Interview Lesezeit 3 Min.

„Fachkräfte werden in Zukunft händeringend gesucht“

Ist es klug, jetzt eine duale Berufsausbildung zu beginnen? Ja, solange das ausbildende Unternehmen nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt, sagt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags.

Kernaussagen in Kürze:
  • Viele Unternehmen seien kreativ gewesen, um die Ausbildung auch unter den erschwerten Bedingungen von Corona fortzusetzen, sagt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK.
  • Allerdings dürfte es seiner Einschätzung nach Corona-bedingt zu einem zweistelligen Rückgang in der Ausbildung der IHK-Berufe kommen.
  • Die Ausbildungsprämie der Bundesregierung hält Dercks für ein wichtiges Signal an die Unternehmen, weiter in die Ausbildung zu investieren. Er plädiert jedoch dafür, die Prämie auch größeren Betrieben zur Verfügung zu stellen.
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Wie geht es den 1,3 Millionen Azubis? Wie viele sind aktuell in Kurzarbeit?

Zur Kurzarbeit von Auszubildenden gibt es keine gesonderte Statistik. Zumindest den Azubis der Abschlussjahrgänge geht es insoweit gut, dass sie gerade ihre Prüfungen machen konnten – das war ja lange Zeit Corona-bedingt nicht klar, ob das klappt. Wir konnten erst im Frühjahr wieder mit den Prüfungen anfangen. Es bekommen somit alle Azubis, die bestehen, demnächst ihr Zeugnis. Damit können sie dann in ihr Berufsleben als ausgebildete Fachkraft starten.

Wir schätzen, dass es bei den IHK-Berufen zu einem Rückgang der Ausbildung im zweistelligen Bereich kommen wird.

Ansonsten gilt insgesamt, dass viele Unternehmen kreativ waren, um die Ausbildung auch unter den erschwerten Bedingungen von Corona fortzusetzen, etwa im Homeoffice, wo dann auch die Azubis saßen. In manchen Hotel- und Gastronomiebetrieben haben die Auszubildenden beispielsweise mitgeholfen, den Re-Start nach dem Lockdown vorzubereiten. Dabei haben die jungen Leute automatisch eine Menge über den Arbeits- und Gesundheitsschutz gelernt, das ist ja auch ein wichtiger Teil der Berufsausbildung.

Achim Dercks ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags; Foto: DIHK/Jens Schicke Der Zentralverband des Deutschen Handwerks geht davon aus, dass sich jeder vierte Betrieb im kommenden Jahr aus der Ausbildung zurückziehen wird. Wie sieht es bei den IHK-Unternehmen aus?

Wir schätzen, dass es zu einem Rückgang im zweistelligen Bereich bei den IHK-Berufen kommen wird. Das ist zum Teil Corona-bedingt, zum Teil kommen hier aber auch Effekte zum Tragen, die schon vor Corona eingetreten sind. Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer etwa gerieten schon im vergangenen Jahr in eine wirtschaftlich schwierige Situation. Insgesamt erklären diese Faktoren, warum wir in diesem Jahr einige Herausforderungen am Ausbildungsmarkt zu bewältigen haben.

Würden Sie Ihrem Sohn jetzt raten, eine Mechatronikerlehre zu machen?

Wenn er den Wunsch hat, in diese Richtung zu gehen: ja. Wobei ich ihm natürlich raten würde, eine Ausbildung bei einem Unternehmen zu machen, das gute Perspektiven bietet. Auch in der Zeit nach Corona ist es ja so, dass wir einen wachsenden Fachkräftemangel bei den beruflich Qualifizierten haben werden. Und dann werden auch wieder Mechatroniker – oder in der nächsten Stufe Industriemeister – dringend gebraucht. Im Jahr 2025 werden 500.000 Menschen mehr in Rente gehen, als von den Schulen kommen – wir wissen, dass dann Fachkräfte händeringend gesucht werden.

Die Bundesregierung zahlt Corona-geschädigten Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten, die weiterhin ausbilden, zwischen 2.000 und 3.000 Euro Ausbildungsprämie je Azubi. Auch die monatliche Ausbildungsvergütung wird nötigenfalls zu 75 Prozent übernommen. Reicht das an Unterstützung?

Das ist auf jeden Fall ein wichtiges Signal an die Unternehmen, weiter in die Ausbildung zu investieren. Dass allerdings nur kleine und mittlere Unternehmen diese Förderung bekommen, führt natürlich bei größeren Betrieben zu Kritik. Denn wie stark ein Unternehmen durch die Corona-Pandemie wirtschaftlich getroffen wird, hat ja nichts mit der Größe des Betriebs zu tun, sondern eher mit der Branche. Die Möglichkeit der Kurzarbeit gibt es schließlich auch für alle Unternehmen. Da andererseits der Großteil der Ausbildungsbetriebe weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt, werden die Maßnahmen gleichwohl einen positiven Effekt auf den Ausbildungsmarkt haben.

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