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Metall- und Elektro-Industrie Lesezeit 3 Min.

Das China-Dilemma

Für die deutsche Wirtschaft ist die M+E-Industrie eine tragende Säule. Neben hoher Wertschöpfung sichert sie auch viele Arbeitsplätze. Ihre internationale Verflechtung stellt die Branche im Zuge der globalen Krisen vor Herausforderungen. China bleibt dabei für die deutsche Metall- und Elektro-Industrie ein zweischneidiges Schwert.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die deutsche M+E-Industrie ist sowohl direkt als auch indirekt eine Stütze der deutschen Wirtschaft.
  • Der größte internationale Konkurrent ist China. Das Reich der Mitte hat seinen Weltmarktanteil auf knapp 30 Prozent gesteigert.
  • Die deutschen M+E-Unternehmen müssen auch künftig in den eigenen Fortschritt investieren, um die gute Wettbewerbsposition zu halten.
Zur detaillierten Fassung

Um die große Relevanz der Metall- und Elektro-Industrie in Deutschland zu verdeutlichen, reichen einige wenige Kennzahlen. So war die Branche im Jahr 2021 für 13,4 Prozent der Bruttowertschöpfung des Landes verantwortlich. Ihr Anteil am gesamten Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes liegt bei 59 Prozent. Etwa 63 Prozent aller Industriebeschäftigten arbeiten in Betrieben der Metall- und Elektro-Industrie – das sind mehr als 3,9 Millionen Menschen.

Und auch auf indirektem Weg hat die Branche Einfluss auf die Gesamtwirtschaft. So liegt die Vorleistungsintensität seit vielen Jahren konstant über 60 Prozent. Das bedeutet, jeder erwirtschaftete Euro in einem Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie führt zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von mehr als 60 Cent in einer anderen deutschen Firma.

Vernetzung hat Vorteile und birgt Risiken

Die starke Stellung der deutschen M-E-Industrie zeigt sich zudem im internationalen Vergleich:

Gemeinsam mit China, den USA und Japan gehört Deutschland zu den Ländern mit der höchsten Bruttowertschöpfung in der M+E-Wirtschaft weltweit.

International ist ein gutes Stichwort für die Metall- und Elektro-Betriebe. Sie sind durch ihren hohen Anteil an Vorleistungen global sehr stark vernetzt. Auf der einen Seite ist das von Vorteil. Die Firmen profitieren von den internationalen Beziehungen und der Vielzahl an Absatzmärkten. So exportierte Deutschland im Jahr 2020 pro Kopf M+E-Waren im Wert von mehr als 10.000 Dollar. Andererseits birgt die Verflechtung Gefahren. In der Corona-Pandemie fehlten wegen gestörter Lieferketten in vielen Unternehmen Teile für die eigene Produktion, die daraufhin heruntergefahren oder sogar unterbrochen werden musste.

Der größte internationale Konkurrent für Deutschland ist inzwischen China (Grafik):

Die chinesische M+E-Wirtschaft hat ihren Weltmarktanteil von5,6 Prozent im Jahr 2000 auf zuletzt 28,6 Prozent gesteigert.

Anteil an der weltweiten Bruttowertschöpfung der M+E-Wirtschaft in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Deutschland kommt auf einen Anteil von 7,7 Prozent – im Vergleich zum Jahr 2000 hat die M+E-Wirtschaft der Bundesrepublik 0,8 Prozentpunkte eingebüßt, zeigt sich aber vergleichsweise robust. Die USA (18,3 Prozent) und Japan (10,4 Prozent) verloren im selben Zeitraum mit 10 beziehungsweise 12 Prozentpunkten deutlich mehr Weltmarktanteile.

Spitzenreiter China ist nicht nur ein bedeutender Konkurrent für die deutsche M+E-Industrie, sondern auch ein wichtiger Abnehmer von heimischen M+E-Produkten – besonders im Fahrzeugbau. Die Abhängigkeit vom Reich der Mitte ergibt sich ebenso aus der hohen Exportquote der deutschen Betriebe. Sie stieg von gut 50 Prozent zur Jahrtausendwende auf mehr als 65 Prozent im Jahr 2020. Von China aus geht nur ein gutes Fünftel der M+E-Produkte ins Ausland. Deutschland ist also viel stärker auf seine Auslandsgeschäfte angewiesen als China.

Der größte Konkurrent für die deutsche M+E-Wirtschaft ist China.

Die Spannungen zwischen China und der westlichen Welt haben zuletzt zugenommen. Die deutsche Politik möchte infolgedessen die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Volksrepublik verringern. Das wird für die M+E-Unternehmen zu einem Drahtseilakt, denn ohne China geht es im Moment nicht. Bestehende Strukturen in anderen Ländern aus- oder neu aufzubauen sowie neue Absatzmärkte zu finden, sind zudem keine kurzfristig umsetzbaren Ziele. So stehen beispielsweise auf dem Automarkt insgesamt rund 25 Millionen jährliche Neuzulassungen in China etwa 3,5 Millionen in Indien und rund 3 Millionen in den südostasiatischen ASEAN-Staaten gegenüber.

Ein weiteres Problem: China baut seine Produktionsmöglichkeiten stark aus und verbessert so seine internationale Wettbewerbsfähigkeit. In Zahlen drückt sich das am gewachsenen Kapitalstock aus. Er gibt den Bestand an Sachkapital wie Gebäuden, Fabriken und Maschinen an. Ein wachsender Kapitalstock spiegelt somit die Investitionen eines Landes wider (Grafik):

In China hat sich der Kapitalstock je Erwerbstätigen von 2000 bis 2019 fast versiebenfacht.

Kapitalstock je Erwerbstätigen in Dollar Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mit gut 127.000 Dollar liegt das Reich der Mitte aber noch weit hinter Deutschland, das einen Kapitalstock von fast 468.000 Dollar je Beschäftigten vorweisen kann. Hier konnte der Wert – auch aufgrund des hohen Ausgangsniveaus – im selben Zeitraum aber nur um 7,5 Prozent gesteigert werden.

Einen großen Sprung machte Südkorea. Mit einer Steigerung von rund 244.000 auf 418.000 Dollar näherten sich die Asiaten Deutschland deutlich an.

Die Entwicklung verdeutlicht: Die deutschen M+E-Unternehmen, auf die ein großer Teil der Innovationen und Patente im Land zurückgeht, müssen auch künftig in den eigenen Fortschritt investieren, um die gute Wettbewerbsposition zu halten. Zusammen mit den globalen Verschiebungen und Problemen steht die Branche vor schwierigen Zeiten.

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