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Energie Lesezeit 2 Min.

EU-Staaten setzen auf Atomstrom

Die Treibhausgasemissionen müssen runter, doch statt weniger Energie zu verbrauchen und die erneuerbaren Energien auszubauen, setzen viele EU-Staaten auf Atomkraft. Selbst Länder, die bislang keinen Atomstrom produzieren, planen nun den Bau von neuen Atommeilern.

Kernaussagen in Kürze:
  • In der EU wurden 2021 rund 730.000 Gigawattstunden Strom mittels Atomkraft hergestellt, das war rund ein Viertel der Gesamtmenge des in den Mitgliedsstaaten erzeugten Stroms.
  • Mit fast 380.000 Gigawattstunden stellte Frankreich gut die Hälfte des in der EU erzeugten Atomstroms im Jahr 2021 her.
  • Aufgrund der Energie- und Klimakrise wollen viele EU-Länder neue AKW bauen, darunter Frankreich, Tschechien und die Niederlande.
Zur detaillierten Fassung

In der EU produzierten 13 Staaten im Jahr 2021 Atomstrom. Insgesamt stellten sie so rund 730.000 Gigawattstunden Strom her. Damit steuerten sie rund ein Viertel zur Gesamtmenge des in den Mitgliedsstaaten erzeugten Stroms bei.

Die Energiekrise führt in vielen EU-Staaten dazu, dass Meiler, die eigentlich abgeschaltet werden sollten, nun länger laufen. Überdies plant eine Reihe von Ländern den Bau neuer Atomkraftwerke.

Gut die Hälfte des gesamten EU-Atomstroms wird in einem einzigen Land produziert (Grafik):

Frankreich stellte im Jahr 2021 fast 380.000 Gigawattstunden Strom mittels Atomkraft her.

So viele Gigawattstunden Strom produzierten die EU-Staaten im Jahr 2021 mittels Atomkraft Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Nimmt man noch die Mengen hinzu, die Deutschland, Spanien, Schweden und Belgien produzierten, stehen diese fünf Länder für mehr als 83 Prozent des im Jahr 2021 in der EU erzeugten Atomstroms.

In Frankreich machte Strom, der mithilfe von Atommeilern produziert wurde, im Jahr 2021 fast 69 Prozent der dort erzeugten Gesamtstrommenge aus, in der Slowakei waren es rund 52 Prozent und in Belgien gut 50 Prozent. Vergleichsweise niedrig waren die Atomstromanteile in Deutschland mit knapp 12 Prozent sowie in den Niederlanden mit 3 Prozent.

Auch belgische AKW laufen länger als geplant

Die Energiekrise führt in vielen EU-Staaten dazu, dass Meiler, die eigentlich abgeschaltet werden sollten, nun länger laufen. Das ist nicht nur in Deutschland so, wo die drei letzten Meiler nicht zum Jahreswechsel 2022/23 abgeschaltet worden sind, sondern weiter betrieben werden bis Mitte April 2023. Auch Belgien verlängert die Laufzeiten. Belgien hatte eigentlich schon vor 20 Jahren einen Atomausstieg beschlossen, nun lässt Brüssel zwei Meiler bis mindestens 2035 laufen und nicht wie ursprünglich vorgesehen bis 2025.

Überdies plant eine Reihe von Ländern den Bau neuer Atomkraftwerke. Die Niederlande, die bislang über ein AKW verfügen, wollen zwei zusätzliche Meiler errichten. Tschechien plant ebenfalls den Bau mehrerer neuartiger Reaktoren, die deutlich kleiner sind als herkömmliche Kernkraftwerke und die in zehn Jahren in Betrieb gehen sollen.

Je älter die Reaktoren, desto wartungsintensiver

Auch im Atomstromland Frankreich, wo 56 AKWs stehen, sollen weitere hinzukommen. Emmanuel Macron will bis 2035 sechs weitere Meiler errichten, bis 2050 könnten noch einmal acht entstehen. Der vorhandene Nuklearpark ist vergleichsweise alt, mehr als ein Drittel der Reaktoren läuft seit mehr als 40 Jahren. Das macht den Betrieb anfälliger für Störungen, auch die Wartungen werden aufwändiger. Hinzu kommt, dass die Hitzewelle im Sommer 2022 die französischen Flüsse so stark erwärmt hat, dass der Kühlkreislauf mancher Kernkraftwerke nicht mehr gewährleistet werden konnte. Das Resultat:

Im vergangenen Jahr lief in Frankreich nicht einmal die Hälfte der vorhandenen Meiler, weshalb Paris sogar Strom aus Deutschland zukaufen musste.

Selbst EU-Länder, in denen bislang gar kein Kernkraftwerk existiert, wollen nun Atomstrom produzieren. So plant Polen, das aktuell rund 70 Prozent seines Strombedarfs mithilfe von Kohlekraftwerken deckt, seine beiden ersten Meiler. Der erste Reaktor soll 2033 ans Netz gehen – ausgerechnet in der Nähe von Danzig. Bereits in den 1980er Jahren war in dieser Gegend mit dem Bau eine Atomkraftwerks sowjetischer Bauart begonnen worden, doch das AKW Żarnowiec wurde aufgrund von Protesten nie fertig gestellt.

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