Mit der Zeit wächst die Skepsis gegenüber Medien
Je länger Menschen mit Migrationshintergrund schon in Deutschland leben, desto stärker leidet ihr Vertrauen in hiesige Medien. Dennoch ist ihr Medienvertrauen insgesamt höher als das der einheimischen Bevölkerung. Vor allem Flüchtlinge sind sehr gut auf deutsche Medien zu sprechen – aus nachvollziehbaren Gründen.
- Menschen mit Migrationshintergrund vertrauen deutschsprachigen Medien häufiger als die einheimische Bevölkerung.
- Je nach Herkunftsland gibt es beim Medienvertrauen allerdings große Unterschiede, so sind beispielsweise Flüchtlinge von deutschen Medien besonders überzeugt.
- Je länger Migranten in Deutschland leben, desto geringer ist ihr Medienvertrauen.
Die besonders schlechte Nachricht zuerst: In Deutschland ist eine Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch das Gros der Personen ohne ausländische Wurzeln, skeptisch bis sehr skeptisch gegenüber deutschen Medien.
Es kommt auf den jeweiligen Migrationshintergrund an, wie ausgeprägt das Vertrauen in deutschsprachige Medien ist – teilweise sind die Unterschiede gewaltig.
Das belegt das Integrationsbarometer des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Für das Barometer werden repräsentativ sowohl Deutsche zu ihrem Medienvertrauen und ihrer Mediennutzung befragt als auch Menschen mit verschiedenen Migrationshintergründen, die in Deutschland leben. Das Barometer liefert überraschende Erkenntnisse (Grafik):
Mehr als 12 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund vertrauten im Jahr 2018 deutschsprachigen Medien sehr stark; bei Deutschen ohne Migrationshintergrund lag dieser Anteil nur bei knapp 8 Prozent.
Umgekehrt zweifeln Migranten auch etwas seltener am hiesigen Journalismus als Deutsche:
Genau 51 Prozent der Bundesbürger mit Migrationshintergrund vertrauen den hiesigen Medien eher schwach oder gar nicht. Bei den Deutschen ohne Migrationshistorie ist dieser Anteil knapp 3 Prozentpunkte höher.
Türkischstämmige Migranten misstrauen Medien besonders oft
Je nachdem, welchen Migrationshintergrund die Befragten haben, unterscheidet sich der Grad der Medienskepsis zum Teil erheblich. Besonders hoch ist er bei jenen Einwohnern, die zwar einen Migrationshintergrund haben, aber selbst in Deutschland geboren wurden. Von ihnen vertrauen über 62 Prozent hiesigen Medien nur schwach oder gar nicht.
Ähnlich wenig Vertrauen äußern Befragte mit Aussiedler- oder Spätaussiedlerstatus sowie Migranten, die aus der Türkei stammen:
Bei den türkischstämmigen Migranten ist der Anteil jener, die deutschen Medien gar nicht vertrauen, mit fast 32 Prozent so hoch wie in keiner anderen Gruppe.
Deutlich stärker wird die deutsche Medienlandschaft von Migranten aus anderen EU-Staaten geschätzt – sie vertrauen zu 52 Prozent hiesigen Medien. Bei Einwanderern aus der übrigen Welt beträgt dieser Anteil sogar fast 56 Prozent.
Bei Flüchtlingen ist Vertrauen besonders ausgeprägt
Hier gibt es zudem einen sehr eindeutigen Einfluss jener, die erst in den vergangenen Jahren oder als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind:
Über 80 Prozent der Flüchtlinge vertrauen deutschsprachigen Medien eher stark oder sehr stark.
Umgekehrt zeigt sich im Zeitverlauf eine gewisse Ernüchterung mit Blick auf das Medienvertrauen (Grafik):
Fast 35 Prozent jener, die maximal 15 Jahre in Deutschland leben, vertrauen nur deutschsprachigen Medien. Liegt die Aufenthaltsdauer bei über 30 Jahren, reduziert sich dieser Anteil auf knapp 22 Prozent.
Umgekehrt steigt der Prozentsatz jener, die Medien nicht oder nicht mehr vertrauen, mit der Aufenthaltsdauer in Deutschland deutlich an.
Mehr Vertrauen in deutsche Medien als in die der Heimat
Gleichwohl kommen Zeitung, Fernsehen, Radio und Co. in Deutschland im Vergleich zu den Herkunftsländern der Neubewohner noch sehr gut weg:
Alle Migrantengruppen vertrauen deutschen Medien – teils deutlich – mehr als den Medien ihres Heimatlands.
Bei Flüchtlingen ist der Unterschied mit 80 zu 22 Prozent besonders eklatant – allerdings auch nachvollziehbar, da diese Menschen oft aus Staaten geflohen sind, in denen es mit der Demokratie und unabhängigen Medien nicht weit her ist.
Entsprechend hoch ist unter den Flüchtlingen auch der Anteil derjenigen, die ausschließlich deutschsprachigen Medien vertrauen – und umgekehrt gilt:
Lediglich 2 Prozent der Flüchtlinge vertrauen ausschließlich den Medien ihres Herkunftslands. Bei Migranten aus der Türkei ist dieser Anteil mit über 13 Prozent unter allen betrachteten Gruppen am größten.
Bildung steigert Medienvertrauen
Ein allgemeingültiger Einflussfaktor für das Medienvertrauen ist der Bildungsstand:
Personen mit hoher Bildung – ob mit oder ohne Migrationserfahrung – vertrauen deutschsprachigen Medien deutlich stärker als jene mit niedrigem Bildungslevel.
Das führende Informationsmedium war 2018 für Migranten wie Nichtmigranten mit je knapp 60 Prozent das Fernsehen. Bei anderen Kanälen gab es Unterschiede:
Mehr als 47 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund informierten sich über eine oder mehrere Zeitungen, bei den Migranten in Deutschland galt das nur für 32 Prozent.
Zudem nutzten über 50 Prozent der Menschen mit ausländischen Wurzeln das Internet als Informationsquelle, bei den Nichtmigranten traf das nur auf knapp 43 Prozent zu. Dies liegt sicherlich auch daran, dass über das Internet Medien in der ausländischen Heimat besonders leicht zugänglich sind.