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Gründungen in Deutschland: Es gibt noch viel zu tun

Trotz Corona-Krise wurden im Jahr 2021 mehr Unternehmen und Betriebe in Deutschland gegründet als vor der Pandemie. Viele – vor allem rechtliche – Faktoren hemmen aber nach wie vor die deutsche Gründerszene.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Jahr 2021 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 580.000 Unternehmen und Betriebe gegründet, das waren gut 8 Prozent mehr als im Vorjahr und 6 Prozent mehr als 2019.
  • Besonders viele Neugründungen der vergangenen zwei Jahre sind allerdings Nebenerwerbsbetriebe, die zusätzlich zu einem bestehenden Arbeitsverhältnis geführt werden.
  • Um neu gegründete Unternehmen zu entlasten, sind möglichst schnelle Maßnahmen nötig. So sollten zunächst Antragsformulare für Förderleistungen bundesweit vereinheitlicht, die digitale Verwaltung weiter ausgebaut und Buchführungsgrundsätze vereinfacht werden.
Zur detaillierten Fassung

Nach einem kleinen Einbruch im ersten Pandemiejahr hat sich die Gründerszene in Deutschland schnell erholt. So hat die Zahl der Firmengründungen im vergangenen Jahr wieder zugenommen und sogar das Vorkrisenniveau übertroffen (Grafik):

Im Jahr 2021 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 580.000 Unternehmen und Betriebe gegründet, das waren gut 8 Prozent mehr als im Vorjahr und 6 Prozent mehr als 2019.

Zahl der Neugründungen von Unternehmen und Betrieben in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Während die Zahl der gegründeten Betriebe, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen, im vergangenen Jahr gegenüber 2019 um rund 4 Prozent wuchs, sieht das Bild bei den neu gegründeten Kleinunternehmen düsterer aus: Verglichen mit dem Vorkrisenjahr 2019 brach die Zahl der Neugründungen 2021 um knapp 20 Prozent ein.

Das lässt sich in großen Teilen auf die Pandemie zurückführen: So verzeichnet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vor allem für das Gastgewerbe und den Handel einen deutlichen Rückgang an Gründungsberatungen der Industrie- und Handelskammern in Deutschland. Das sind jene Dienstleistungsbranchen, in denen besonders gerne kleine Unternehmen gegründet werden, die in den vergangenen zwei Jahren aber stark von der Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen betroffen waren.

In einer Umfrage des DIHK geben zudem zwei Drittel der jungen Unternehmen an, dass in der Pandemie die Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen zurückging, sie weniger liquide waren und ihr Eigenkapital geschrumpft ist – Entwicklungen, die abschreckend wirken können.

Zwar gab es im Jahr 2021 mehr Neugründungen als vor der Pandemie, besonders viele davon sind allerdings Nebenerwerbsbetriebe. Die Neugründungen von Kleinunternehmen brachen gegenüber 2019 um knapp 20 Prozent ein.

Stattdessen setzen viele Bundesbürger ihre Gründungsideen erst einmal mit der Sicherheit eines geregelten Einkommens um: Besonders viele Neugründungen der vergangenen zwei Jahre sind Nebenerwerbsbetriebe, die zusätzlich zu einem bestehenden Arbeitsverhältnis geführt werden. Im Vergleich zu 2019 wollten sich 2021 fast 23 Prozent mehr Gründerinnen und Gründer in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ein zweites berufliches und finanzielles Standbein aufbauen – mit der Option, zu einem späteren Zeitpunkt dann hauptberuflich selbstständig zu werden. Die starken Zuwächse in diesem Bereich sind auch der Grund dafür, dass die Zahl der Neugründungen trotz weniger neuer Kleinunternehmen insgesamt gewachsen ist.

Rechtliche Rahmenbedingungen hemmen die deutsche Gründerszene

Unterm Strich steht Deutschlands Gründerszene im internationalen Vergleich aber nach wie vor mittelmäßig da: So hat die Bundesrepublik gegenüber Ländern wie den USA und China bei der Zahl großer Neugründungen mit weitem Abstand das Nachsehen (siehe "Der Staat muss Start-ups stärker fördern"). Das liegt an einem ganzen Strauß von hemmenden Faktoren, wobei Gründerinnen und Gründer den größten Handlungsbedarf bei den rechtlichen Rahmenbedingungen sehen (Grafik):

Knapp 80 Prozent der vom DIHK befragten Gründerinnen und Gründer sehen den Bürokratieabbau als wichtigste Aufgabe der Politik an, um den Gründungsstandort Deutschland zu verbessern, 63 Prozent fordern eine Vereinfachung des Steuersystems.

So viel Prozent der Gründerinnen und Gründer antworteten auf die Frage "Was muss geschehen, um den Gründungsstandort Deutschland zu verbessern?" mit… Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Gewünscht werden vor allem digitalisierte, gebündelte und leicht verständliche Prozesse. Immerhin erweckt der Koalitionsvertrag den Eindruck, dass die Politik den Handlungsbedarf erkannt hat: Laut der Vereinbarung von SPD, Grünen und FDP soll eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden möglich werden. Ein erster Schritt dahin ist die Etablierung des sogenannten Once-Only-Prinzips, nach dem bei Genehmigungs- und Meldeverfahren Daten nicht doppelt angegeben werden müssen.

Rund ein Drittel der Gründerinnen und Gründer wünscht sich darüber hinaus einen einfacheren Zugang zu öffentlichen Fördermitteln, ein Viertel eine flächendeckende Breitbandversorgung. Einen besseren Zugang zu Fremd- beziehungsweise Beteiligungskapital fordern 12 respektive 11 Prozent – hierunter vornehmlich wachstumsorientierte Start-ups. Dass dieser Prozentsatz nicht höher ausfällt, dürfte auch am 2 Milliarden Euro schweren Maßnahmenpaket liegen, das die Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie verabschiedet hatte und einige finanzielle Probleme der Jungunternehmen abmildern konnte.

Schnelle Maßnahmen nötig

Um neu gegründete Unternehmen weiter zu entlasten und Deutschland zum führenden Start-up-Standort zu machen, wie es Kanzler Olaf Scholz angekündigt hat, sind jetzt möglichst schnelle Maßnahmen nötig. So sollten zunächst Antragsformulare für Förderleistungen bundesweit vereinheitlicht, die digitale Verwaltung („eGovernment“) weiter ausgebaut und Buchführungsgrundsätze vereinfacht werden, um Bürokratiehemmnisse abzubauen.

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