EU-Datengesetz Lesezeit 3 Min.

Datengesetz lässt Fragen zum Datenschutz und Wettbewerb offen

Die EU-Kommission hat den Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, das den Zugang zu Daten und deren Nutzung vor allem durch Unternehmen regeln soll. Die Absicht, das wirtschaftliche Potenzial von Daten in Europa besser zu erschließen, ist lobenswert – in der derzeitigen Fassung könnte das Gesetz allerdings den gewünschten Effekt ins Gegenteil verkehren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Unternehmen in der EU schöpfen das geschäftliche Potenzial von Daten noch zu wenig aus, in Deutschland verfügten zuletzt nur 29 Prozent der Industriefirmen und industrienahen Dienstleister über die Fähigkeit, Daten effizient zu bewirtschaften.
  • Die EU will dies ändern und hat einen Entwurf für ein Datengesetz vorgelegt. Es soll dafür sorgen, dass die aus Daten gewonnene Wertschöpfung gerecht verteilt und die Nutzung von Daten gefördert wird.
  • Das Gesetz kommt für viele Unternehmen allerdings zu früh und ist zu komplex. Außerdem sind viele Regelungen vage und Kontrollmechanismen verbesserungswürdig.
Zur detaillierten Fassung

Ob Autos oder Haushaltsgeräte – viele Industriegüter sind dank der eingebauten digitalen Technologien mittlerweile auch Datenquellen. Und diese Daten können ein wertvolles Wirtschaftsgut sein. Können. Doch vor allem kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) haben in vielen Fällen noch nicht das nötige Know-how, um ihren Datenschatz sinnvoll zu nutzen:

Im Herbst 2021 verfügten nur 29 Prozent der vom IW befragten Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleister über die Fähigkeit, Daten effizient zu bewirtschaften.

Zudem tauschen nur wenige Firmen Daten untereinander aus.

Im europäischen Vergleich stehen die hiesigen Unternehmen in Sachen Datennutzung sogar noch relativ gut da (Grafik):

Im Jahr 2019 nutzten etwas mehr als 8 Prozent der deutschen Unternehmen Daten für geschäftliche Zwecke – im Schnitt der EU-27 waren es weniger als 6 Prozent der Firmen.

Die Frage, wie Unternehmen dazu bewogen werden können, das Potenzial von Daten besser zu nutzen, stellt sich auch die Politik. In Deutschland läuft dazu ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, „Incentives and Economics of Data Sharing – IEDS“, an dem auch das IW beteiligt ist.

EU setzt auf Data Sharing

Im Rahmen ihrer Digitalstrategie will aber auch die EU das Thema forcieren und so hat die EU-Kommission Ende Februar einen Entwurf für ein Datengesetz vorgelegt, den Data Act. Erklärte Ziele sind, zu gewährleisten, dass die aus Daten gewonnene Wertschöpfung gerecht auf die Akteure der Datenwirtschaft verteilt wird, sowie den Zugang und die Nutzung von Daten zu fördern.

Zu den Schwerpunkten des Data Acts gehört unter anderem, dass Unternehmen als Dateninhaber verpflichtet werden sollen, jene Daten, die bei der Nutzung ihrer Produkte anfallen, an ebendiese Nutzer – oder an Dritte, die von den Nutzern benannt werden – weiterzugeben, wobei große Online-Plattformen als Drittnutzer ausdrücklich ausgeschlossen werden. Bei Data-Sharing-Verträgen will die EU-Kommission eine ausgeglichene Verhandlungsmacht herstellen und dadurch zum Beispiel die Position von KMU stärken.

Kleine und mittlere Unternehmen drohen, überfordert zu werden

Vor dem Hintergrund, dass die europäischen Unternehmen nur dann im globalen Wettbewerb dauerhaft mithalten können, wenn sie ihre Geschäftsmodelle an die Möglichkeiten und Anforderungen der digitalen Welt anpassen, verfolgt die EU-Kommission zweifellos ein sinnvolles Ziel. Doch angesichts der oft noch gar nicht existierenden Datenbewirtschaftung kommt für die meisten europäischen Unternehmen die Verpflichtung zum Data Sharing zu früh. Zudem ist der Data Act in der vorgeschlagenen Version äußerst komplex, sodass vor allem KMU damit überfordert sein dürften, die Regulierungen eingehend zu prüfen und zu erkennen, ob und welche Chancen sich daraus für ihr Geschäft ergeben.

Angesichts dessen sollte der Data Act angepasst werden. Einige wichtige Ansatzpunkte:

  1. Ausmaß der Datenweitergabe präzisieren. Dem Entwurf zufolge sollen Unternehmen Waren und Dienstleistungen so gestalten, dass „die bei ihrer Nutzung erzeugten Daten standardmäßig für die Nutzer einfach, sicher und direkt zugänglich sind“. Wie dies in der Praxis genau funktionieren soll, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob die Vorschrift zum Produktdesign auch für bereits auf dem Markt befindliche Güter gelten soll. Hier gilt es, eine präzise und für die Unternehmen tragbare Regelung zu treffen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Unternehmen künftig von Innovationen abgeschreckt werden und weniger digitalisierte Produkte auf den Markt bringen.
  1. Geschäftsgeheimnisse schützen. Wenn Unternehmen Daten weitergeben müssen, besteht das Risiko, dass damit auch Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden. Wie die Betriebe davor geschützt werden sollen, ist im Entwurf des Data Acts nicht widerspruchsfrei geregelt. Damit droht nicht nur eine unsichere Rechtslage, es besteht auch die Gefahr eines Wettbewerbsnachteils – zum Beispiel dann, wenn geistiges Eigentum durch die weitergegebenen Daten an Konkurrenten außerhalb Europas abfließt.
  1. Kontrollmechanismen verbessern. Der Data Act erläutert zwar, zu welchen Zwecken an Dritte übertragene Daten genutzt werden dürfen. So ist es Firmen untersagt, auf Basis der von anderen Unternehmen erhaltenen Daten konkurrierende Produkte zu entwickeln. Wie das kontrolliert werden soll, bleibt aber weitgehend offen. Hier muss die EU nachbessern und dabei auch den Data Act konsistent mit dem Kartellrecht verzahnen.

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