Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Landtagswahl Lesezeit 3 Min.

Sachsen-Anhalt: Wahl im Land der Senioren

Am 6. Juni können 1,8 Millionen Wahlberechtigte in Sachsen-Anhalt die Zusammensetzung des neuen Landtags bestimmen. Vor fünf Jahren führte die Wahl zur ersten „Kenia-Koalition“, bestehend aus CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. An den Hauptproblemen des Bundeslands hat sich seither fast nichts verändert: Die Werte wichtiger wirtschaftlicher Indikatoren liegen unterhalb des Bundesdurchschnitts, während die Bevölkerung altert und schrumpft.

Kernaussagen in Kürze:
  • Am 6. Juni wird in Sachsen-Anhalt gewählt, aktuell regieren CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen als erste Kenia-Koalition Deutschlands.
  • Sachsen-Anhalt hat wirtschaftlich noch lange nicht zum Durchschnitt der Bundesländer aufgeschlossen, das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegt um mehr als 10.000 Euro unter dem bundesweiten Mittelwert.
  • Das Bundesland steht zudem vor großen demografischen Herausforderungen; schon heute ist die Bevölkerung überdurchschnittlich alt und die Einwohnerzahl schrumpft.
Zur detaillierten Fassung

Wenn man die Statistik lange genug durchforstet, stößt man auch für Sachsen-Anhalt auf eine positive Meldung:

Das Bruttoinlandsprodukt in Sachsen-Anhalt sank durch die Corona-Pandemie von 2019 auf 2020 um lediglich 3,9 Prozent. Das ist ein Prozentpunkt weniger als im bundesweiten Durchschnitt.

Damit haben sich die guten Nachrichten allerdings auch schon erschöpft. Denn andere coronabedingte Kennziffern entwickelten sich im Deutschlandvergleich merklich schlechter.

Sachsen-Anhalt gelingt es bislang nicht, sich wirtschaftlich dem bundesdeutschen Durchschnitt anzunähern.

So waren im vergangenen Sommer 1,1 Prozent weniger Menschen in Sachsen-Anhalt sozialversicherungspflichtig beschäftigt als im Sommer 2019, deutschlandweit lag der Rückgang bei nur 0,3 Prozent.

Schon ohne Corona wirtschaftliche Probleme

Und auch ohne Corona hat das Bundesland wirtschaftlich einen schweren Stand (Grafik):

Das Bruttoinlandsprodukt in Sachsen-Anhalt betrug 2020 pro Kopf knapp 28.700 Euro, der Bundesdurchschnitt lag bei 40.100 Euro.

Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenquote und andere wirtschaftliche Kennzahlen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Der Zeitverlauf zeigt außerdem, dass es dem ostdeutschen Bundesland nicht gelingt, Boden gutzumachen:

Seit 2010 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Sachsen-Anhalt um knapp 4 Prozent gestiegen, deutschlandweit legte die Beschäftigung fünfmal so stark zu – um mehr als 19 Prozent.

Die meisten Regionen schneiden im Regionalranking schlecht ab

Entsprechend sind in Sachsen-Anhalt überdurchschnittlich viele Menschen arbeitslos und die Voraussetzungen für blühende Landschaften vor Ort weiterhin nicht die besten. Das zeigt beispielsweise ein Blick auf das Regionalranking der IW Consult, das die 401 Kreise und kreisfreien Städte des Landes sowohl mit Blick auf das wirtschaftliche Niveau als auch bezüglich der entsprechenden Dynamik bewertet:

Im Niveau-Dynamik-Vergleich des IW-Regionalrankings 2020 klassifizieren sich 11 der 14 Regionen Sachsen-Anhalts aufgrund verschiedener Kennzahlen als Underperformer.

So war beispielsweise die Internet-Breitbandversorgung im Sommer 2020 um rund 10 Prozentpunkte niedriger als im Bundesdurchschnitt. Zu diesen infrastrukturellen Problemen gesellt sich ein noch größeres gesellschaftspolitisches: die Demografie.

Die Bevölkerung ist besonders alt

Die Zahl der Einwohner Sachsen-Anhalts schrumpft schon lange kontinuierlich, weil junge Menschen auf der Suche nach guten Jobs das Bundesland verlassen und die Zuwanderung aus dem Ausland deutlich geringer ausfällt als andernorts. Das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt geht deshalb in seiner Einwohnerprognose davon aus, dass sich die Bevölkerung von 2014 bis 2030 um 11 Prozent reduzieren wird.

Hinzu kommt eine weitere demografische Herausforderung:

Mit einem Durchschnittsalter von 47,9 Jahren waren die Einwohner in Sachsen-Anhalt 2019 älter als in jedem anderen deutschen Bundesland.

Mit Blick auf die anstehende Wahl hat das Folgen:

Erstens sind junge Wähler bei der Wahl des Landtags merklich unterrepräsentiert. So kamen schon während der Bundestagswahl 2017 auf etwa zehn 18- bis 29-jährige Wahlberechtigte rund 24 Personen der Altersgruppe 70 plus.

Zweitens lag die Wahlbeteiligung junger Menschen 2017 in keinem anderen Bundesland so deutlich unter der durchschnittlichen Wahlbeteiligung wie in Sachsen-Anhalt, was für eine erhebliche Politikverdrossenheit der jungen Generation spricht.

Doch nicht nur beim Nachwuchs, auch insgesamt zeigt sich vor der Landtagswahl eine große Verunsicherung in der Bevölkerung – vor allem aufgrund der durch Corona noch einmal verschärften wirtschaftlichen Situation:

Mitte April beurteilten nur 33 Prozent der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt laut infratest dimap die wirtschaftliche Situation mit gut oder sehr gut, vor der Wahl 2016 galt dies noch für 47 Prozent.

Wahlprognose fällt schwer

Aus all diesen Gründen fällt es schwer, den Wahlausgang für das Landesparlament mit Sitz in Magdeburg vorherzusagen. Bislang – die letzte Befragung stammt von Mitte April – sieht es allerdings danach aus, dass die beiden stärksten Parteien der vergangenen Landtagswahl – CDU und AfD – erneut an der Spitze landen könnten, wenn auch mit merklichen Verlusten. Deutlich zulegen könnten demnach einerseits die Grünen, andererseits dürfte es die FDP wieder und sogar mit einem gewissen Puffer in den Landtag schaffen – was neue Regierungskoalitionen ermöglicht.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene