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Kindergarten und Kita: Lieber besser als billiger

Für einen Platz in der Kita oder im Kindergarten müssen Eltern in den größeren deutschen Städten ganz unterschiedlich hohe Beiträge zahlen. Will die Politik dies ändern, ohne viele Familien schlechterzustellen, müsste sie die Gebühren fast zwangsläufig komplett abschaffen. Die dafür erforderlichen Mittel sollte der Staat jedoch lieber in die Verbesserung der Betreuungsqualität investieren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Gebühren für die Kinderbetreuung klaffen innerhalb Deutschlands weit auseinander: Während Kindergärten in Berlin kostenlos sind, müssen Eltern andernorts teils mehr als ein Zehntel ihres Nettoeinkommens aufwenden.
  • Die Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz dürfen von Ländern und Kommunen auch dafür genutzt werden, Eltern von Kita-Gebühren zu entlasten – eine flächendeckende, vollständige Befreiung ist jedoch nicht sinnvoll.
  • Wichtiger wäre es, die Betreuungsinfrastruktur und -qualität zu verbessern, beispielsweise indem mehr Betreuer eingestellt werden.
Zur detaillierten Fassung

Am 1. Januar 2019 ist das Gute-Kita-Gesetz in Kraft getreten: Rund 5,5 Milliarden Euro stellt der Bund den Ländern bis 2022 zur Verfügung, um die Qualität der Betreuung in Kitas und bei Tageseltern zu verbessern. Das Geld darf auch dazu genutzt werden, Eltern bei den Kita-Gebühren zu entlasten. Ob und inwieweit die Länder und letztlich die Kommunen dies tun, ist offen – fest steht bislang nur, dass Eltern, die wegen ihres niedrigen Einkommens einen Kinderzuschlag oder Wohngeld bekommen, künftig nichts mehr für die Betreuung ihrer Kleinen zahlen müssen.

Um über Sinn und Unsinn weiterer Gebührenbefreiungen oder gar die Abschaffung der Kita-Beiträge urteilen zu können, ist zunächst deren Höhe zu klären. Und das ist schwierig, denn in den Kommunen gelten unterschiedliche Gebührenordnungen – unter anderem hängen die Beiträge mehr oder weniger stark vom Elterneinkommen und der Kinderzahl einer Familie ab.

Kommunale Unterschiede in den Kita-Kosten

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat dennoch versucht, anhand einiger Kriterien die Elternbeiträge in den 26 deutschen Städten mit mehr als 250.000 Einwohnern sowie sechs kleineren Landeshauptstädten zu vergleichen. Bei allen Datenproblemen ist am generellen Ergebnis nicht zu rütteln: Das Gebühren-Gefälle ist groß. Einige Beispiele (Grafik):

Ein Elternpaar mit einem Jahreseinkommen von 90.000 Euro brutto, das sein 18 Monate altes Kind 35 Stunden pro Woche in einer Kita betreuen lässt, zahlt in Berlin gar nichts, in Duisburg dagegen monatlich mehr als 500 Euro.

Kita- und Kindergarten-Gebühren im Städtevergleich Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Für Eltern, die zusammen 50.000 Euro im Jahr verdienen, ist dieselbe Betreuungsleistung in Mannheim, Köln, Kiel, Bielefeld und Nürnberg am teuersten – ein entsprechender Platz in den (städtischen) Kitas kostet dort bis zu 305 Euro je Monat.

Die Betreuung im Kindergarten fällt insgesamt zwar günstiger aus als in der Kita, doch die Spanne ist auch hier breit: Für eine 35-Stunden-Betreuung müssen Eltern mit 90.000 Euro Jahresbruttoeinkommen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hannover und Mainz keinen Cent bezahlen, in Bremen dagegen jeden Monat 335 Euro – wobei der Bremer Senat beschlossen hat, diese Beiträge ab dem 1. August 2019 abzuschaffen. In Erfurt, Duisburg, Bielefeld und Bonn kostet ein Kindergartenplatz die Eltern monatlich etwa 250 Euro.

Generell fallen die Betreuungsgebühren in einigen Städten so hoch aus, dass sie für eine Reihe von Eltern deutlich mehr als ein Zehntel des Nettoeinkommens ausmachen.

Dies kann durchaus dazu führen, dass Eltern ihre Kinder später betreuen lassen, als es unter Förder- und Bildungsgesichtspunkten sinnvoll wäre.

Um dies zu verhindern, liegt es auf den ersten Blick nahe, dass der Staat die Kita-Gebühren einheitlich festsetzt. Ein solcher Eingriff dürfte allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen, wenn eine substanzielle Zahl von Familien schlechtergestellt würde als bisher. Da Berlin bereits heute bis zum Schuleintritt vollständig auf Elternbeiträge für die Betreuungseinrichtungen verzichtet, müsste demnach die bundesweit einheitliche Betreuungsgebühr fast zwangsläufig bei 0 Euro liegen.

Die bundesweite Abschaffung der Kita-Gebühren ist kein Königsweg

Die Abschaffung aller Beiträge für Kitas und Kindergärten wäre für viele Städte und Gemeinden aber nur schwer zu finanzieren, sodass der Bund und/oder die Länder in die Bresche springen müssten. Dann wäre jedoch das komplizierte Problem zu lösen, nach welchen Kriterien und in welcher Höhe die Zuweisungen an die einzelnen Kommunen erfolgen sollten.

Vor allem aber spricht ein grundsätzliches Argument derzeit dagegen, die Elternbeiträge komplett abzuschaffen: Wenn der Staat schon Geld in die Hand nimmt, sollte er es vorrangig nutzen, um die Betreuungsinfrastruktur und -qualität zu verbessern. Denn noch immer gibt es zu wenige Betreuungsplätze für die unter Dreijährigen. Zudem müssen sich die Betreuerinnen und Betreuer in vielen Kitas und Kindergärten um sehr große Gruppen von Kindern kümmern. Und nicht zuletzt sind mit der starken Zuwanderung der vergangenen Jahre die Anforderungen an die Sprachförderung der Kleinen gestiegen. Selbst das komplette Budget des Gute-Kita-Gesetzes wird nicht ausreichen, um all diese Defizite zu beheben.

Die Bundesmittel aus dem Gute-Kita-Gesetz sollten vorrangig dazu genutzt werden, die Betreuungsinfrastruktur und -qualität in Kitas und Kindergärten zu verbessern.

Sofern überhaupt eine Gebührenbefreiung erwogen wird, könnte man diese auf eine Grundbetreuung beschränken. Hamburg zum Beispiel bietet eine kostenfreie Betreuung in Kitas und Kindergärten im Umfang von fünf Stunden pro Tag – inklusive Mittagessen.

Zwar sind lange Betreuungszeiten und vor allem die Betreuung am frühen Morgen und am späten Nachmittag für berufstätige Eltern besonders wichtig – aber eben auch sehr teuer. Die Städte und Gemeinden können diese Zeiten daher oft nur anbieten, wenn sie die Kosten auf die Eltern abwälzen – zumal diese aufgrund ihrer Berufstätigkeit in der Regel ja auch ein ausreichendes Einkommen erzielen, um eine Zuzahlung für die Betreuung ihres Nachwuchses leisten zu können.

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