Interview Lesezeit 2 Min.

„Es gibt in Deutschland keinen Rechtsanspruch auf Homeoffice“

Wegen der Coronakrise arbeiten derzeit viele Beschäftigte in Deutschland im Homeoffice. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen dafür gelten, erklärt Kathrin Vossen, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kölner Kanzlei Oppenhoff & Partner.

Kernaussagen in Kürze:
  • Anders als in den Niederlanden haben Beschäftigte in Deutschland keinen Anspruch auf Homeoffice, sagt Kathrin Vossen, Fachanwältin für Arbeitsrecht.
  • Allerdings können auch Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht einfach so ins Homeoffice schicken. Dafür bedarf es einer beiderseitigen Vereinbarung.
  • Wer von zu Hause aus arbeitet, muss grundsätzlich dieselben Arbeitsergebnisse liefern wie im Betrieb, so Vossen.
Zur detaillierten Fassung

Die Menschen sollen derzeit Sozialkontakte meiden, zwei Meter Abstand zueinander halten und den öffentlichen Nahverkehr meiden. Gleichzeitig dürfen Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht zur Arbeit im Homeoffice zwingen. Wie sinnvoll ist diese Regel in Pandemiezeiten?

Damit Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten können, müssen zunächst zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss es die Tätigkeit erlauben, dass sie auch von zu Hause erledigt werden kann. Feuerwehrleute beispielsweise können ihrem Job logischerweise nicht im Homeoffice nachgehen. Zweitens muss es technisch möglich sein, zu Hause zu arbeiten. Ist beides gegeben, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgefordert, miteinander eine vernünftige Lösung für eine – auch länger anhaltende – Homeoffice-Regelung zu finden, gegebenenfalls unter Einbeziehung des Betriebsrats.

„Die Verlagerung ins Homeoffice ist für die Mitarbeiter kein Freibrief, sich zurückzulehnen.“

Kathrin Vossen ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kölner Kanzlei Oppenhoff & Partner; Foto: Oppenhoff & Partner Dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter einseitig zur Heimarbeit anweisen, ist rechtlich nicht möglich, soweit geht das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht. Das ist aber momentan auch nicht nötig, es herrscht ja kein Kriegszustand.

Auch umgekehrt haben Arbeitnehmer, die jetzt gerne im Homeoffice arbeiten würden, keinen gesetzlichen Anspruch darauf, richtig?

Ja, das stimmt. Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, so wie in den Niederlanden, existiert in Deutschland nicht.

Was raten Sie berufstätigen Eltern, die ihre Kinder wegen der geschlossenen Kitas und Schulen selbst betreuen müssen, aber nicht ins Homeoffice dürfen?

Auch hier hilft nur, miteinander zu reden und nach passgenauen Lösungen zu suchen. Denn die Arbeitgeber sind ja daran interessiert, dass der operative Betrieb aufrechterhalten wird und nicht zusammenbricht, weil sich der Großteil der Belegschaft freistellen lässt oder krankmeldet.

Können Arbeitgeber, deren Belegschaft aktuell im Homeoffice arbeitet, erwarten, dass dieselben Arbeitsergebnisse wie in normalen Zeiten erzielt werden?

An der Verpflichtung der Arbeitsleistung ändert sich durch die Verlagerung ins Homeoffice nichts, das Ganze ist für die Mitarbeiter kein Freibrief, sich zurückzulehnen. Aber auch hier rate ich, sich jeden Fall individuell anzusehen. Wer zu Hause nicht so effektiv arbeiten kann wie im Büro, weil er daheim beispielsweise Kinder betreut, kann vereinbaren, seine Arbeitszeit für einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren – allerdings sinkt dann auch die Vergütung.

Sie arbeiten gerade selbst im Homeoffice – auf Anweisung Ihres Arbeitgebers?

Nein, ich war vergangene Woche Skifahren in Österreich und habe mich freiwillig für 14 Tage ins Homeoffice begeben. Wir führen jeden Morgen eine Telefonkonferenz durch, um uns abzustimmen. Außerdem habe ich auch schon früher stunden- oder tageweise von zu Hause aus gearbeitet. Ich finde, in dieser aktuellen Ausnahmesituation ist es zumutbar, 14 Tage am Stück oder auch länger vom Homeoffice aus zu arbeiten.

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