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Kaufkraft in Deutschland: Wie aus einem Hähnchen elf wurden

Viele Dinge des täglichen Lebens sind heute deutlich günstiger als früher. Für einen Warenkorb, für den man im Jahr 1960 eine Stunde arbeiten musste, reichen heute 19 Minuten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Kaufkraft der Bundesbürger hat sich seit 1960 mehr als verdreifacht: Der Warenkorb, für den die Menschen damals eine Stunde arbeiten mussten, ist heute bereits nach 19 Minuten verdient.
  • Zu verdanken ist dieser Gewinn an Kaufkraft unter anderem der Industrialisierung der Landwirtschaft, dem technischen Fortschritt und der Produktion in Niedriglohnländern.
  • Kaum erschwinglicher geworden sind dagegen persönliche Dienstleistungen: Für einen Friseurbesuch und ihre Tageszeitung müssen die Deutschen heute sogar länger arbeiten als vor rund sechzig Jahren.
Zur detaillierten Fassung

Eine vollständige Mahlzeit, bestehend aus einem Hähnchen, zwei Beilagen und einer großen Flasche Bier, ist heute in einer halben Stunde verdient. Das war 1960 noch ganz anders. Damals musste ein Westdeutscher im Durchschnitt mehr als drei Stunden arbeiten, um sich diese Lebensmittel kaufen zu können – also sechsmal so lange wie heute. Wie stark sich die Kaufkraft für viele Produkte des täglichen Lebens gesteigert hat, zeigt das Broiler-Beispiel (Grafik):

Für ein Hähnchen musste ein Bundesbürger 1960 zwei Stunden und elf Minuten arbeiten, 2017 war das Federvieh bereits nach zwölf Minuten verdient. So lange mussten Westdeutsche im Durchschnitt arbeiten, um sich diese Güter leisten zu können Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Anders ausgedrückt: Von dem durchschnittlichen Nettolohn, den ein westdeutscher Arbeiter oder Angestellter 1960 für ein Hähnchen ausgeben musste, kann er sich heutzutage elf Stück kaufen.

Geflügelfleisch ist sicher ein augenfälliges Beispiel für den allgemeinen Kaufkraftgewinn in Deutschland. Doch auch wenn man alle rund 600 Waren und Dienstleistungen des repräsentativen Warenkorbs betrachtet, bleibt es dabei: Die deutsche Kaufkraft hat sich zwischen 1960 und 2017 mehr als verdreifacht. Der Warenkorb, für den die Menschen 1960 eine Stunde arbeiten mussten, ist heute bereits nach 19 Minuten verdient.

Die Kaufkraft der Bundesbürger hat sich zwischen 1960 und 2017 mehr als verdreifacht.

Ein Treiber dieses Kaufkraftgewinns ist die Industrialisierung, die – etwa in der Landwirtschaft – zu sinkenden Preisen geführt hat. Ein anderer ist der technische Fortschritt: Innovationen haben dazu beigetragen, dass vor allem elektronische Geräte im Laufe der Zeit immer günstiger geworden sind. Vor 50 Jahren musste für einen neuen Fernseher oder eine Waschmaschine noch ein ganzes Monatsgehalt und mehr aufgebracht werden.

Verbilligt haben sich auch viele Waren, die nicht mehr in Deutschland, sondern zu niedrigeren Kosten im Ausland produziert werden. Beispiel Kleidung: Für ein hochwertiges Herrenhemd musste man 1960 fast acht Stunden arbeiten – heute ist ein Hemd in gleicher Qualität bereits nach gut zwei Stunden verdient.

Für persönliche Dienstleistungen müssen die Bundesbürger heute zum Teil länger arbeiten als früher

Doch nicht alles ist günstiger als früher. Persönliche Dienstleistungen lassen sich trotz technischem Fortschritt auch heute oft nicht schneller erledigen als früher. Gleichzeitig sind in diesen Branchen aber die Verdienste über die Jahrzehnte genauso gestiegen wie in allen Bereichen, sodass sich die Kaufkraft in Bezug auf Dienstleistungen kaum erhöht hat oder sogar gesunken ist. Deshalb ist der Friseurbesuch heute sogar meist teurer als früher.

Gleiches gilt für die Tageszeitung. Zeitungsleser müssen für ein Monatsabo heute 18 Minuten länger arbeiten als 1960 – weil Journalisten ihre Denkgeschwindigkeit nicht beliebig steigern können und weil das Anzeigengeschäft im Printbereich drastisch zurückgegangen ist.

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