Bundeswettbewerb JUNIOR Lesezeit 4 Min.

Eingenetzt

Von der Idee bis zum funktionierenden Unternehmen: Ein Jahr lang haben sich Schüler in ganz Deutschland für ihre Schülerfirmen ins Zeug gelegt. Die besten trafen sich Mitte Juni zum Bundesfinale des JUNIOR Wettbewerbs in Berlin.

Kernaussagen in Kürze:
  • 15 Schülerfirmen kämpften in Berlin um den Sieg im Bundesfinale von JUNIOR.
  • Thematische Schwerpunkte der Schüler waren Nachhaltigkeit und Wiederverwertung sowie Regionalität.
  • Den Sieg sicherte sich "meehr" aus Schleswig-Holstein. Mit Obst- und Brotbeuteln aus alten Fischernetzen bietet das Team aus Rendsburg eine Alternative zur Plastiktüte an.
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Die Hände hält sie ineinander verschränkt vor dem Körper, in ihrem Blick liegt eine Mischung aus Entschlossenheit und Nervosität. Anna Hansen steht am Stand ihrer Schülerfirma „meehr“, flankiert von vier Mitstreitern. Alle tragen hellblaue Hemden, auf der linken Brust prangt das Firmenlogo auf einem bierdeckelgroßen Button aus Holz. Gemeinsam stellen sich die fünf Jugendlichen den Fragen der Jury des Bundeswettbewerbs JUNIOR.

Anna Hansen und vier Mitstreiter am Stand ihrer Schülerfirma „meehr“; Foto: Michael Heck Neben „meehr“ haben 14 weitere Jungunternehmer-Teams ihre Stände im Eichensaal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgebaut. Sie alle haben ihre Landesentscheide gewonnen, sie alle wollen auch auf Bundesebene ganz vorn dabei sein.

Michael Früchtenich reicht der Jury das Obst- und Gemüsenetz „Helene“, damit sie es näher begutachten, fühlen können. Gemeinsam mit Anna Hansen erzählt er die Geschichte, die hinter „meehr“ steckt.

Die insgesamt zwölf Schüler vom Helene-Lange-Gymnasium aus Rendsburg in Schleswig-Holstein haben von Natur aus einen besonderen Bezug zum Wasser. Die zunehmende Verschmutzung der Meere und Ozeane bewegt die Jugendlichen, macht sie wütend. Aber was lässt sich dagegen tun? Die Antwort finden sie im kleinen Örtchen Rade. Der Nachbar einer Schülerin ist Fischer und er berichtet von den vielen Netzen, die als Müll in Nord- und Ostsee schwimmen.

Die Jugendlichen beschließen, die alten Netze aus dem Meer zu holen, um daraus Brot- und Obstbeutel zu nähen. Weniger alte Fischernetze im Wasser, weniger Plastikverbrauch in den Supermärkten. Zwei Fliegen, eine Klappe.

Von der Idee bis zur eigenen Firma

Mit der Idee allein ist es nicht getan. Im vergangenen Schuljahr haben die Jugendlichen daher eine Firmenstruktur erarbeitet, sich um die Anschubfinanzierung gekümmert, ihre Produktion gestartet und stetig verbessert sowie die Beutel vermarktet.

Nach sieben Minuten ist das Interview beendet. Die Jury begibt sich zum nächsten Stand. Die erste Anspannung löst sich bei „meehr“. Doch der Adrenalinspiegel schießt wenige Stunden später wieder in die Höhe, denn dann steht die Präsentation auf dem Programm.

Jede Schülerfirma muss das eigene Unternehmen auf der Bühne in der imposanten Aula des BMWi vor Konkurrenz und Jury in gerade einmal fünf Minuten kreativ und anschaulich vorstellen. Dort, wo am Morgen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu den Schülern gesprochen hat und sie eine Videobotschaft von Kanzlerin Angela Merkel gesehen haben.

Viele Schülerfirmen haben sich in diesem Jahr mit Nachhaltigkeit und Wiederverwertung beschäftigt. Regionalität war ein weiterer thematischer Schwerpunkt.

In die Abschlussbewertung fließen außerdem die Qualität des Geschäftsberichts, der selbst gestaltete Stand sowie die generelle Produktidee ein.

Die Schülerfirma meehr konnte sich gegen die Konkurrenten aus ganz Deutschland durchsetzen; Foto: Michael Heck Was auffällt: Viele Schülerfirmen haben sich mit den Themen Nachhaltigkeit und Wiederverwertung beschäftigt. „Düsselcycle“ aus Düsseldorf baut Lampen und Uhren aus alten Fahrradteilen, „Kanguroll“ aus dem Saarland funktioniert gebrauchte Lkw-Planen zu Taschen und Trolleys um, „treasuremap“ aus Berlin fertigt aus veralteten Schullandkarten Federmäppchen und Turnbeutel.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf regionalen Produkten: So hat „REGames“ aus Hessen ein Brettspiel mit Lokalbezug entwickelt, „DubbeKlamodde“ verkauft Sweatshirts und T-Shirts mit pfälzischem Touch und „eulenguide“ bringt Besuchern ihre Heimatstadt Peine mit einem digitalen Stadtführer näher.

Die Ideen kommen gut an, das unterstreichen die vielen Kooperationen, die die Schülerfirmen in den vergangenen zwölf Monaten schließen konnten. Vertreter aus der Politik, den Stadtverwaltungen sowie Unternehmen aus der jeweiligen Region unterstützen die Jugendlichen, weil sie das Potenzial des Produkts erkannt haben.

Den Jungunternehmen selbst steht die Begeisterung für ihr Produkt ins Gesicht geschrieben, aber auch die allgemeine Nervosität ist im Eichensaal spürbar.

Schülerfirmen zeigen kreative Präsentationen

Für die ersten sieben Schülerfirmen geht es direkt nach dem Rundgang der Juroren auf der Bühne weiter. Die jüngsten Teilnehmer eröffnen. Das Team „Arbeit-SPASS-erfolG“ aus Kamenz in Sachsen besteht aus Schülerinnen der Klassen fünf bis acht. Der Auftritt der Mädchen samt Musikeinlage beeindruckt die deutlich älteren Kontrahenten.

Andere Teams nutzen Videobeiträge oder Rollenspiele, um ihre Geschäftsidee vorzustellen. „meehr“ setzt auf eindringliche Bilder von vermüllten Stränden und schwimmenden Plastikteppichen. „Im Jahr 2050 wird es voraussichtlich dreimal so viel Plastik in den Ozeanen geben wie Fische“, sagt Anna Hansen. Ihr Team möchte ein Bewusstsein für die Umwelt schaffen und die Welt mit ihren Beuteln aus alten Fischernetzen ein Stückchen besser machen.

Nach zwei vergebenen Sonderpreisen betritt IW-Direktor Michael Hüther die Bühne, um die Sieger zu küren. Die Spannung im Saal entlädt sich das erste Mal, als „eulenguide“ mit Platz drei ausgezeichnet wird. Eine Stufe höher auf dem Podest landet „DubbeKlamodde“.

Als Hüther den Sieger verkündet, reißt Michael Früchtenich beide Fäuste in die Luft. „meehr“ hat sich gegen die starke Konkurrenz durchgesetzt. Die Schüler fallen sich in die Arme, einer hält ungläubig beide Hände vor das Gesicht.

„Wir sind überzeugt von dem, was wir tun“, sagt Anna Hansen bei der Siegerehrung. „Schön, dass das auch bei anderen ankommt.“

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