoch wie nie, die Bundesregierung will deshalb die Mehrwertsteuer auf Erdgas von 19 auf 7 Prozent senken. Ein Blick ins Steuergesetz zeigt, dass es schon lange erhebliche Steuerbegünstigungen beim Gasverbrauch für bestimmte Wirtschaftsbereiche gibt. Und nicht alle sind noch gut zu begründen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Rund 44 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland hat der Staat 2021 auf die ein oder andere Art steuerlich rabattiert.
  • Entsprechende Begünstigungen für energieintensive Unternehmen sollten aus gutem Grund nicht infrage gestellt werden.
  • Ob Rabatte und Subventionen für die Stromproduktion aus Gas noch zeitgemäß sind, sollte die Bundesregierung derweil ernsthaft diskutieren.
Zur detaillierten Fassung

Im Jahr 2021 hat Deutschland 1.016 Terawattstunden Gas verbraucht. Für 447 Terawattstunden gewährte der deutsche Staat Steuervergünstigungen. Lässt man jene kleinen Gasmengen außer Acht, die aus steuerlichen Gründen noch rückwirkend für Vorjahre steuerbegünstigt wurden, gilt: Rund 44 Prozent des deutschen Gasverbrauchs waren 2021 rabattiert – indem zum Beispiel für einen bestimmten Herstellungsprozess nur ein reduzierter Steuersatz fällig wurde.

Der deutsche Staat sollte Gas-Vielverbrauchern der Wirtschaft auch künftig steuerlich entgegenkommen; steuerliche Begünstigungen für die Stromerzeugung aus Gas gehören dagegen auf den Prüfstand.

Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft beziffert die Steuernachlässe auf 2,1 Milliarden Euro. Deutlich mehr als die Hälfte des rabattierten Gasverbrauchs entfiel auf nur einen Bereich (Grafik):

Über 240 Terawattstunden Gas, die 2021 für die Stromerzeugung verwendet wurden, waren steuerbegünstigt.

So viele Terawattstunden Erdgas, die in diesem Bereich in Deutschland verbraucht wurden, waren 2021 steuerbegünstigt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Daneben profitierten vornehmlich Branchen des Produzierenden Gewerbes wie die Metallindustrie.

Für die IW-Ökonomen sind Steuernachlässe und Subventionen auf Gas ein zweischneidiges Schwert – aus zwei Gründen:

Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen, die viel Gas benötigen, sind preissensibel. Würden sie in Deutschland zu viel zahlen müssen, wären sie international nicht länger wettbewerbsfähig und müssten sich einen günstigeren Standort suchen, was hierzulande Jobs und Wohlstand kosten würde.

Entsprechend ist es sinnvoll, dass der Staat den Gas-Vielverbrauchern auch künftig steuerlich entgegenkommt. Zudem würde es sonst zur Unzeit zu einem weiteren Preisschock für das Produzierende Gewerbe kommen – mit unkalkulierbaren Folgen.

Energiewende. Erdgas gilt als Brückentechnologie, denn gasbetriebene Anlagen zur Stromerzeugung können schnell hochfahren, wenn Wind- und Sonnenkraft ausbleiben. Allerdings besteht die Gefahr, dass der ökonomische Druck durch die Vergünstigungen geringer ist, alternative, grüne Methoden zur Stromgewinnung zu entwickeln und auszubauen.

Deshalb sollte der Bund hinterfragen, ob Rabatte und Subventionen für Strom aus Gas noch zeitgemäß sind. Durch sie sind die Preise am Strommarkt verzerrt und der Umstieg auf umweltfreundlichere Technologien wird verschleppt. Das Geld, auf das der Staat bislang verzichtet, könnte er stattdessen nutzen, um alternative Stromquellen noch stärker zu fördern.

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