Reform mit weniger Steuern für alle Bürger ist möglich
In der Steuerpolitik haben die Parteien einer möglichen Ampelkoalition sehr unterschiedliche Pläne. Doch unüberbrückbar sind die Differenzen nicht – das IW hat einen Kompromissvorschlag erarbeitet, der für alle drei Parteien tragbar sein müsste – und der keinen Steuerzahler schlechterstellt als bisher.
- Wenn alle Parteien einer möglichen Ampelkoalition bereit sind, zu geben und zu nehmen, ist eine Reform möglich, die alle Einkommensteuerzahler entlastet.
- Dem vom IW ausgearbeiteten Reformkompromiss zufolge würde ein Single dann je nach Einkommen jährlich zwischen gut 100 und rund 2.350 Euro weniger Einkommensteuer zahlen.
- Das Steueraufkommen würde im Zuge der modellierten Reform moderat um etwa 17 Milliarden Euro sinken, auf längere Sicht wären die Einnahmeausfälle sogar noch geringer.
Ein Konfliktfeld in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP dürfte – trotz grundsätzlicher Einigung im Sondierungspapier – die Steuerpolitik sein, schließlich haben die drei Parteien laut ihren Wahlprogrammen ganz unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie künftig der Einkommensteuertarif in Deutschland gestaltet sein soll (siehe „Normalverdiener sollen weniger Einkommensteuer zahlen“).
Mit Geben und Nehmen zum Steuerkompromiss
Ausgeschlossen haben die Verhandlungspartner, die Einkommensteuer zu erhöhen. Ob aber eine Reform möglich ist, die die Steuerbelastung senkt, wird davon abhängen, ob alle Beteiligten bereit sind, zu geben und zu nehmen. Kommen SPD und Grüne beispielsweise den Liberalen bei deren Forderung entgegen, den Solidaritätszuschlag auch für höhere Einkommen abzuschaffen, könnte der Weg frei werden für eine Erhöhung des Spitzen- und des Reichensteuersatzes.
Der IW-Reformkompromiss würde alle Steuerzahler entlasten – Singles um bis zu 2.358 Euro jährlich.
Verhandlungen nach diesem Muster könnten eine Reform ermöglichen, die keinen Steuerzahler stärker belastet als heute, wobei vor allem Durchschnittsverdiener weniger zahlen müssten als bislang. Das IW hat einen solchen möglichen Reformkompromiss ausgearbeitet und in Zahlen gegossen (Grafik):
Ein Single würde dem IW-Reformkompromiss zufolge je nach Einkommen jährlich zwischen gut 100 und rund 2.350 Euro weniger Einkommensteuer – einschließlich Solidaritätszuschlag – zahlen.
In Relation zum Jahresbruttoeinkommen läge die Entlastung zwischen 0,1 und 1,7 Prozent, wobei der Wert bei einem Einkommen von 80.000 Euro am höchsten wäre.
Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als ob die Bezieher niedrigerer Einkommen bei der Reform relativ schlecht wegkämen. Allerdings ist für die unteren beiden Einkommenskategorien der Solidaritätszuschlag bereits zu Beginn des Jahres 2021 vollständig weggefallen.
Steueraufkommen würde moderat sinken
Das Steueraufkommen würde im Zuge der modellierten Reform um etwa 17 Milliarden Euro sinken, was gemessen an den ursprünglichen Plänen der FDP (75 Milliarden Euro) moderat wäre. Außerdem dürften die Einnahmeausfälle für den Fiskus auf längere Sicht geringer werden, da die Reform bessere Arbeitsanreize schafft. Mehr Beschäftigung aber bedeutet höhere Einkommen und zusätzlichen Konsum, was wiederum die Steuereinnahmen steigen lässt.