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Investitionen: Die Gründe für die Flaute

Die Investitionstätigkeit der Unternehmen in Deutschland stagniert seit geraumer Zeit – und die Aussichten für das laufende Jahr bleiben trüb. Die Gründe für die Krise sind zahlreich, wie eine IW-Umfrage zeigt. Allerdings stechen drei Faktoren besonders hervor.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Investitionsperspektiven der Unternehmen in Deutschland sind so trüb wie seit der globalen Finanzmarktkrise von 2008/2009 nicht mehr.
  • Die wesentlichen Gründe für die Flaute sind laut einer IW-Befragung die Arbeitskosten, der Fachkräftemangel sowie Bürokratie und staatliche Regulierungen.
  • Darüber hinaus beeinflussen auch grundlegende, längerfristige Entwicklungen wie die Digitalisierung und die demografische Entwicklung die Investitionsneigung der Betriebe.
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Minus 0,3 Prozent – um diesen Wert ist das reale Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2023 gegenüber dem vorangegangenen Vierteljahr geschrumpft. Auch für 2023 insgesamt steht ein Rückgang der Wirtschaftsleistung zu Buche.

Die konjunkturelle Schwäche schlägt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Investitionen nieder. Obwohl der starke Einbruch im Zuge der ersten Coronawelle von 2020 teilweise wettgemacht werden konnte, lagen die realen Investitionen in Maschinen und Geräte im Jahresdurchschnitt 2023 um gut 2 Prozent unter dem bisherigen Höchststand aus dem Jahr 2019. Das ist auch deshalb fatal, weil sich die großen Herausforderungen wie die Transformation zur Klimaneutralität nur mit erheblichen Investitionen in neue Produkte und Technologien bewältigen lassen.

Eine Wende zum Besseren ist nicht in Sicht. Dies geht aus der jüngsten IW-Konjunkturumfrage hervor (siehe „IW-Konjunkturumfrage: Unternehmen befürchten weiteren Abwärtstrend“). Ein Ergebnis:

Nur 27 Prozent der Unternehmen in Deutschland erwarten, dass ihre Investitionen 2024 höher ausfallen als im vergangenen Jahr – 36 Prozent rechnen dagegen mit einem Rückgang.

Damit sind die Investitionsperspektiven der Unternehmen in Deutschland so trüb wie seit der globalen Finanzmarktkrise von 2008/2009 nicht mehr.

Die Investitionsperspektiven der Unternehmen in Deutschland sind trüb – Gründe dafür sind vor allem die Arbeitskosten, der Fachkräftemangel sowie Bürokratie und staatliche Regulierungen.

Um die konkreten Gründe hierfür zu analysieren, fragte das IW die Firmen, welche Faktoren für ihre Investitionsentscheidungen maßgeblich sind. Die Antworten rücken einige Krisenfaktoren in den Vordergrund (Grafik):

Für jeweils mehr als neun von zehn Unternehmen haben die Arbeitskosten und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften eine erhebliche Bedeutung, wenn es darum geht, über Investitionen am Standort Deutschland zu entscheiden.

Für so viel Prozent der Unternehmen in Deutschland haben diese Faktoren eine hohe oder mittlere Bedeutung für ihre Investitionsentscheidungen am hiesigen Standort Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ähnlich bedeutsam ist das Agieren des Staates – für 82 Prozent der Unternehmen entscheiden Bürokratie und staatliche Regulierungen maßgeblich darüber, ob sie Investitionen am heimischen Standort tätigen oder nicht.

Diese drei Faktoren haben für alle einbezogenen Wirtschaftssektoren – Industrie, Dienstleistungen und Baugewerbe – die höchste Relevanz für Investitionsentscheidungen.

Andere Einflussgrößen bewerten die Firmen dagegen unterschiedlich. Beispielsweise spielen die Energiepreise und die Unternehmenssteuern für jeweils gut acht von zehn Industrie- und Bauunternehmen eine zentrale Rolle, wenn es um Investitionsentscheidungen geht – dies ist bei den Dienstleistungsfirmen nicht so stark ausgeprägt.

Megatrends: Chancen und Risiken

Über diese Faktoren hinaus liegt es nahe, dass auch grundlegende, längerfristige Entwicklungen die Investitionsneigung der Betriebe beeinflussen. Ein Beispiel für einen solchen sogenannten Megatrend ist die Digitalisierung. Die damit verbundenen Möglichkeiten einer effizienteren und vernetzten Produktion versetzen viele Firmen offenbar in Aufbruchstimmung (Grafik):

Für mehr als sieben von zehn Unternehmen erwachsen aus der Digitalisierung Chancen für zusätzliche Investitionen am Standort Deutschland.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland bewerten den Einfluss dieser langfristigen Entwicklungen auf ihre Investitionen am hiesigen Standort wie folgt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ganz anders sieht das mit Blick auf die demografische Entwicklung aus. Weil die Bevölkerung in Deutschland immer älter wird, stehen künftig weniger Menschen im Erwerbsleben. Um den zunehmenden Fachkräfteengpässen entgegenzuwirken, müsste die Wirtschaft verstärkt in neue (Produktions-)Technologien investieren. Doch genau dies bereitet vielen Firmen großes Kopfzerbrechen:

Rund 80 Prozent der Unternehmen sehen in der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel ein Investitionsrisiko.

Die Unternehmen befürchten also offenbar, dass fehlende Arbeitskräfte jene Investitionen unmöglich machen, die erforderlich wären, um der demografischen Herausforderung zu begegnen. Besonders groß ist der Anteil der diesbezüglichen Skeptiker in der Industrie mit 84 Prozent, aber auch im Dienstleistungssektor und im Baugewerbe sehen drei von vier Unternehmen im Demografie-Megatrend ein Investitionsrisiko.

Passend zum oben genannten Standortfaktor Bürokratie bewertet eine Mehrheit von 63 Prozent auch die Grundausrichtung der Wirtschaftspolitik als Investitionshemmnis. In der Industrie gibt mit 69 Prozent ein noch größerer Teil der Firmen an, das staatliche Handeln würde Investitionen am heimischen Standort weniger attraktiv machen oder sogar gefährden.

Ein Abbau bürokratischer Vorschriften, schnellere Genehmigungsverfahren und verbesserte Abschreibungsbedingungen sind deshalb naheliegende Maßnahmen, die helfen könnten, die Investitionsschwäche in Deutschland zu überwinden.

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