Künstliche Intelligenz – Konkurrent oder Kollege?
Die Forschung zu den Beschäftigungseffekten von künstlicher Intelligenz auf einzelne Berufe steht noch ganz am Anfang. Dennoch lassen sich erste Tendenzen erkennen, wie eine IW-Studie zeigt.
- Fast jeder vierte Beschäftigte im Finanzsektor macht sich große Sorgen, dass KI in den kommenden zehn Jahren zum Verlust des eigenen Arbeitsplatzes führen könnte.
- Dabei deuten erste wissenschaftliche Befunde nicht auf starke negative Einflüsse auf den Arbeitsmarkt durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz hin, wie eine neue IW-Studie zeigt.
- Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Analyse von Daten des IW-Zukunftspanels aus dem Frühjahr 2022.
Ob künstliche Intelligenz (KI) Arbeitsplätze vernichtet oder nicht, ist ein viel diskutiertes Thema. Dabei ist die Fragestellung alles andere als neu: Bereits bei der Einführung des mechanischen Webstuhls äußerten Beschäftigte Sorgen, dass eine Maschine künftig ihre Arbeit übernimmt. Auch diesmal ist es so (Grafik):
Eine OECD-Befragung in sieben Industriestaaten im Jahr 2022 ergab, dass sich 23 Prozent der Beschäftigten im Finanzsektor und 19 Prozent derjenigen, die im Verarbeitenden Gewerbe tätig sind, große oder sehr große Sorgen machen, in den nächsten zehn Jahren wegen KI ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
In Unternehmen, die bereits künstliche Intelligenz nutzen, kennen auch viele Beschäftigte Kollegen, die deshalb ihren Job im selben Betrieb verloren haben: Im Finanzsektor bestätigten diese Aussage 20 Prozent der Mitarbeiter, im Verarbeitenden Gewerbe taten dies 15 Prozent. Wie viele Entlassungen es tatsächlich gegeben hat, ist allerdings nicht klar – rein theoretisch könnte in jedem Unternehmen nur eine Person ihren Job durch KI verloren haben, weil alle zustimmenden Befragten sich genau auf diese Person beziehen.
Die ausgewerteten empirischen Analysen zeigen, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz primär zur Reorganisation von Arbeitsprozessen und -aufgaben innerhalb eines Berufs führt, weniger zur Rationalisierung und Substitution einer Tätigkeit.
Die Forschung zu Beschäftigungseffekten durch künstliche Intelligenz steht zwar noch am Anfang – erste wissenschaftliche Befunde deuten aber nicht auf starke negative Einflüsse hin, wie eine neue IW-Studie zeigt. Die ausgewerteten empirischen Analysen lassen vielmehr erkennen, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz primär zur Reorganisation von Arbeitsprozessen und -aufgaben innerhalb eines Berufs führt, weniger zur Rationalisierung und Substitution einer Tätigkeit.
Welchen Einfluss haben KI-Sprachmodelle?
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Analyse von Daten des IW-Zukunftspanels vom Frühjahr 2022. Die Antworten der knapp 2.900 befragten Betriebe aus dem Verarbeitenden Gewerbe, der Versorgung, dem Bau, der Logistik sowie den unternehmensnahen Dienstleistungen zeigen: Es gibt keinen strukturellen Zusammenhang zwischen der Einführung von KI und der Beschäftigtenzahl der Unternehmen.
Zu beachten ist aber, dass sowohl das jüngste IW-Zukunftspanel als auch die untersuchten empirischen Studien vor dem Start der KI-Sprachmodelle ChatGPT oder Google Bard veröffentlicht wurden, sodass deren potenzielle Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt noch nicht berücksichtigt werden konnten.