Staatsverschuldung Lesezeit 2 Min.

Neuverschuldung ist tragbar

Zum dritten Mal in Folge werden die Regeln zur Schuldenbremse ausgesetzt. Schließlich belasten die andauernde Pandemie und der Ukraine-Krieg die öffentlichen Haushalte. Was die zusätzlichen Kredite in Milliardenhöhe für die Staatsverschuldung bedeuten, hat das IW untersucht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Der Krieg in der Ukraine wirft die Frage auf, wie es mit den deutschen Staatsfinanzen weitergeht. Denn 2022 wird die Schuldenbremse das dritte Jahr in Folge ausgesetzt.
  • Ungeachtet der insgesamt zu erwartenden Neuverschuldung im dreistelligen Milliardenbereich steigt die Schuldenstandsquote in diesem Jahr aber nur moderat und wird voraussichtlich unter 70 Prozent bleiben.
  • Ist die Schuldenbremse ab nächstem Jahr wieder gültig, wird ein Tilgungsplan in Kraft gesetzt, durch den der Schuldenstand bis 2030 wieder den Maastricht-Wert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen könnte.
Zur detaillierten Fassung

Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009, die eine enorme Neuverschuldung mit sich brachte, erlebten die deutschen Staatsfinanzen goldene Jahre: So sank die Schuldenstandsquote 2019 erstmals nach 16 Jahren unter 60 Prozent – und entsprach damit wieder den Vorgaben der Europäischen Währungsunion, den Maastricht-Kriterien. Sie besagen unter anderem, dass ein Staat mit maximal 60 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Kreide stehen darf.

Doch dann kam mit der Corona-Pandemie die nächste Krise, die Schuldenbremse wurde ausgesetzt, und der deutsche Schuldenstand wuchs um rund 20 Prozent auf annähernd 2,2 Billionen Euro. Die Schuldenstandsquote legte 2020 ebenfalls um fast 10 Prozentpunkte zu, blieb aber bis zuletzt unter der Marke von 70 Prozent.

Ungeachtet der zu erwartenden Neuverschuldung wird die Schuldenstandsquote in diesem Jahr nur moderat steigen und voraussichtlich unter 70 Prozent bleiben.

Und seit Kurzem wirft der Krieg in der Ukraine die Frage auf, wie es mit den deutschen Staatsfinanzen weitergeht. Denn 2022 wird die Schuldenbremse das dritte Jahr in Folge ausgesetzt.

Momentan rechnet der Bund für 2022 mit einer Nettokreditaufnahme von rund 100 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe zur Bekämpfung der hohen Energiepreise. Nicht zu vergessen ist auch das angekündigte Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr von 100 Milliarden Euro.

Ungeachtet der insgesamt zu erwartenden Neuverschuldung im dreistelligen Milliardenbereich steigt die Schuldenstandsquote in diesem Jahr nur moderat (Grafik):

Berechnungen des IW zufolge wird die Schuldenstandsquote 2022 trotz Pandemie und Ukraine-Krieg voraussichtlich unter 70 Prozent bleiben.

Schuldenstand Deutschlands in Prozent des Bruttoinlandsprodukts Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das liegt auch daran, dass das nominale BIP nicht zuletzt wegen der hohen Inflation deutlich zulegt, wodurch sich die Verschuldung wieder relativiert. In den kommenden Jahren könnte die Schuldenstandsquote der Bundesrepublik sogar wieder sinken. Denn die geltenden Fiskalregeln erzwingen langfristig eine Reduzierung der Quote:

Ist die Schuldenbremse ab nächstem Jahr wieder gültig, begrenzt dies nicht nur die Kreditaufnahme, sondern setzt auch einen Tilgungsplan in Kraft.

Krisenbedingte Schulden müssen laut Grundgesetz nämlich konjunkturgerecht und binnen eines angemessenen Zeitraums zurückbezahlt werden. Die Bundesregierung sieht dafür eine Spanne von 30 Jahren vor, beginnend ab 2028. Bleibt es dabei, könnte der Schuldenstand zum Ende des laufenden Jahrzehnts wieder den Maastricht-Wert von 60 Prozent des BIP erreichen.

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