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Lernen mit YouTube

Jugendliche verbringen immer mehr Zeit online, das beeinflusst auch ihre Art zu lernen. Daher ist es umso wichtiger, dass ihnen in der Schule die nötige Medienkompetenz vermittelt wird, um Informationen und Quellen richtig einordnen zu können. Doch hierfür mangelt es an deutschen Schulen immer noch an einer adäquaten digitalen Infrastruktur.

Kernaussagen in Kürze:
  • Jugendliche in Deutschland lernen gern mit Videos – für 42 Prozent sind Bewegtbilder die beste Lernmethode.
  • Videoplattformen im Netz erfüllen mit ihren Inhalten aber nicht primär einen Bildungsauftrag. Vielmehr verbirgt sich dahinter ein Geschäftsmodell.
  • Im Unterricht muss Medienkompetenz stärker in den Fokus rücken, damit Schüler Inhalte und Quellen im Internet besser einordnen können.
Zur detaillierten Fassung

Jugendliche sind der JIM-Jugendstudie zufolge jeden Tag deutlich mehr als drei Stunden online – und das nicht nur zum Vergnügen. Viele nutzen das Internet, um Hausaufgaben zu erledigen, Hausarbeiten zu schreiben oder Inhalte aus dem Schulunterricht zu verstehen und zu vertiefen.

Laut einer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ausgewerteten Befragung der IW JUNIOR ist das beliebteste Medium der durchschnittlich 17-jährigen Jugendlichen das Video (Grafik):

Für 42 Prozent der Schüler sind Videos die persönlich beste Lernmethode.

So viel Prozent der befragten Schüler finden diese Lernmethode am besten Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mit großem Abstand folgen die Besprechungen im Unterricht mit 27 Prozent auf Rang zwei. Jeder Achte bevorzugt Texte, ein Zehntel erzielt die größten Erfolge beim Lernen mit Eltern und Freunden.

Dass Videos von Jugendlichen gern zum Lernen genutzt werden, kann verschiedene Gründe haben. So sind Videos ständig verfügbar und können beliebig oft wiederholt werden. Komplexe Inhalte können audiovisuell oftmals besser aufbereitet und vermittelt werden als in Textform.

Digitaler Unterricht ist in deutschen Klassenzimmern immer noch eher die Ausnahme.

Außerdem ist die Themenvielfalt auf Videoplattformen wie YouTube mittlerweile groß – zu nahezu jeder Fragestellung lässt sich online ein entsprechendes Video finden.

Das IW hat ebenfalls untersucht, welche Kriterien für die Schüler bei der Auswahl von Videos am wichtigsten sind. Persönliche Empfehlungen spielen demnach eine große Rolle:

Knapp 52 Prozent der Schüler gaben bei der Auswahl von Videos zu Lernzwecken dem Rat von Freunden die höchste oder zweithöchste Priorität.

Die Empfehlungen von Lehrern rangieren mit rund 39 Prozent dahinter.

Videoplattformen sind keine Bildungsportale

Das Problem an der jugendlichen Freude am Bewegtbild: Videoplattformen im Netz erfüllen mit ihren Inhalten nicht primär einen Bildungsauftrag. Vielmehr verbirgt sich dahinter ein Geschäftsmodell, das auf Klicks und Verweildauer baut.

Es gibt somit keinen unabhängigen Bewertungsprozess über die Inhalte und Quellen der Videos. Ob sie faktenbasiert und ausgewogen oder meinungsgesteuert und verzerrt sind, muss der Nutzer allein herausfinden.

Daher ist es von großer Bedeutung, dass den Jugendlichen in der Schule die entsprechende Medienkompetenz vermittelt wird, damit sie ihr Wissen auf Fakten und zuverlässigen Informationen aufbauen. Andernfalls drohen ihnen nicht nur schlechtere Noten, sondern auch ein verzerrtes Weltbild.

Doch digitaler Unterricht ist in deutschen Klassenzimmern immer noch eher die Ausnahme, wie eine Auswertung der PISA-Studie von 2018 zeigt (Grafik):

Mehr als die Hälfte aller 15-jährigen Schüler in Deutschland verbringt in einer regulären Schulwoche in den jeweiligen Unterrichtsfächern keine Zeit mit digitalen Geräten.

So viel Prozent der 15-jährigen Schüler in Deutschland verbrachten 2018 in einer Schulwoche Zeit mit digitalen Geräten im jeweiligen Unterrichtsfach Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Und wenn Unterricht digital stattfindet, dann oft nur kurzzeitig.

Viele Lehrer beschränken sich laut PISA-Studie darauf, den Schülern digitale Aufgaben zur Vor- oder Nachbereitung des Unterrichts zu geben.

Nur knapp die Hälfte aller Lehrkräfte hat ihren Schülern im Unterricht vermittelt, wie man feststellt, ob Informationen subjektiv sind.

Schüler brauchen Medienkompetenz

Digitaler Unterricht sollte stärker in den Fokus rücken. Dazu müssen auch die Lehrkräfte über die nötigen digitalen Kompetenzen verfügen sowie Konzepte zur entsprechenden Unterrichtsgestaltung an die Hand bekommen.

Denn wenn Jugendliche in der Schule ihre Fähigkeiten verbessern, die Qualität von Online-Inhalten zu bewerten, profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch ihr Umfeld: Je mehr Personen in der Lage sind, qualitativ hochwertige Inhalte von solchen zu unterscheiden, die von Interessen beeinflusst sind, desto eher können die Bewertungssysteme der Videoportale dazu beitragen, dass Fake News keine Chance haben.

Das durch die Corona-Pandemie bedingte flächendeckende Homeschooling hat die Probleme in der digitalen Vermittlung von Lerninhalten nochmals verdeutlicht. Das Thema Medienkompetenz ist also wichtiger denn je und sollte so schnell wie möglich systematisch und konzeptionell angegangen werden. Auch sollte das Potenzial digitaler Tools genutzt werden, um Schüler dabei zu unterstützen, Wissenslücken, die während der Phase der geschlossenen Schulen entstanden sind, wieder zu schließen. Die Zeit in der Schule sollte besonders auch vor dem Hintergrund drohender künftiger Schulschließungen optimal genutzt werden. Dies erfordert einen effizienten Methodenmix aus analogen und digitalen Unterrichtsmethoden.

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