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Energieintensive Branchen unter Preisdruck

Eine Reihe von Industriebranchen in Deutschland verliert angesichts der anhaltend hohen Energiepreise im internationalen Wettbewerb massiv an Boden. Die Folge ist ein seit Jahren schrumpfender Kapitalstock. Die Politik ist gefordert.

Kernaussagen in Kürze:
  • Nicht zuletzt infolge der hohen Energiekosten in Deutschland ist der Kapitalstock der energieintensiven Branchen hierzulande von 2000 bis 2021 um fast 20 Prozent geschrumpft.
  • In jüngster Zeit hat sich die globale Wettbewerbsposition der hiesigen energieintensiven Branchen nochmals verschlechtert.
  • Die Politik muss das Versprechen glaubwürdig einlösen, dass die Transformation zu wettbewerbsfähigen Preisen für klimafreundliche Energie gelingen werde. Dazu braucht es den Brückenstrompreis.
Zur detaillierten Fassung

Nach den Vorgaben der Bundesregierung soll Deutschland bis 2045 klimaneutral sein. Das bedeutet für die hiesige Industrie eine gewaltige Herausforderung – insbesondere für die energieintensiven Branchen Chemie, Glas/Keramik, Metallerzeugung und -verarbeitung sowie Papier. Um den vollständigen Umstieg auf eine CO2-neutrale Produktion zu schaffen, müssten die Unternehmen ihren Anlagenpark schneller denn je erneuern.

Von 2000 bis 2021 ist der Kapitalstock in den energieintensiven Branchen in Deutschland um fast 20 Prozent oder gut 71 Milliarden Euro geschrumpft.

Doch schon seit Längerem haben die energieintensiven Branchen mit im internationalen Vergleich hohen Energiekosten zu kämpfen. Angesichts des unter anderem durch staatliche Belastungen wie die Stromsteuer und die EEG-Umlage verursachten Wettbewerbsnachteils ließen sich viele Investitionen nicht wirtschaftlich finanzieren. Die Folge war ein deutlicher Substanzabbau (Grafik):

Von 2000 bis 2021 ist der Kapitalstock in den energieintensiven Branchen in Deutschland um fast 20 Prozent oder gut 71 Milliarden Euro geschrumpft.

Reale Veränderung des Bruttoanlagevermögens in Deutschland gegenüber Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In jüngster Zeit hat sich die globale Wettbewerbsposition der hiesigen energieintensiven Branchen nochmals merklich verschlechtert. Beispielsweise kostete Erdgas – auch wenn die Preisspitzen des Jahres 2022 überwunden sind – in Europa zuletzt immer noch mehr als viermal so viel wie in den USA. Und die Konditionen des Strombezugs sind für Industriekunden zum Beispiel in Frankreich deutlich günstiger als hierzulande.

Schlechte Stimmung, trübe Aussichten

Diese schwierigen Bedingungen haben dazu geführt, dass die energieintensiven Branchen ihre Produktion massiv reduziert oder dauerhaft eingestellt haben (siehe „Energieintensive Branchen in Deutschland geschwächt“). Laut aktueller Konjunkturumfrage des IW ist die Stimmung vor allem in den Grundstoffbranchen der Industrie anhaltend schlecht (siehe„Unternehmen rechnen mit schlechteren Geschäften“). Ein weiterer Rückgang des Bruttoanlagevermögens ist damit mehr als wahrscheinlich.

Politik ist gefordert

Sollen die energieintensiven Branchen in Deutschland eine Zukunft haben, muss die Politik das Versprechen glaubwürdig einlösen, dass die Transformation zu wettbewerbsfähigen Preisen für klimafreundliche Energie gelingen werde. Es kommt aber auch auf die Gestaltung des Übergangs an. Ohne einen Brückenstrompreis drohen jene Unternehmen verloren zu gehen, die der Staat eigentlich in eine klimaneutrale Zukunft begleiten will.

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