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Homeschooling: Viele Schüler bleiben auf der Strecke

Ein nicht unerheblicher Teil der Kinder, die derzeit wegen des Coronavirus per Homeschooling unterrichtet werden, dürfte den Anschluss an den Schulstoff verloren haben. Denn viele Schülerinnen und Schüler verfügen nicht mal über einen eigenen Computer.

Kernaussagen in Kürze:
  • Wenn Lehrer Arbeitsblätter per E-Mail versenden und Videokonferenzen mit der Klasse abhalten, dann brauchen Schüler zu Hause Zugang zu einem Computer. Doch nur 28 Prozent der Zwölfjährigen in Deutschland haben einen eigenen PC.
  • Besonders schwierig ist die Situation von Kindern in ungünstigen häuslichen Lebensverhältnissen: So haben lediglich 15 Prozent der Zwölfjährigen in Hartz-IV-Haushalten einen eigenen Computer.
  • Unmittelbar nach der Wiedereröffnung der Schulen sollten benachteiligte Kinder intensiv gefördert werden, um Rückstände aufzuholen.
Zur detaillierten Fassung

Auf den ersten Blick sind die Lebensumstände von Kindern in Deutschland ziemlich komfortabel: 85 Prozent der Zwölfjährigen hatten 2018 ein eigenes Zimmer, 90 Prozent verfügten über einen eigenen Schreibtisch und ebenso viele hatten Zugang zu einem PC oder Laptop. Damit hat der allergrößte Teil dieser Altersgruppe zu Hause ein gut ausgestattetes Lern- und Lebensumfeld – zumindest in normalen Zeiten.

Nur 15 Prozent der Zwölfjährigen in Hartz-IV-Haushalten verfügen über einen eigenen Computer, in Familien mit drei oder mehr Kindern besitzt nur jeder vierte 14-Jährige einen PC.

Unter Shutdown-Bedingungen sieht das Leben von Kindern allerdings ganz anders aus. Es ist die Zeit des unvermittelt gestarteten Homeschoolings, für das in den meisten Fällen auch noch kein Ende absehbar ist. Wenn Lehrer jeden Tag neue Arbeitsblätter per E-Mail versenden und Videokonferenzen mit ganzen Klassenverbänden abhalten, dann reicht es nicht, wenn Schüler zu Hause Zugang zu einem PC haben – jetzt brauchen sie ein eigenes Gerät, eines, das sie sich nicht mit Geschwistern oder mit im Homeoffice arbeitenden Eltern teilen müssen. Und hier sehen die Zahlen schon etwas ernüchternder aus (Grafik):

In den Jahren 2017/18 hatten nur 28 Prozent der Zwölfjährigen in Deutschland einen eigenen PC oder Laptop, bei den 14-Jährigen waren es gut 41 Prozent.

So viel Prozent der Kinder in Deutschland besaßen in den Jahren 2017/2018 einen eigenen Computer Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Kinder, die in ungünstigen häuslichen Lebensverhältnissen groß werden, müssen häufig mit einer noch schlechteren Lernausstattung klarkommen. So haben lediglich 15 Prozent der Zwölfjährigen in Hartz-IV-Haushalten einen eigenen Computer, in Familien mit drei oder mehr Kindern besitzt nur jeder vierte 14-Jährige einen eigenen PC – in Haushalten von Alleinerziehenden dagegen jeder zweite.

Bedürftige Schüler erhalten PC-Zuschuss von 150 Euro

Nun garantiert allein der Besitz eines Computers noch nicht, dass er auch sinnvoll genutzt wird. Aber angesichts der geringen PC-Ausstattungsquote von Schülern aus bildungsfernen und/oder ärmeren Haushalten ist der Beschluss der Bundesregierung, bedürftigen Schülern einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von Laptops und anderen Geräten zu zahlen, eine erste gute Hilfe. Denn so wird ihnen wenigstens die Anschaffung der technischen Grundausstattung für das Zu-Hause-Lernen erleichtert.

Doch Geld für PCs wird nicht ausreichen, damit Kinder, die gerade den Anschluss verlieren, wieder in einen künftigen Schulalltag integriert werden können. Die Politik sollte darüber hinaus folgende Besonderheiten beachten, um Kinder aus bildungsfernen Familien, von Alleinerziehenden oder aus Familien mit Migrationshintergrund in der Corona-Krise nicht zurückzulassen:

 

 

 

  1. Bei der Gestaltung von Exitstrategien sollten Kinder aus besonders ungünstigen häuslichen Lebensverhältnissen bevorzugt behandelt werden – zum Beispiel, indem sie früher wieder Zugang zu einer Betreuung mit höherem Stundenumfang erhalten.

 

 

 

  1. Unmittelbar nach der Wiedereröffnung der Schulen sollten benachteiligte Kinder intensiv gefördert werden, um Rückstände aufzuholen. Die Förderung sollte einen weit größeren zeitlichen Umfang als die regulären Förderkurse haben und gegebenenfalls auch in den Ferien fortgesetzt werden.

 

 

 

  1. Die Familienpolitik sollte dafür sorgen, das Lern- und Lebensumfeld von Kindern in ungünstigen familiären Verhältnissen auch langfristig zu verbessern. So könnten Angebote wie Kinder- und Jugendtreffs und ähnliche Einrichtungen weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus sollte das Angebot an Ganztagsschulen erweitert sowie qualitativ hochwertig ausgestattet werden. Dabei sollten multiprofessionelle Teams zum Einsatz kommen, die neben Lehrkräften und Erziehern auch Sozialarbeiter und Psychologen umfassen.

 

 

 

  1. Bei massiven Fehlentwicklungen in Familien sollte gerade in Ausnahmesituationen, wie sie aktuell herrschen, schnellstmöglich eingegriffen werden. So wäre es beispielsweise nötig, dass Schulsozialarbeiter mit den von ihnen betreuten Kindern in Krisenzeiten wie dem Shutdown engen Kontakt halten.

Natürlich können und müssen auch die Eltern ihrem Nachwuchs in schwierigen Zeiten beistehen. Ein zentraler Beitrag für ein gutes soziales Umfeld sind gemeinsame Mahlzeiten: Sie verleihen dem Alltag Struktur, wenn sie nach festen Ritualen und weitgehend immer zu den gleichen Zeiten eingenommen werden, und bieten eine gute Gelegenheit zum Austausch mit anderen Familienmitgliedern.

Besonders gut ist hier die Lage von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund (Grafik):

Fast 94 Prozent der Zwölfjährigen, die in Familien mit ausländischen Wurzeln aufwachsen, essen an Wochenenden dreimal täglich zusammen mit einem oder mehreren Familienmitgliedern.

So viel Prozent der Zwölfjährigen in Deutschland aßen in den Jahren 2017/2018 am Wochenende so häufig und in dieser Familienkonstellation Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Bundesdurchschnitt tun dies 87 Prozent. Mit weniger als zwei Mahlzeiten am Tag müssen laut Sozio-oekonomischem Panel nur 0,3 Prozent der Kinder dieser Altersklasse auskommen. Da man allerdings davon ausgehen kann, dass Eltern, die Schwierigkeiten mit der Grundversorgung ihrer Kinder haben, kaum an solchen Befragungen teilnehmen, dürfte die tatsächliche Zahl der Kinder, die unregelmäßig und zu wenig zu essen bekommen, höher sein.

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