Folgen der Inflation halbwegs abgefedert
Die hohe Inflation hat die Bundesbürger in den vergangenen beiden Jahren finanziell stark belastet. Die Bundesregierung hat mit drei Maßnahmenpaketen versucht, dem entgegenzuwirken. Wie gut ihr das im Einzelnen gelungen ist, hat nun das Institut der deutschen Wirtschaft untersucht.
- Mit ihren Entlastungspaketen hat die Regierung die Folgen der Inflation für Singles und Familien zum Teil auffangen können, zeigt eine IW-Studie.
- Durch die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie konnten Singles verschiedener Einkommensgruppen sogar insgesamt gesehen ins Plus rutschen.
- In Zukunft sollte die Politik aber noch stärker darauf achten, bei Entlastungsmaßnahmen zielgenauer zu agieren und Mitnahmeeffekte zu vermeiden.
240 Milliarden Euro – so viel Geld nimmt der Staat im Zeitraum von 2022 bis 2024 in die Hand, um die Folgen der hohen Inflation für die Bundesbürger zu mildern. Insgesamt 28 Einzelmaßnahmen hat die Regierung in drei Entlastungspaketen verabschiedet – darunter den Tankrabatt, das 9-Euro-Ticket und die Preisbremsen für Strom und Gas.
Die Schwierigkeit bei den Hilfspaketen bestand darin, in erster Linie Haushalte mit geringeren Einkommen zu entlasten. Sie wurden von den steigenden Preisen infolge des Ukraine-Kriegs und der dadurch ausgelösten hohen Inflation besonders stark getroffen. Denn verteuert haben sich vor allem die Güter für den täglichen Bedarf wie Lebensmittel und Energie, für die Geringverdiener einen größeren Teil ihres Einkommens aufwenden müssen als wohlhabende Haushalte.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat nun zum einen untersucht, wie stark verschiedene Gruppen und Einkommensbezieher von der Energiekrise getroffen wurden. Zum anderen haben sich die Wissenschaftler angeschaut, wie hoch die finanzielle Entlastung durch die staatlichen Maßnahmen jeweils ausfällt (Grafik):
Ein Single mit einem Bruttojahreseinkommen von 25.000 Euro wurde vom Staat 2022 und 2023 um insgesamt 1.008 Euro entlastet.
Da die Mehrkosten aufgrund des gestiegenen Preisniveaus jedoch 2.622 Euro betrugen, bleibt für diesen Single unterm Strich eine zusätzliche Belastung von rund 1.600 Euro übrig. Auch Einpersonenhaushalte mit einem Jahreseinkommen von 45.000 Euro beziehungsweise 75.000 Euro im Jahr haben von den staatlichen Maßnahmen profitiert, ihre zusätzlichen Ausgaben wurden aber ebenfalls nur zum Teil kompensiert.
Wenn Firmen die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie ausgezahlt haben, wurden Singles trotz Inflation dank der staatlichen Maßnahmenpakete unterm Strich entlastet.
Prozentual gesehen hat die Regierung die niedrigen Einkommen am stärksten entlastet – im Jahr 2023 um 7,5 Prozent des Nettoeinkommens. Für die Singles mit höherem Gehalt sind es 4,2 beziehungsweise 4 Prozent. Und die Politik hat ein weiteres Instrument geschaffen, um der Wirtschaft eine zusätzliche Unterstützung ihrer Mitarbeiter zu erleichtern: Innerhalb von zwei Jahren können Firmen jedem Beschäftigten eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro zahlen.
Machen Betriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch, übersteigen für Singles in allen drei betrachteten Einkommensgruppen die Entlastungen die entstandenen zusätzlichen Belastungen. Am größten fällt das Plus mit knapp 1.400 Euro bei Singles mit einem Bruttojahreseinkommen von 25.000 Euro aus.
Das IW hat ebenfalls die Entlastungen für Familien mit zwei Kindern unter 14 Jahren ermittelt. Dabei legten die Forscher zugrunde, dass ein Elternteil Vollzeit und der andere halbtags arbeitet.
Eine vierköpfige Familie mit einem Bruttojahreseinkommen von 40.000 Euro hat der Staat um 8.543 Euro entlastet. Dieser Betrag übersteigt die erwarteten Zusatzkosten durch die Energiekrise und die Inflation um 3.155 Euro.
Eine wichtige Rolle spielt für diese Familien das merklich gestiegene Wohngeld, das durchschnittlich von 180 Euro auf 370 Euro je Monat angehoben wurde.
Aber auch für Familien mit höheren Bezügen hat der Staat einiges getan. So sinkt die finanzielle Zusatzbelastung für Familien mit einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro von knapp 6.600 Euro auf etwa 4.250 Euro. Zahlen die Arbeitgeber beiden Elternteilen zusätzlich die volle Inflationsausgleichsprämie – für die Vollzeitkraft 3.000 Euro und für die Teilzeitkraft 1.500 Euro –, bleibt sogar ein kleines Plus.
Für künftige Entlastungspakete sollte sich die Politik darauf konzentrieren, Instrumente zu entwickeln, die eine zielgenaue Wirkung entfalten.
Für vierköpfige Familien mit einem Bruttojahreseinkommen von 120.000 Euro reduzieren sich die inflationsbedingten Mehrkosten dank der staatlichen Entlastungsmaßnahmen von 8.100 Euro auf etwa 6.000 Euro. Fließt die Inflationsausgleichprämie, bleibt unterm Strich eine überschaubare Zusatzbelastung von 1.500 Euro.
Die Zahlen belegen, dass es dem Staat gelungen ist, einen beträchtlichen Teil der krisenbedingten Preissteigerungen bei den Bürgern auszugleichen. Zudem sind niedrige Einkommen stärker entlastet worden als höhere. Dennoch gibt es Kritikpunkte:
Einige der ergriffenen Entlastungsmaßnahmen waren weder zielgenau noch bedarfsorientiert.
Beispiele für dieses Gießkannenprinzip sind das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt. Andere Instrumente wie beispielsweise die Strom- und Gaspreisbremsen hätten besser ausgearbeitet werden können, um ausschließlich Bedürftige zu unterstützen und so die staatlichen Ausgaben für Haushalte mit hohen Einkommen zu begrenzen. Zudem werden in den Entlastungspaketen spezifische Maßnahmen gegen die Energiepreiskrise und davon unabhängige Projekte vermischt – zu nennen ist hier der Ausgleich der kalten Progression.
Für künftige Entlastungspakete lässt sich daraus ableiten, dass sich die Politik angesichts der begrenzten Mittel der öffentlichen Hand darauf konzentrieren sollte, Instrumente zu entwickeln, die eine zielgenaue Wirkung entfalten.