Digitalisierungsberufe Lesezeit 4 Min.

Die Zukunft der Wirtschaft ist digital

Umweltschonend und effizient soll die Wirtschaft künftig in Deutschland und Europa sein. Ein Ausbau der Digitalisierung ist dazu unerlässlich. Die Unternehmen sehen den Bedarf, allerdings fehlt es ihnen oft an geeignetem Personal. Und die Fachkräftelücke in den Digitalberufen wird größer.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Digitalisierung wird die Wirtschaft in Zukunft noch stärker prägen. Prominentes Beispiel ist der Stromsektor mit der Umstellung auf erneuerbare Energien.
  • Vielen Unternehmen fehlt es aber an digitalem Know-how und entsprechend qualifizierten Fachkräften. Groß ist der Mangel in der Berufsgruppe Energie, Wasserversorgung, Entsorgung.
  • Entsprechend kritisch ist die Fachkräftelücke einzuschätzen, trotz eines Rückgangs während der Coronapandemie zeigt der langjährige Trend deutlich nach oben. Es muss daher dringend gegengesteuert werden.
Zur detaillierten Fassung

Die EU und damit auch Deutschland arbeiten daran, ihre Wirtschaft von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umzustellen. Dekarbonisierung lautet das Stichwort. So will Europa zum einen das Klima schützen und zum anderen die eigene Industrie unabhängig von Öl- und Gasimporten machen.

Der Wandel erfordert eine stärkere digitale Vernetzung verschiedener Sektoren, denn der Strom wird dann nicht mehr leicht steuerbar in Kraftwerken produziert, sondern dezentral und abhängig von den äußeren Bedingungen. Da die Netze aber keine Speicherkapazität besitzen, braucht es eine gezielte Einspeisung. Die Koordination dieser zunehmend komplexen Aufgabe übernehmen digitale Informations- und Kommunikationstechnologien.

Aber auch jenseits des Stromsektors wird die Digitalisierung die Wirtschaft beeinflussen, etwa durch die smarte und teilweise automatisierte Steuerung von Logistik- und Materialströmen.

Ein weiterer Faktor, der bisher noch nicht so stark im Fokus der Firmen steht, ist die Ressourceneffizienz. Eine Befragung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Jahr 2020 hat ergeben, dass die Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad erfolgreicher darin sind, Material zu sparen.

Digital-Fachkräfte und IT-Experten fehlen

So weit, so gut. Doch in mehr als jedem zweiten Industrieunternehmen mangelt es an digitalem Know-how. Die unternehmensnahen Dienstleister sind besser aufgestellt, aber auch hier fehlen in 38 Prozent der Fälle Expertise und Fachpersonal. Die Botschaft ist klar: Deutschland braucht mehr Digital-Fachkräfte und IT-Experten.

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland in den Digitalisierungsberufen gut 97.000 offene Stellen ohne passend qualifizierte Arbeitslose.

Den größten Bedarf in den kommenden fünf Jahren – ausgehend vom Befragungszeitpunkt 2020 –, um klimafreundliche Technologien und Produkte zu entwickeln, sieht die Berufsgruppe Energie, Wasserversorgung, Entsorgung. Fast sechs von zehn Unternehmen benötigen hier mehr IT-Experten. Es folgen die unternehmensnahen Dienstleister mit knapp 40 Prozent. Mehr als jeder dritte Betrieb in Maschinenbau, Elektroindustrie und Fahrzeugbau braucht ebenfalls zusätzliches hochqualifiziertes IT-Personal.

Insgesamt steigt in rund 40 Prozent der Unternehmen der Bedarf an Experten für digitale Themen leicht oder sogar stark. Gefragt sind etwa Programmierer, KI-Experten oder Data-Analysten.

In der Breite erwarten die Betriebe allerdings einen stärkeren Bedarf an Mitarbeitern mit digitalen Anwender- und Grundkenntnissen (Grafik):

Mehr als jedes zweite Unternehmen in Deutschland gibt an, bis 2025 mehr Beschäftigte mit digitalen Anwenderkenntnissen zu benötigen.

So viel Prozent der Unternehmen erwarteten im Jahr 2020, dass sich ihr Bedarf an digitalen Fachkräften in den nächsten fünf Jahren so entwickeln wird Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auffällig sind dabei die deutlichen Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößen. So sehen lediglich 19 Prozent der Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern für sich einen stark steigenden Bedarf, bei Betrieben mit mehr als 250 Mitarbeitern sind es dagegen 39 Prozent.

Ob die kleineren Betriebe das Potenzial der Digitalisierung verkennen oder es ihnen einfach an Zeit und/oder Geld dafür mangelt, ist eine Frage für weitere Forschung.

Fest steht, dass es für die Dekarbonisierung digitale Fachkräfte braucht. Dies sind aber nicht nur die klassischen IT-Fachkräfte. So zählen auch Berufe, die neue Schlüsseltechnologien herstellen, zu den Digitalisierungsberufen. Ebenso gilt dies für viele Produktionsberufe im Verarbeitenden Gewerbe, die für die Automatisierung in der Industrie wichtig sind. Dienstleistungsberufe können ebenfalls in die Kategorie Digitalisierungsberufe fallen.

Eine Berufsgruppe sticht dabei hervor:

In der Informations- und Kommunikationstechnologie arbeiten mehr als 45 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in einem Digitalisierungsberuf.

In der Elektrotechnik und dem Maschinenbau geht jeder Vierte einer entsprechenden Tätigkeit nach. In anderen Berufsgruppen ist ebenso ein relevanter Teil der Belegschaften in Digitalisierungsberufen tätig.

Entsprechend kritisch ist die Fachkräftelücke in diesem Bereich einzuschätzen (Grafik):

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland in den Digitalisierungsberufen gut 97.000 offene Stellen ohne passend qualifizierte Arbeitslose.

Zahl der offenen Stellen in Digitalisierungsberufen in Deutschland ohne passend qualifizierte Arbeitslose Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen Trotz eines Rückgangs während der Coronapandemie zeigt der langjährige Trend deutlich nach oben.

In den Schulen ansetzen

Angesichts des wachsenden Bedarfs an IT-Fachkräften und IT-Experten und der immer größeren Fachkräftelücke gilt es dringend gegenzusteuern.

Zum einen muss das in den Schulen geschehen. Sie brauchen zunächst die passende Hardware und vor allem Internetzugang. Im Jahr 2018 hatten nur 26 Prozent der Achtklässler in Deutschland WLAN an ihrer Schule, in Dänemark lag die Quote damals schon bei 100 Prozent.

Auch die Lehrkräfte sollten ihre digitalen Kompetenzen durch Fortbildungen verbessern. Zudem müssen digitale Inhalte den Weg in die Lehrpläne finden – verbunden mit einem Feedbackmechanismus, um die Pläne an den Lernalltag anpassen zu können.

Mehr Mädchen für MINT-Berufe zu begeistern und die Digitalisierung der Berufsausbildung zu verbessern, sind weitere Aufgaben für das Bildungssystem.

Darüber hinaus sollte der Staat verstärkt Hürden für ausländische IT-Fachkräfte und -Experten abbauen, um den Arbeitsort Deutschland für sie attraktiver zu machen.

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