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Gesetzliche Rentenversicherung Lesezeit 1 Min.

Soll die Lebenserwartung im Rentensystem berücksichtigt werden?

Das Rentenrecht in Deutschland berücksichtigt bislang nicht, dass die Rentenbezieher je nach Einkommen und anderen soziodemografischen Merkmalen eine unterschiedlich hohe Lebenserwartung haben und deshalb unterschiedlich lange von ihren erworbenen Rentenansprüchen profitieren. Doch was folgt daraus?

Kernaussagen in Kürze:
  • Die weitere Lebenserwartung verschiedener Bevölkerungsgruppen zum Rentenbeginn unterscheidet sich in Deutschland signifikant, so leben Menschen mit niedrigen Einkommen deutlich weniger lang als Personen aus der obersten Einkommensgruppe.
  • Auch die vor dem Renteneintritt erreichte berufliche Stellung beeinflusst die potenzielle Dauer des Rentenbezugs.
  • Die Frage stellt sich also, inwieweit diese Erkenntnisse im System der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden sollten.
Zur detaillierten Fassung

Immer wieder wird in Deutschland über das gesetzliche Rentensystem diskutiert. In jüngster Zeit drehten sich die Debatten vor allem um die Frage, ob und wie stark das Renteneintrittsalter angesichts der demografischen Entwicklung weiter angehoben werden muss.

Streitpunkt Lebenserwartung

In diesem Zusammenhang ist nun allerdings ein neuer Aspekt in den Vordergrund gerückt: die unterschiedliche Lebenserwartung verschiedener Gruppen von Rentenbeziehern. Empirische Studien auf der Basis des Sozio-oekonomischen Panels zeigen, dass es für die voraussichtliche Rentenbezugsdauer eine wesentliche Rolle spielt, wie hoch beispielsweise das Einkommen oder die berufliche Position vor dem Renteneintritt war (Grafik):

Im Schnitt ist die weitere Lebenserwartung von 65-jährigen Männern, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens beträgt, um mehr als sechs Jahre kürzer als die Lebenserwartung Gleichaltriger aus der obersten Einkommensgruppe.

Um durchschnittlich so viele Jahre unterscheidet sich die weitere Lebenserwartung von 65-Jährigen in Abhängigkeit von ihrem Einkommen, ihrer beruflichen Stellung sowie ihrer beruflichen Belastung Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Bei Frauen dieser Einkommensklassen ist der Effekt auf die Lebenserwartung nicht ganz so groß, beträgt aber immer noch vier Jahre.

Die weitere Lebenserwartung von 65-jährigen Männern, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens beträgt, ist im Durchschnitt um mehr als sechs Jahre kürzer als die Lebenserwartung Gleichaltriger aus der obersten Einkommensgruppe.

Auch die zuletzt erreichte berufliche Stellung beeinflusst die potenzielle Dauer des Rentenbezugs:

So übertrifft die weitere Lebenserwartung von 65-jährigen männlichen Beamten die von gleichaltrigen Arbeitern im Schnitt um mehr als fünfeinhalb Jahre.

Dass beispielsweise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufgrund eines geringen Einkommens ohnehin eine niedrigere Rente bekommen als Gutverdiener, von dieser Rente voraussichtlich auch noch weniger lang profitieren, dürften viele Menschen als ungerecht empfinden. Dennoch legt dieser Unterschied aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht noch nicht nahe, das System der gesetzlichen Rentenversicherung nun umzukrempeln. Ob und wie die Politik überhaupt auf die dargelegten Befunde reagieren sollte, ist auch unter Ökonomen umstritten (siehe Interview: „Dann hätten wir den gläsernen Beitragszahler“).

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