Mehr Digitalisierung, weniger Briefe
Jahr für Jahr nimmt die Menge an Briefen ab – ein weltweites Phänomen. Auch Deutschland bildet dabei keine Ausnahme – vom Aussterben bedroht ist der Brief hierzulande aber noch nicht.
- Seit dem Jahr 2000 ist die inländische Briefmenge in Deutschland um 18 Prozent gesunken.
- Vor allem aufgrund der umfassenden Digitalisierung der Behörden hat sich in Dänemark das Briefaufkommen im gleichen Zeitraum um 82 Prozent verringert.
- Selbst nach der jüngsten Portoerhöhung bleibt die Post in Deutschland im europäischen Vergleich relativ günstig.
Es heißt oft, die Digitalisierung sei ein Megatrend, der nahezu alle Bereiche der Wirtschaft radikal verändern könne. Eine Sparte, wo dies hautnah beobachtet werden kann, ist der Briefmarkt. Dazu zählen neben dem Standardbrief zum Beispiel auch Postkarten, Zeitschriften oder Warensendungen. Und dieser Markt hat sich binnen weniger Jahre radikal verändert (Grafik):
Im Zeitraum von 2000 bis 2017 ist die Menge an Briefen in Dänemark um mehr als 82 Prozent gesunken – das ist Weltrekord.
Auch in Norwegen, den Niederlanden und in China war der Rückgang mit jeweils rund 70 Prozent sehr hoch. In Deutschland verschicken die Menschen zwar ebenfalls weniger Briefe und Postkarten, mit etwas mehr als 18 Prozent hielt sich das Minus bis 2017 allerdings noch in relativ engen Grenzen. Mittlerweile dürfte sich der Trend noch verstärkt haben.
Lieber WhatsApp als Brief
Der Grund für den langsamen Tod des schriftlichen Briefes ist bekannt: Immer mehr Menschen nutzen lieber die digitalen Möglichkeiten der Kommunikation, vor allem E-Mails und Messenger wie WhatsApp. Auch die Unternehmen kommunizieren vermehrt digital und verschieben zusätzlich ihr Werbebudget in Richtung Internet. Dadurch können sie die Konsumenten zielgenauer und kostengünstiger ansprechen als zum Beispiel mit herkömmlichen Prospekten.
Selbst der Staat, in Sachen Digitalisierung nicht immer auf der Höhe der Zeit, nutzt inzwischen immer mehr digitale Wege, um die Bürger zu informieren oder ihnen die Abgabe der Einkommensteuererklärung zu erleichtern.
Dänische Behörden setzen auf elektronische Post
Der besonders hohe Rückgang der Briefmenge in Dänemark zum Beispiel ist vor allem auf die Regierung in Kopenhagen zurückzuführen, die konsequent auf digitalen Schriftverkehr setzt. Nachdem der Staat als Kunde ausfiel, war die dänische Post zudem aus Kostengründen gezwungen, ihren Service abzubauen, sprich die Briefe nicht mehr jeden Werktag zuzustellen, und gleichzeitig das Porto zu erhöhen. Das macht den Brief als Kommunikationsmittel noch einmal unattraktiver.
Der Hintergrund für solche Maßnahmen ist, dass Postunternehmen eine gewisse Mindestinfrastruktur benötigen – beispielsweise um Briefsendungen einzusammeln, zu sortieren, zu transportieren und zuzustellen. Je mehr Briefe versendet werden, desto geringer kann das Porto ausfallen, da die Kosten für diese Infrastruktur auf viele Briefe verteilt werden können. Fallen jedoch weniger Briefe an, muss das Porto entsprechend höher sein und/oder am Service gespart werden.
Beides treibt die Menschen weg vom klassischen Brief und erfordert so wiederum die nächste Preiserhöhung – ein Teufelskreis. In Dänemark kostet eine Postkarte nach Deutschland mittlerweile 30 Kronen, das sind rund 4 Euro – und der postbud, so das dänische Wort für Postbote, kommt in der Regel nur einmal pro Woche.
Vor allem aufgrund der fortgeschrittenen Digitalisierung in den Behörden und der steigenden Versandpreise ist die Briefmenge in Dänemark seit 2000 um über 82 Prozent gesunken.
Dafür, dass der Brief in Deutschland noch vergleichsweise weit verbreitet ist, gibt es mehrere Gründe. So setzt der Staat bislang nicht so konsequent auf digitale Angebote wie zum Beispiel die dänische Regierung. Zudem fanden in Deutschland 2017 die Bundestagswahl sowie mehrere Landtagswahlen statt; die Benachrichtigungen dazu sowie die Briefwahl trieben die Anzahl der Briefe einmalig in die Höhe. Verglichen mit der Post in Dänemark ist die Deutsche Post zudem auch nach der jüngsten Portoerhöhung eher günstig und bietet eine bessere Leistung, wodurch die Gefahr, durch digitale Kommunikationswege ersetzt zu werden, noch nicht so groß ist.