Parteien versprechen Förderung für Unternehmensgründer
Die jungen Firmen von heute sind die mittelständischen Champions von morgen. Die Politik tut also gut daran, sich für Unternehmensgründer einzusetzen. Die meisten größeren Parteien haben denn auch in ihren Wahlprogrammen einige Versprechen dazu parat – allerdings erweisen sich einige davon als kontraproduktiv.
- Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Doch die Zahl der Unternehmensgründungen sinkt, was auf Dauer die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands gefährdet.
- Viele der etablierten Parteien wollen Unternehmensgründungen fördern – unter anderem durch Wagniskapitalfonds und eine Beschleunigung der Gründungsvorgänge.
- Zugleich planen SPD, Grüne und Linke aber auch, die Selbstständigkeit stärker zu regulieren.
Die rund 3,5 Millionen mittelständischen Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – nicht zuletzt, weil bei ihnen 58 Prozent der mehr als 33 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ihr Geld verdienen und sie 80 Prozent aller Ausbildungsplätze stellen.
Doch die Corona-Pandemie hat insbesondere den Mittelstand hart getroffen, der Handelsverband Deutschland rechnet allein für den Einzelhandel mit 120.000 Betriebsschließungen. Zudem hat die Corona-Krise den Trend zu immer weniger Gründungen nochmals verstärkt (Grafik):
Allein die Zahl der neu gegründeten gewerblichen Kleinbetriebe sank 2020 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 17 Prozent auf 118.300.
Doch ohne junge, innovative Unternehmen droht der deutsche Mittelstand auf Dauer an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die Politik ist also gefordert – im medialen Wahlkampf spielt das Thema Gründungen allerdings kaum eine Rolle. Man muss schon in die Wahlprogramme schauen, um herauszufinden, was die Parteien in Sachen Gründungsförderung vorhaben – oder eben auch nicht. Im Einzelnen:
Die meisten etablierten Parteien, versprechen, junge Unternehmen stärker zu fördern – zugleich wollen allerdings SPD, Grüne und Linke die Selbstständigkeit stärker regulieren.
CDU/CSU wollen nichts weniger als eine neue Innovations-, Forschungs- und Gründerkultur herbeiführen und planen dafür unter anderem ein „bürokratiefreies Jahr“, währenddessen sich Gründer auf ihr Unternehmen konzentrieren sollen, statt sich mit Formularen und Meldungen an Behörden beschäftigen zu müssen. Und:
Der eigentliche Gründungsvorgang soll künftig online innerhalb eines Tages möglich sein.
Außerdem will die Union die Finanzierungsbedingungen für Start-ups verbessern, indem beispielsweise die steuerlichen und rechtlichen Hürden für Finanzierungen durch Venturecapital-Fonds gesenkt werden.
Geplant ist auch, das Konzept der Reallabore weiter auszubauen. Dort erproben kreative Unternehmen, Forscher und Verwaltungen neue Technologien oder Produkte – derzeit stehen dabei Projekte der Energiewende im Vordergrund. Erleichtern wollen die Unionsparteien zudem Unternehmensgründungen aus Hochschulen und Forschungs-instituten heraus.
Nicht zuletzt sollen Unternehmer ihre Nachfolge leichter regeln können, indem zum Beispiel die mit Betriebsnutzungsgenehmigungen verbundene Bürokratie reduziert wird. Dazu soll auch die Nachfolgebörse nexxt-change ausgebaut werden.
Bei all dem drängt sich allerdings die Frage auf, warum CDU/CSU das nicht bereits in den vergangenen Regierungsjahren umgesetzt haben.
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für einen Wagniskapitalfonds ein, mit dem am Markt nur schwer finanzierbare Leuchtturmprojekte in den Bereichen Greentech, künstliche Intelligenz, nachhaltige Mobilität und Life Science gefördert werden sollen. Allerdings hat bereits die aktuelle Bundesregierung einen sogenannten Zukunftsfonds im Umfang von 10 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, der ähnliche Ziele verfolgt.
Zusätzlich wollen die Grünen Unternehmensgründungen, die sich an den UN-Nachhaltigkeitszielen ausrichten, mit einem Gründungskapital in Höhe von 25.000 Euro unterstützen.
Generell sollen die bürokratischen Hemmnisse für Gründer deutlich reduziert werden – so soll es überall in Deutschland zentrale Anlaufstellen geben, wo sich Gründer beraten lassen und die eigentliche Anmeldung vornehmen können.
Die SPD erkennt ebenfalls an, dass Unternehmergeist dringend benötigte Innovationen fördert, und will Gründungen deshalb durch One-Stop-Agenturen, Projektförderung und öffentliche Fonds für Wagniskapital anregen.
Zugleich planen Sozialdemokraten wie Grüne jedoch, die Selbstständigkeit stärker zu regulieren:
Selbstständige sollen zum Beispiel künftig in die Rentenversicherung einzahlen müssen, was zumindest die Gründung kleiner Unternehmen weniger attraktiv machen könnte.
Ein weiteres Vorhaben ist, Soloselbstständige durch ein „Sicherungsgeld“ besser gegen unvorhergesehene Einnahmeausfälle zu schützen – die schwierige Entscheidung, wann ein solcher Notfall vorliegt, dürfte allerdings zu einem hohen bürokratischen Aufwand führen.
Die FDP möchte Gründungswilligen, die ein tragfähiges Geschäftskonzept vorlegen, einen Zuschuss gewähren – unabhängig davon, ob die Gründer zuvor arbeitslos waren. Außerdem planen die Liberalen, den von der amtierenden Bundesregierung aufgelegten Zukunftsfonds auszubauen, indem Beteiligungen privater Investoren an Start-ups attraktiver werden.
Zudem will die FDP insbesondere gründungswillige Frauen durch ein Investorinnen-Netzwerk unterstützen – mehr weibliche Business Angels sollen den Gründerinnen mit Rat und Tat sowie bei der Kapitalbeschaffung helfen.
Bürokratieabbau gehört ebenfalls zu den FDP-Zielen. Anders als die SPD wollen die Freien Demokraten den Selbstständigen möglichst freistellen, wie sie für das Alter vorsorgen – grundsätzlich soll es aber eine Pflicht zur Altersvorsorge und Krankenversicherung geben.
Die Linkspartei verzichtet in ihrem Wahlprogramm auf Aussagen zur Gründungsförderung. Die Linken betonen stattdessen, dass Selbstständige in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung einbezogen werden sollen. Zudem will die Partei eine hohe Besteuerung von Firmenvermögen durchsetzen.
Deregulierung versus Kontrolle
Auch jenseits der speziellen Passagen zu Unternehmensgründungen und Selbstständigkeit zeigen die Wahlprogramme, wie unterschiedlich die Parteien Unternehmen und Selbstständige wahrnehmen. Während CDU/CSU und FDP vor allem auf die Notwendigkeit von (weiteren) Deregulierungen verweisen, um das Unternehmertum zu unterstützen, zielen einige Pläne von SPD, Grünen und der Linkspartei eher darauf ab, die Wirtschaft stärker zu kontrollieren und zu belasten: Eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns, ein weiterer Ausbau der Mitbestimmung sowie ein Rechtsanspruch der Beschäftigten auf eine Vollzeitstelle sind jedenfalls Vorhaben, die gerade jungen Unternehmen das Leben erschweren dürften.