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Novellierung des Betriebsverfassungs­gesetzes war eine wichtige Wegmarke

Vor 50 Jahren trat in der Bundesrepublik Deutschland das novellierte Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. Es räumte den Gewerkschaften und Betriebsräten zusätzliche Rechte ein – von denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis heute profitieren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die 1972 in Kraft getretene Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes hat den Beschäftigten viele zusätzliche Rechte eingeräumt.
  • Dennoch sind Betriebsräte auch heute vor allem in den kleinen Unternehmen in Deutschland kein Standard.
  • Die Bundesbürger stufen zudem die Rolle der Gewerkschaften in der Sozialen Marktwirtschaft höher ein als jene der Mitbestimmung.
Zur detaillierten Fassung

Die Novelle des seit 1952 existierenden Betriebsverfassungsgesetzes weitete unter anderem die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten aus, bei Fragen zum Arbeitsschutz wurde sie neu eingeführt. Erstmals erhielt der Betriebsrat zudem ein Beratungsrecht bei der Personalplanung und das Recht, über die Auswahlkriterien bei Einstellungen, Umgruppierungen, Versetzungen und Kündigungen mitzubestimmen.

Das vor 50 Jahren novellierte Betriebsverfassungsgesetz räumt den Beschäftigten viele Rechte ein. Dennoch stufen die Bundesbürger die Rolle der Mitbestimmung in der Sozialen Marktwirtschaft als nicht allzu hoch ein.

Auch Sozialpläne müssen seither mit dem Betriebsrat erstellt werden. Dies erforderte Lernprozesse auf der Managementebene, aber auch bei den Betriebsräten selbst. Ihre Bewährungsprobe bestand die neue Betriebsverfassung während der Ölkrisen von 1973/74 und 1979/80, als die Betriebsräte daran mitwirkten, durch Sozialpläne Massenentlassungen zu verhindern.

Trotz ihrer vielen Befugnisse und des seit 2001 erleichterten Wahlverfahrens sind Betriebsräte vor allem in kleinen Unternehmen kein Standard:

Im Jahr 2020 hatten nur 8 Prozent aller Betriebe in Deutschland mit fünf bis 500 Beschäftigten einen Betriebsrat.

Dabei sind in diesen Firmen etwa 40 Prozent aller Arbeitnehmer tätig. Allerdings gab es zuletzt in 15 Prozent aller Betriebe ab fünf Beschäftigten alternative Vertretungsorgane wie runde Tische.

Offenbar kommen viele Unternehmen ohne institutionalisierte Mitbestimmung aus. Auch für die Bundesbürger insgesamt ist ihr Stellenwert in der deutschen Wirtschaftsordnung nicht übermäßig hoch (Grafik):

Während die Gewerkschaften für 61 Prozent der über 16-Jährigen eine zentrale Rolle in der Sozialen Marktwirtschaft spielen, halten nur 45 Prozent die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmen für besonders wichtig.

Folgenden Antwortmöglichkeiten auf die Frage "Was macht eine Soziale Marktwirtschaft aus, was ist besonders wichtig?" stimmten so viel Prozent der Bundesbürger zu Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auf der anderen Seite ist für 74 Prozent der Befragten entscheidend, dass faire Arbeitsbedingungen und Löhne ausgehandelt werden. Inwieweit die Existenz von Betriebsräten dazu beiträgt, bleibt in der Umfrage außen vor. Möglicherweise ist der Bedarf an einer umfassenden betrieblichen Mitbestimmung umso geringer, je stärker die Unternehmen – auch aus Eigennutz – ihre soziale Verantwortung wahrnehmen.

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