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Ganztagsbetreuung: Es gibt viel zu tun

Ob ein Grundschulkind nachmittags Unterricht hat, in einem Hort betreut wird oder zu Hause seine Hausaufgaben macht, hängt stark davon ab, wo es zur Schule geht. Auch in puncto Gebührenerhebung unterscheiden sich die Bundesländer deutlich.

Kernaussagen in Kürze:
  • Ab dem Schuljahr 2026/27 haben Kinder, die dann eingeschult werden, einen bundesweiten Rechtsanspruch auf wochentäglich acht Stunden Unterricht und Betreuung.
  • Doch bislang können längst nicht alle Bundesländer diesen Anspruch erfüllen: Die Ganztagsschule für Grundschüler ist momentan nur in Hamburg der Normalfall.
  • Höchst unterschiedlich ist auch die Gebührenerhebung geregelt. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise sind alle Angebote kostenlos, in NRW dagegen werden teils substanzielle Elternbeiträge erhoben.
Zur detaillierten Fassung

Was in anderen Ländern wie den USA, dem Vereinigten Königreich oder Frankreich traditionell existiert, ist in Deutschland immer noch in weiter Ferne: der ganztägig organisierte Schulbesuch. Doch immerhin soll es ab dem Schuljahr 2026/27 für Kinder, die dann eingeschult werden, einen bundesweiten Rechtsanspruch auf wochentäglich acht Stunden Unterricht und Betreuung geben, der dann innerhalb von vier Jahren für die Klassenstufen eins bis vier gilt.

Die östlichen Bundesländer weisen hohe Betreuungsquoten auf, denn die in der DDR-Zeit etablierten Hortsysteme wurden nie vollständig aufgegeben. Dagegen mussten die westdeutschen Länder mit der Einrichtung von Betreuungsinfrastrukturen bei null beginnen.

Wie weit sind die einzelnen Bundesländer derzeit vom Grundschulganztag noch entfernt? Bundesweit schafft es lediglich der Stadtstaat Hamburg, fast alle seine Grundschüler ganztägig zu beschulen und zu betreuen (Grafik):

In Hamburg besuchten im Schuljahr 2020/21 rund 99 Prozent der Grundschülerinnen und Grundschüler eine Ganztagsschule oder einen Hort, in Schleswig-Holstein nur 33 Prozent.

So viel Prozent der Grundschüler in Deutschland besuchten im Schuljahr 2020/21 eine Ganztagsschule oder einen Hort Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch die östlichen Bundesländer weisen hohe Betreuungsquoten auf, denn die in der DDR-Zeit etablierten Hortsysteme wurden zwar nach der Wiedervereinigung stark zurückgebaut, aber nie vollständig aufgegeben. Dagegen mussten die westdeutschen Länder mit der Einrichtung von Betreuungsinfrastrukturen bei null beginnen.

In manchen Bundesländern ist die Betreuung kostenlos

Doch nicht nur hinsichtlich der Ganztagskapazitäten für Grundschüler unterscheiden sich die Bundesländer enorm, auch die Elternbeiträge variieren. So gibt es Länder, in denen die Nachmittagsbetreuung kostenlos ist, in Berlin sogar das Mittagessen, während andere substanzielle Gebühren verlangen.

Das IW hat einen Überblick für die einzelnen Bundesländer erstellt, der die unterschiedlichen Ganztagsangebote sowie die Elternbeiträge in den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern vergleicht. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse:

Hamburg ist vielen anderen Ländern weit voraus: Seit 2012 ist der Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder gesetzlich verankert – und zwar für einen außergewöhnlich langen Zeitraum: von 6 Uhr bis 18 Uhr. Die Betreuungszeit zwischen 8 und 16 Uhr ist kostenlos, in den Randzeiten und während der Ferien ist die Betreuung für Eltern kostenpflichtig. Allerdings wird die Randzeitenbetreuung nur von wenigen Familien in Anspruch genommen: Im Schuljahr 2020/21 besuchten lediglich 6 Prozent der Hamburger Grundschüler vor 8 Uhr beziehungsweise nach 16 Uhr eine Betreuungseinrichtung.

Auch in Thüringen besteht bereits ein Anspruch auf Betreuung: Er umfasst zehn Schulhortstunden an fünf Tagen in der Woche, wobei die Unterrichtszeiten mitzählen. Die Elternbeiträge für Schulhorte in den beiden Großstädten Erfurt und Jena liegen bei monatlich maximal 90 respektive 92 Euro.

In Berlin, wo es offene und gebundene Ganztagsschulen gibt, sind die Betreuungsangebote für Grundschulkinder in den ersten beiden Jahrgangsstufen kostenlos; bis einschließlich der sechsten Klasse wird außerdem für alle Schülerinnen und Schüler ein kostenfreies Mittagessen angeboten. Ab der dritten Klasse gilt ein Beitragssystem, das verschiedene Zeitkontingente ermöglicht und nach den steuerpflichtigen Bruttoeinkommen der Eltern gestaffelt ist.

Auch in Brandenburg existiert bereits ein Rechtsanspruch auf Betreuung, der sich auf vier Stunden am Tag in einem Hort bezieht. Rechnet man den regulären Schulunterricht dazu, ergibt sich so eine Gesamtbetreuungszeit von acht Stunden. Die Elternbeiträge für die Hortbetreuung werden von den Trägern selbst festgelegt und erhoben, müssen aber nach der Betreuungszeit und dem Nettoeinkommen der Eltern gestaffelt sein.

Für Grundschulkinder in Mecklenburg-Vorpommern gibt es zwar keinen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, doch seit 2020 sind alle Betreuungseinrichtungen grundsätzlich kostenlos, auch die Horte.

Die im Saarland häufigste Form der Grundschülerbetreuung ist die freiwillige Ganztagsschule, die eine Halbtagsschule mit freiwillig wählbaren Nachmittagsangeboten entweder bis 15 Uhr oder bis 17 Uhr kombiniert. Die Elternbeiträge für die kurze Variante belaufen sich auf 30 Euro im Monat, die lange Variante kostet 60 Euro monatlich.

Hessen bietet eine große Bandbreite an Betreuungs- und Beitragssystemen. Der Besuch der Nachmittagsbetreuung der drei verschiedenen Varianten der Ganztagsschule ist grundsätzlich kostenlos. Für Hortplätze, die erweiterte schulische Betreuung durch freie Träger sowie die Betreuung im Rahmen des „Pakts für den Nachmittag“ werden Elternbeiträge erhoben.

Der Besuch einer Ganztagsschule in Niedersachsen ist mit Ausnahme der Mittagsverpflegung kostenfrei, Hortplätze sind kostenpflichtig.

In Nordrhein-Westfalen gibt es für Grundschüler fast nur eine Einrichtungsart: die offene Ganztagsschule. Sie soll an allen Schultagen Angebote von 8 bis 16 Uhr machen, wobei in der Regel morgens der Unterricht und nachmittags die ergänzende Betreuung stattfindet. Elternbeiträge sind landesweit derzeit mit 215 Euro im Monat begrenzt, zudem ist eine Staffelung nach Einkommen vorgesehen. Gleichwohl gehen die Städte bei der Gebührenerhebung unterschiedlich vor, etwa in Bezug auf weitere Kinder, die eine Kita oder Kindertagespflege besuchen, oder hinsichtlich des Betreuungsumfangs (Grafik):

In Bonn kostete Eltern, die ein Bruttojahreseinkommen von 50.000 Euro haben, ein Platz in der offenen Ganztagsschule zuletzt 142 Euro im Monat, in Duisburg waren 55 Euro fällig.

So viel Euro im Monat kostet Eltern eines Grundschulkinds ein Platz in der offenen Ganztagsschule in den zehn größten Städten Nordrhein-Westfalens bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von … Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In Bayern sind die gebundene und die offene Ganztagsschule kostenfrei. Für Horte, die in Bayern anders als in allen anderen westdeutschen Ländern dieselbe Bedeutung wie die Ganztagsschulen haben und in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut wurden, werden Elternbeiträge erhoben.

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