Nahe am Tarif
Es heißt zwar immer wieder, viele Konzerne würden kaum Steuern zahlen, doch diese Vorwürfe lassen sich zumindest für Deutschland nicht belegen. Seit Jahren liegt die effektive Steuerbelastung konstant nahe am tariflichen Soll.
- Eine von den Grünen im Europaparlament veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass der Steuersatz, den multinationale Unternehmen in Deutschland zahlen, rund 10 Prozentpunkte unter dem tariflichen Durchschnittssatz von 30 Prozent liegt. Die verwendeten Daten sind jedoch problembehaftet.
- Berechnungen auf der Basis eines konsistenten Datensatzes zeigen, dass multinationale Unternehmen in Deutschland im Zeitraum 2009 bis 2017 rund 28 Prozent Steuern auf ihre Gewinne gezahlt haben – kaum weniger, als es der Tarif vorsieht.
- An dieser effektiven Steuerbelastung der Konzerne hat sich seit 2009 zudem kaum etwas geändert.
Vor Kurzem hat eine von den Grünen im Europaparlament veröffentlichte Studie einmal mehr die Debatte darüber befeuert, ob Unternehmen durch das Ausnutzen von Schlupflöchern deutlich weniger Steuern zahlen, als es der gesetzliche Steuertarif vorsieht. Demnach liegt der effektive Steuersatz, den multinationale Unternehmen in Deutschland zahlen, angeblich rund 10 Prozentpunkte unter dem tariflichen Durchschnittssatz von 30 Prozent.
Nun räumen einige EU-Länder den Unternehmen ganz bewusst die Möglichkeit ein, ihren effektiven Steuersatz unter das tarifliche Niveau zu drücken, zum Beispiel durch sogenannte Patentboxen. Dass Firmen diese legalen Spielräume nutzen, ist ihnen wohl kaum vorzuwerfen. Deutschland verzichtet allerdings bisher auf solche Steueranreize.
Im Schnitt zahlten multinationale Unternehmen in Deutschland im Zeitraum 2009 bis 2017 rund 28 Prozent Steuern auf ihre Gewinne und damit fast den tariflichen Durchschnittssatz von 30 Prozent.
Abgesehen davon lässt sich die Frage, wie hoch der effektive Steuersatz für Unternehmen hierzulande ist, aufgrund von Datenproblemen gar nicht so leicht beantworten. Der von den Grünen veröffentlichten Studie liegt die Unternehmensdatenbank Dafne zugrunde, die zwar Datensätze von knapp 1,5 Millionen Unternehmen beinhaltet - diese Datensätze enthalten allerdings vielfach Lücken und zum Teil auch unplausible Angaben.
Im Schnitt zahlten multinationale Unternehmen in Deutschland im Zeitraum 2009 bis 2017 rund 28 Prozent Steuern auf ihre Gewinne und damit fast den tariflichen Satz von 30 Prozent.
Filtert man gezielt die Konzerne mit vollständigen und schlüssigen Daten heraus, schrumpft das Panel auf gut 4.800 Unternehmen und die Ergebnisse werden deutlich tragfähiger. Und sie widerlegen die populäre These von den steuerflüchtigen Unternehmen:
Im Schnitt zahlten multinationale Unternehmen in Deutschland im Zeitraum 2009 bis 2017 rund 28 Prozent Steuern auf ihre Gewinne – der effektive Steuersatz war damit nur wenig niedriger als der durchschnittliche tarifliche Satz von 30 Prozent.
Im Jahr 2017 lag die effektive Steuerbelastung sogar bei knapp 30 Prozent, sodass die Lücke zum tariflichen Soll nahezu geschlossen war.
Insgesamt zahlt ein großer Teil der in Deutschland steuerpflichtigen Konzerne in etwa so viel an den Fiskus, wie es der Steuertarif vorsieht. Daran hat sich in den vergangenen Jahren auch kaum etwas geändert (Grafik):
Reiht man die multinationalen Unternehmen nach der Höhe ihrer effektiven Steuerbelastung, haben die mittleren 50 Prozent seit 2009 konstant zwischen rund 27 und 34 Prozent ihres in Deutschland steuerpflichtigen Gewinns an Steuern gezahlt.
Betrachtet man statt der international aufgestellten Konzerne jene Unternehmen, die allein in Deutschland produzieren, ändern sich die Werte kaum – von Steuervermeidung in größerem Stil ist auch bei diesen Firmen nichts zu sehen.