Städteranking 2021: Die kleinen Städte holen auf
Corona hat nicht nur das Leben jedes Einzelnen auf den Kopf gestellt, das Virus verändert auch die deutschen Städte. Im Städteranking 2021 verlieren die großen Metropolen an Attraktivität – und schon abgeschriebene Regionen feiern ein Comeback.
- Die Sieger des Städterankings 2021 sind dieses Jahr die kleineren und mittleren der insgesamt 71 untersuchten deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern
- München, Köln, Berlin und Hamburg dagegen haben sich im Niveau- und Dynamikranking dieses Jahr nicht weiterentwickelt.
- Zahlreiche kleinere Großstädte zeigen eine deutlich bessere Entwicklung als ihre unmittelbar benachbarten größeren Schwestern.
Auf den ersten Blick sieht das Städteranking 2021 fast so aus wie immer: München landet mal wieder auf Platz 1 im Niveauranking, Berlin schafft es erneut als eine der dynamischsten Städte aufs Siegertreppchen und Wolfsburg zählte auch im vergangenen Jahr zu den fünf nachhaltigsten Städten in Deutschland. Also alles wie gehabt?
Viele Einwohner kleinerer Großstädte haben während der Corona-Krise die Vorzüge ihres Wohnorts schätzen gelernt: schnell erreichbare Grünflächen, eine weniger überlastete Infrastruktur, attraktive Arbeitsmöglichkeiten und ausreichend Wohnraum.
Mitnichten. Denn die wahren Sieger des Städterankings, das die IW Consult seit mehr als zehn Jahren im Auftrag von ImmoScout24 und der Wirtschaftswoche erstellt, sind dieses Jahr die kleineren und mittleren der insgesamt 71 untersuchten deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die großen Metropolen – also München, Köln, Berlin und Hamburg – haben sich im Niveau- und Dynamikranking dieses Jahr dagegen nicht weiterentwickelt.
München belegt zwar wieder Platz 1 im Niveauranking, doch im Dynamikranking erreicht die bayerische Landeshauptstadt nur noch Platz 10 – im Vorjahr rangierte München auch hier an der Spitze. Ähnlich verhält es sich mit Berlin (Grafik):
Die Hauptstadt erklimmt zwar im Dynamikranking vor allem wegen der positiven Entwicklung auf dem Immobilien- und Arbeitsmarkt den ersten Platz, doch im Niveauranking erreicht sie nur Rang 41.
Warum aber konnten sich die großen Großstädte nur partiell verbessern? Das liegt zum einen daran, dass sie ohnehin in vielen Bereichen die vorderen Plätze belegen. Weitere Verbesserungen sind so schwieriger zu bewerkstelligen, als wenn eine Stadt noch zahlreiche ungenutzte Potenziale bietet. Zum anderen hat das Corona-Jahr viele Metropolen gebeutelt. Die meisten sehen sich erstmalig mit der Tatsache konfrontiert, Einwohner zu verlieren. Von den sieben Metropolen ist dies zwischen 2019 und 2020 Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Berlin passiert. Insgesamt verloren diese Städte etwa 7.000 Einwohner. Das klingt erst mal nicht nach viel, aber seit 2012 hatten allein Berlin und München zusammen mehr als 500.000 Stadtbewohner hinzugewonnen. Von daher ist selbst ein kleines Minus in der Bevölkerungsbilanz bemerkenswert.
In den Metropolen sank die Steuerkraft besonders stark
Eine weitere Corona-Folge ist die gesunkene Steuerkraft der Gemeinden. Verglichen mit 2019 – also dem Jahr vor der Pandemie – ist die kommunale Steuerkraft je Einwohner um 37 Euro gesunken, in den 71 untersuchten Großstädten dagegen um 61 Euro. Die Metropolen wiederum verzeichneten sogar einen Rückgang von 107 Euro je Einwohner, sodass notwendige Investitionen in den Wirtschaftsstandort und in die Lebensqualität schwieriger werden.
Andererseits haben viele Einwohner kleinerer Großstädte während der Corona-Krise die Vorzüge ihres Wohnorts schätzen gelernt: schnell erreichbare Grünflächen, eine weniger überlastete Infrastruktur, attraktive Arbeitsmöglichkeiten und ausreichend Wohnraum. So zeigen zahlreiche kleinere Großstädte eine deutlich bessere Entwicklung als ihre unmittelbar benachbarten größeren Schwestern. Heilbronn etwa punktet (im Dynamikranking auf Platz 2) deutlich besser als Stuttgart, was unter anderem an dem hohen Zuwachs an wissensintensiven Dienstleistungen und deutlichen Produktivitätssteigerungen der Unternehmen liegt.
Auch Darmstadt kann gegenüber Frankfurt in einigen Bereichen zulegen. Dank positiver wirtschaftlicher Entwicklungen – in Darmstadt konnten die Unternehmen ihre Produktivität deutlich stärker steigern als in Frankfurt und die gemeindliche Steuerkraft stieg in Darmstadt ebenfalls stärker – konnte sich die Wissenschaftsstadt im Dynamikranking um sieben Plätze auf Rang 16 verbessern, während Frankfurt 23 Plätze einbüßte und nun nur noch auf Rang 28 kommt.
Dortmund ist der Ruhrgebietsgewinner
Viele Gewinnerstädte des diesjährigen Städterankings liegen überdies in Regionen, die man jahrzehntelang mehr oder weniger abgeschrieben hatte: im Ruhrgebiet oder im Osten. So zählt Dortmund nun zu den fünf dynamischsten Städten Deutschlands. Ursache dafür sind unter anderem eine sinkende Arbeitslosenquote, die vermehrte Beschäftigung Älterer, mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige und ein satter Rückgang der Straftaten (minus 27 Prozent). Auch Bottrop hat sich im Dynamikranking dank seiner guten wirtschaftlichen Entwicklung und einem Gewinn an Lebensqualität um 18 Plätze verbessert und liegt nun auf Rang 46.
In Ostdeutschland konnten sich neben Berlin vor allem Potsdam sowie Halle an der Saale, Leipzig und Dresden verbessern. Auch Magdeburg punktet und schiebt sich im Niveauranking um acht Plätze nach vorne auf Rang 54.
Mit Jena hat es auch eine ostdeutsche Stadt unter die Top Ten im Nachhaltigkeitsranking geschafft. Das liegt am guten Abschneiden in den Teilbereichen Ökonomie und Soziales, aber auch an einem ökologischen Indikator (Grafik):
Jena weist die viertbeste Luftqualität unter den deutschen Städten auf, sauberer ist sie nur noch in Erfurt, Salzgitter und Kaiserslautern.
Da der Verkehrssektor in Städten die Hauptursache und -quelle für Feinstaub ist, überprüft das Nachhaltigkeitsranking auch die Dichte der Elektrotankstellen sowie die Fahrradfreundlichkeit. Auf die meisten E-Säulen kommt Wolfsburg mit 65 Ladepunkten je 10.000 Einwohner. Die besten Bedingungen für Velofahrer gibt es laut ADFC in Karlsruhe, Münster und Erlangen.