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Kreativer Küchenmeister

Als Koch und Patissier mit eigenem Café will Leon de Kok sich eigentlich auf die kulinarische Seite konzentrieren. Doch inmitten einer Pandemie und angesichts akuten Personalmangels ist es gar nicht so einfach, ein perfekter Gastgeber zu sein.

Kernaussagen in Kürze:
  • Leon de Kok, gelernter Koch und mit reichlich Erfahrung in der Spitzengastronomie, führt seit vier Jahren ein Café in Köln.
  • Der 49-Jährige hat ein straffes Arbeitsprogramm: zwölf bis 14 Stunden täglich. Neben Kochen und Backen frisst das Organisatorische die meiste Zeit.
  • Was de Kok am dringendsten bräuchte, wäre Verstärkung in der Backstube. Doch er findet keinen Konditor.
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Im Juli macht Leon de Kok, Inhaber des Cafés de Kok in Köln-Zollstock, den Laden eine Woche dicht. Doch statt sich während der Betriebsferien auszuruhen oder gar zu verreisen, schaltet der 49-Jährige in den Organisationsmodus: Weil seine Konditorin ein halbes Jahr in Südtirol Erfahrungen sammelt, einer seiner Köche wieder eine Stelle in seinem angestammten Beruf als Diätkoch gefunden hat und die zweite Köchin gerade eine lang geplante mehrmonatige Auslandsreise antritt, muss de Kok bereits vier Tage vor der Wiedereröffnung Waren bestellen, Mehl und andere Zutaten abwiegen, Tortenböden backen, Cremes und Füllungen vorbereiten, die Wochen-Speisekarte planen und online stellen, Formulare ausfüllen, Gehälter auszahlen, mit dem Steuerberater sprechen und vieles mehr. Personal suchen müsste er eigentlich auch. Dringend. Bloß wann?

Eigentlich braucht de Kok eine Konditorin und einen Auszubildenden. Köche darf der Küchenmeister nämlich selbst ausbilden, doch seit der Café-Eröffnung vor fast vier Jahren ist es ihm nicht gelungen, einen Azubi zu finden. Und durch die Pandemie sei der Beruf für viele noch unattraktiver geworden, ist sein Resümee.

„Die Arbeitszeiten sind gar nicht so schlimm. Ich arbeite zwar meistens sieben Tage die Woche zwölf bis 14 Stunden täglich, aber was mir zu schaffen macht, sind andere Dinge“, sagt der Meisterkoch. De Kok kommt aus der gehobenen Gastronomie, er hat im mittlerweile geschlossenen Schlosshotel Bühlerhöhe gearbeitet, sich mit der Patisserie in einem Sternerestaurant in Xanten vertraut gemacht und war zehn Jahre Betriebsleiter beim Versicherungsunternehmen Generali.

„Zwischen 20 und 30 Prozent meiner Arbeitszeit verbringe ich mit administrativen Sachen wie Lohn- und Steuerangelegenheiten und Terrassengenehmigungen. Auch die Anträge für die Corona-Hilfen und die Umsetzung der jeweiligen Corona-Regeln haben viel Zeit be​ansprucht. Ich wünsche mir wirklich eine einfachere Bürokratie.“

Leon de Kok betreibt das Café de Kok in Köln-Zollstock; Foto: IW Medien Als de Kok das Café im September 2018 übernahm, war das auch die Erfüllung eines Lebenstraums. Denn Kuchen und Torten sind die Passion des Meisterkochs: Er hat mehr als 110 Torten im Portfolio, darunter die sehr erfolgreiche Schoko-Earl-Grey-Torte, den veganen Schokokuchen, die Lemon-Curd-Torte und nicht zu vergessen die hausgemachte Eissplitter-Torte. Selbst der Käsekuchen hat einen besonderen Dreh: nämlich einen Kürbiskernmürbeteig. Und als wäre all das noch nicht köstlich genug, werden georderte Kuchenstückchen im Café vom Chef persönlich hübsch auf dem Teller ausdekoriert: etwa mit Fruchtsoßen-Kleksen, Krokant-Blättchen und Puderzucker-Spiegeln.

Das erste halbe Jahr als selbstständiger Gastronom, erinnert sich de Kok, verlief schleppend. Doch dann merkte er recht schnell, dass Cafébesucher in der Großstadt nicht nur Törtchen essen wollen. Seitdem bietet er Frühstück an, Snacks und ein täglich wechselndes Mittagsgericht. Und als alles so richtig schön Fahrt aufgenommen hatte, kam Corona.

„Wir haben nicht zugemacht, denn das wäre für ein Café, das noch nicht so bekannt ist, das Todesurteil gewesen“, sagt de Kok. Weil er während der Lockdowns aber keine Gäste mehr empfangen durfte, gab es alles als To-go-Variante: den Mittagstisch, wöchentlich wechselnde Frühstücksboxen mit Säften und Müsli sowie natürlich sämtliche Kuchen.

„Das ist so gut angekommen, dass ich keinen meiner Mitarbeiter länger in Kurzarbeit schicken musste.“ Viele Leute hätten sein Café sogar erst im Lockdown wahrgenommen, zum Teil auch deshalb, weil plötzlich alle spazieren gegangen seien, erinnert sich de Kok. Und so kommt es, dass die beiden Festangestellten, die ehemals fünf Mini-Jobber und nicht zuletzt der Gründer selbst die gastronomisch herausfordernden ersten beiden Corona-Jahre in ihrer Branche überstehen.

Unfreiwillige Ruhetage

Doch mit den Corona-Lockerungen wird es nicht leichter. Hatte das Café de Kok bis dato sieben Tage die Woche geöffnet, ist mit dem Abgang des Diätkochs seit Beginn des Jahres am Montag immer Ruhetag. Als sich dann auch noch die Konditorin für ein halbes Jahr verabschiedete, kam ein zweiter Ruhetag hinzu. Und seit Juli fehlt nun auch die zweite Köchin.

Auch optisch soll der Kuchen ein Genuss sein: Leon de Kok beim Ausdekorieren einer Torte; Foto: IW Medien „Eigentlich brauche ich eine Konditorin und einen Auszubildenden“, sagt de Kok. Köche darf der Küchenmeister nämlich selbst ausbilden, doch seit der Café-Eröffnung vor fast vier Jahren ist es ihm nicht gelungen, einen Azubi zu finden. Einmal hatte er einen Schülerpraktikanten, der sich für die Kochausbildung interessierte, doch am Ende passte es doch nicht, erinnert sich de Kok. Und durch die Pandemie sei der Beruf für viele noch unattraktiver geworden, ist sein Resümee.

„Es ist schwierig, immer neue Leute zu akquirieren.“ Selbst studentische Hilfskräfte seien in der Gastronomie kaum zu bekommen – sie fänden heute viel sicherere und lukrativere Jobs, in Testzentren etwa, wo sie zwischen 16 und 18 Euro die Stunde verdienen könnten. De Kok zahlt seinen Kellnerinnen und Kellnern ein etwas höheres Gehalt als den aktuellen Mindestlohn von 10,45 Euro pro Stunde, zuzüglich Trinkgeld, das auf alle Angestellten umgelegt wird. Und die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro die Stunde bereitet ihm zusätzliche Sorgen: „Das wird noch mal eine neue Herausforderung.“

Steigende Kosten, steigende Kuchenpreise

Denn auch sein Geschäftsmodell ist von der Inflation betroffen. Die Lebensmittel, die de Kok für den laufenden Cafébetrieb einkauft, sind seit Jahresbeginn zwischen 16 und 18 Prozent teurer geworden, auch die Liefergebühren sind bereits gestiegen. Irgendwann, spätestens wenn die Mindestlohnerhöhung Anfang Oktober in Kraft tritt, wird dann auch der Kaffee und Kuchen im Café de Kok noch einmal teurer werden müssen.

Und wie geht es weiter, wenn das Café am 9. Juli wieder öffnet und in der Küche einzig der Chef des Ladens selbst steht? „Ich weiß nicht, wie ich das Personalproblem lösen soll. Aber Corona hat mir tatsächlich geholfen, die Dinge etwas lässiger zu sehen. Ich hatte zu Beginn der Pandemie viele Existenzängste, die habe ich nun deutlich weniger. Man lernt eben, kreativ zu sein.“

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