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Inklusion im Unterricht: Learning by Doing reicht nicht

Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollen in Deutschland in Regelschulen unterrichtet werden. Doch die einzelnen Bundesländer setzen das inklusive Schulsystem höchst unterschiedlich um.

Kernaussagen in Kürze:
  • Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollen in Deutschland am Regelunterricht teilnehmen. Die einzelnen Bundesländer setzen dies allerdings bisher mit unterschiedlicher Verbindlichkeit um.
  • Lehrkräfte klagen laut einer Forsa-Umfrage über mangelnde Unterstützung: Knapp die Hälfte beurteilt Fortbildungsangebote zum Thema Inklusion als mangelhaft oder ungenügend.
  • Um die Inklusion in den Schulen umzusetzen, muss dieser Themenkomplex ein verbindlicher Schwerpunkt in der Lehrerausbildung sein.
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Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2009 in Deutschland der Anspruch abgeleitet, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) in den Regelunterricht einzuschließen. Allerdings haben die einzelnen Bundesländer dies bisher mit unterschiedlicher Verbindlichkeit – sowohl rechtlich als auch praktisch – umgesetzt: Bremen beispielsweise hat beschlossen, dass sich alle Schulen zu inklusiven Schulen entwickeln und Förderschulen abgeschafft werden sollen – und hat dies auch weitestgehend vollzogen. Baden-Württemberg und Bayern halten bisher noch stärker an einem Fortbestand der Förderschulen fest.

Sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, wenn die Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten eines Kindes so beeinträchtigt sind, dass es dem Unterricht nur mit besonderer Unterstützung folgen kann. Die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs handhabt jedes Bundesland individuell. So haben Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für ausgewählte Förderschwerpunkte das Feststellungsverfahren teilweise abgeschafft. Im Saarland wird eine Diagnose über den Förderbedarf nur noch ausgestellt, wenn eine Umschulung auf eine Förderschule notwendig ist.

Um die Inklusion in den Schulen umzusetzen, muss dieser Themenkomplex ein verbindlicher Schwerpunkt in der Lehrerausbildung sein.

Das führt dazu, dass in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich vielen Schülern ein Förderbedarf attestiert wird. Auch der Anteil der Schüler mit SPF, die an Regelschulen – also an Schulen, die keine Förderschulen sind – unterrichtet werden, unterscheidet sich stark (Grafik):

In Bremen besuchen 85 Prozent der Förderschüler eine Regelschule, in Hessen sind es 30 Prozent.

So viel Prozent der Schüler der Klassen 1 bis 10 in Deutschland hatten im Schuljahr 2017/18 einen sonderpädagogischen Förderbedarf und so viel Prozent von ihnen besuchte eine Regelschule Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Allerdings sagen diese Quoten nichts darüber aus, wie erfolgreich Inklusion an den Schulen umgesetzt wird. So klagen Lehrkräfte laut einer Forsa-Umfrage vor allem über mangelnde Unterstützung: Knapp die Hälfte beurteilt Fortbildungsangebote zum Thema Inklusion als mangelhaft oder ungenügend. Und zwei Drittel geben an, in inklusiven Klassen allein zu unterrichten.

Lehrerausbildung braucht Schwerpunkt Inklusion

Eine Ursache dafür ist, dass in den meisten Bundesländern, die die Inklusion an den Schulen zügig umsetzen wollen, Konzepte zum inklusiven Unterrichten vorab nicht erprobt und evaluiert wurden. Inklusiver Unterricht erfolgte oft getreu dem Motto „Learning by Doing“.

Um die Inklusion in den Schulen umzusetzen, muss dieser Themenkomplex ein verbindlicher Schwerpunkt in der Lehrerausbildung sein. Lehrkräfte müssen fähig sein, in Zusammenarbeit mit multiprofessionellen Teams diagnostische Verfahren anzuwenden und Konzepte für einen kooperativen Unterricht zu entwickeln und umzusetzen.

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