Der (lange) Weg zu Kita und Grundschule
Wenn Kindergärten und Grundschulen in der Nähe sind, macht dies Wohnorte für Familien attraktiver. Kurze Entfernungen können zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Das IW hat für alle Gemeinden, Kreise und Bundesländer ermittelt, wie viel Zeit der Weg zur nächsten Bildungsstätte in Anspruch nimmt.
- In Durchschnitt erreichen in Deutschland 95 Prozent der Kinder unter zehn Jahren die nächstgelegene Grundschule nach weniger als sieben Minuten im Auto, für Kitas liegt der Schnitt bei knapp fünf Minuten.
- Die weitesten Wege müssen Kinder in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zurücklegen.
- Schnell geht die Anfahrt zu Kita und Grundschule vor allem in Städten im Westen und Süden der Bundesrepublik.
Schulen, Kitas, Sportstätten oder der öffentliche Personennahverkehr – mit der kommunalen Versorgung in Deutschland ist mehr als jeder Dritte unzufrieden. Das geht aus der IW-Personenbefragung vom Frühjahr 2023 hervor. Die Einschätzungen verschlechtern sich zudem, je weiter die Wege zu den Bildungsstätten für die Kinder sind. Angesichts dessen ist die Entwicklung des Bestands an Grundschulen bedenklich:
Im Schuljahr 2020/2021 gab es deutschlandweit 843 Grundschulen weniger als zehn Jahre zuvor.
Da innerhalb dieses Zeitraums die Zahl der Schüler leicht gestiegen ist, muss aktuell jede Grundschule im Schnitt zehn Kinder mehr unterrichten als früher. Dabei ist ein klares Ost-West-Gefälle zu erkennen. Während die Grundschulen im Westen im Schnitt um fünf Kinder gewachsen sind, kamen im Osten durchschnittlich 29 Kinder je Schule hinzu.
Kindertagesstätten gibt es dagegen mehr als früher, seit 2010 betrug das Plus 15 Prozent. Insgesamt betreuen in Deutschland etwa 56.200 Einrichtungen die Kleinsten. Allerdings ist das Angebot weiterhin unzureichend. In Bremen, Rheinland-Pfalz und Hessen übersteigt die Nachfrage die verfügbaren Kitaplätze derzeit um etwa 15 Prozent.
In Durchschnitt erreichen 95 Prozent der Kinder unter zehn Jahren die nächstgelegene Grundschule nach weniger als sieben Minuten im Auto.
Da der Zugang zu Kita und Grundschule für Familien enorm wichtig ist und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark beeinflussen kann, hat das Institut der deutschen Wirtschaft untersucht, wie gut beide Institutionen für die Menschen in Deutschland zu erreichen sind. Um eine Vergleichbarkeit zwischen städtischen und ländlichen Regionen zu schaffen, haben die Forscher alle Entfernungen als Fahrzeiten mit dem Auto angegeben – unabhängig davon, wie die Kinder tatsächlich zu den Einrichtungen kommen. Ein Ergebnis:
In Durchschnitt erreichen 95 Prozent der Kinder unter zehn Jahren die nächstgelegene Grundschule nach weniger als sieben Minuten im Auto.
Auf Länderebene gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Hier schneidet der Osten der Bundesrepublik schlechter ab als der Westen. So sitzen Kinder in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im Schnitt rund elf Minuten im Auto, bis sie an der nächsten Grundschule sind. Besonders nah sind die Bildungseinrichtungen für Kinder in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen (je 4,3 Minuten) und Berlin (3,6 Minuten).
Die IW-Forscher haben die Wegstrecken aber nicht nur auf Länderebene, sondern auch auf Kreis- und Gemeindeebene berechnet (Grafik):
Sechs der zehn durchschnittlich weitesten Wege zur Grundschule eines Kreises liegen in Brandenburg.
Beim Blick auf einzelne Gemeinden fallen vor allem Orte in Mecklenburg-Vorpommern auf.
Am anderen Ende des Rankings finden sich vornehmlich Städte aus dem Westen und Süden Deutschlands wie Duisburg, Koblenz oder München. Spitzenreiter ist allerdings Berlin und auch die sächsische Metropole Leipzig schneidet sehr gut ab – mit 3,8 Minuten Fahrzeit zur nächstgelegenen Grundschule.
Beim Blick auf die Wegstrecken zur Kita ergibt sich ein ähnliches Bild. Auch hier ist die Anbindung in den ostdeutschen Flächenländern schlechter als im Rest des Landes (Grafik):
In Mecklenburg-Vorpommern brauchen die Eltern im Schnitt acht Minuten, um ihr Kind mit dem Auto zur Kita zu bringen.
In Brandenburg sind es 6,2 Minuten, der Bundesschnitt liegt bei 4,7 Minuten. Erneut punkten die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin mit kurzen Wegen.
Auf Kreisebene sind neben Regionen im Osten auch Kitas in Teilen Niederbayerns und der Oberpfalz schwer erreichbar.
Unterm Strich zeigen die IW-Daten deutlich, wo die Wege zu Bildungsstätten für Kinder vergleichsweise lang und aufwendig sind. Die schnelle Erreichbarkeit an anderen Orten – wie etwa in Bremen – relativiert sich dagegen teilweise durch die fehlenden Angebote an Bildungseinrichtungen für alle Kinder.