Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Interview Lesezeit 2 Min.

„Die Altersvorsorge ist ein kostenloser Nebeneffekt“

Rein rechnerisch stehen die Signale für Wohneigentum nach wie vor auf Grün. Worauf Immobilienkäufer aber noch achten sollten und weshalb die Große Koalition mit dem geplanten Baukindergeld danebengreift, erklärt der IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer im Interview mit dem iwd.

Kernaussagen in Kürze:
  • Rein rechnerisch ist es trotz steigender Preise derzeit immer noch günstiger, eine Wohnung zu kaufen, als sie zu mieten – die persönlichen Umstände dürfen bei der Entscheidung aber nicht ausgeblendet werden, sagt IW-Experte Michael Voigtländer.
  • In puncto Altersvorsorge sei vor allem das mietfreie Wohnen relevant, auf Wertsteigerungen sollten Käufer wegen des demografischen Wandels nicht in jedem Fall vertrauen.
  • Der Erwerb von Wohneigentum scheitert heute häufig am Eigenkapital: Ein Baukindergeld setzt laut Voigtländer jedoch die falschen Anreize.
Zur detaillierten Fassung

Herr Voigtländer, warum kommen Menschen, die in den eigenen vier Wänden wohnen wollen, trotz explodierender Preise noch immer günstiger weg als Mieter?

Der günstigste Zeitpunkt zum Kaufen ist vielleicht vorbei, aber im Vergleich zum Mieten ist es immer noch attraktiver. Das liegt einfach daran, dass über die vergangenen Jahre die Zinsen stärker gefallen, als die Preise gestiegen sind. Dennoch muss man natürlich jeden Kauf genau prüfen. Gerade in der jetzigen Boomphase werden auch Objekte inseriert, die aufgrund ihrer Qualität ansonsten nie verkäuflich wären. Und wer damit rechnen muss, kurzfristig wieder umzuziehen, sollte aufgrund der hohen Erwerbsnebenkosten besser auf Mietwohnungen setzen.

Ein Hauskauf dient auch der Vermögensbildung oder Altersvorsorge. Können sich Wohneigentümer darauf verlassen, über den Verkauf ihres Häuschens die Wohnung im Seniorenstift zu finanzieren oder ihren Kindern etwas zu vererben?

Michael Voigtländer ist Experte für Immobilien und den Wohnungsmarkt im Institut der deutschen Wirtschaft; Foto: IW Medien/Daniel Roth Das Faszinierende an der aktuellen Lage ist, dass die Haushalte Zins, Tilgung und Instandsetzung leisten können, ohne dass sie stärker belastet sind als Mieter. Damit ist die Altersvorsorge quasi ein kostenloser Nebeneffekt, weil man im Rentenalter – wenn die Immobilie bezahlt ist – mietfrei leben kann.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Immobilie in 30 Jahren auch wirklich viel wert sein wird. In einigen Regionen Deutschlands, die demografisch stark belastet sind, wird es eventuell nur mit starken Preisnachlässen möglich sein, eine Immobilie zu verkaufen. Über diese Perspektiven sollte sich jeder Hauskäufer und Hausbauer im Klaren sein.

Das Wohnen im eigenen Häuschen schneidet im Vergleich zur Miete umso besser ab, je mehr Zeit für das Abzahlen des Kredits zur Verfügung steht. Ist das geplante Baukindergeld eine gute Idee, um jungen Familien unter die Arme zu greifen?

Nein, denn es setzt falsche Anreize. Die maximale Förderung bekommt nur, wer die Familienplanung bereits abgeschlossen hat. Zudem ist das Baukindergeld viel zu teuer. Unsere Berechnungen zeigen, dass Wohneigentum auch ohne hohe Subventionen attraktiv ist.

Das Baukindergeld setzt die falschen Anreize und ist viel zu teuer.

Für Otto Normalverbraucher sind Wohnungen in einer Großstadt kaum noch erschwinglich. Setzt die Groko auf die richtigen Gegenmaßnahmen?

Die größten Probleme sind zu wenig Eigenkapital und zu hohe Erwerbsnebenkosten. Kaum ein Haushalt hat jene 30 Prozent des Kaufpreises gespart, die man für Grunderwerbsteuer, Notar, Makler und das von den Banken geforderte Eigenkapital in etwa braucht. Hier muss man ansetzen.

Die Niederlande und Frankreich haben gute Erfahrungen mit Bürgschaften gemacht, denn die können den Eigenkapitalbedarf deutlich senken. Solange gleichzeitig Mindesttilgungen und langfristige Zinsen vereinbart werden, ist dies auch für den Staat kein großes Risiko.

Bei der Grunderwerbsteuer wäre den Haushalten schon geholfen, wenn sie die Steuerzahlung über mehrere Jahre strecken könnten. Noch besser wäre es aber, den Steuertarif anzupassen: In Großbritannien etwa gibt es wie in der Einkommensteuer einen Freibetrag und steigende Steuersätze. Dann werden Käufer von kleinen Wohnungen entlastet, Käufer von Luxusobjekten und Villen dagegen stärker besteuert.

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