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Das Büro bleibt zu Hause

Aufgrund der Corona-Krise arbeiten immer mehr Menschen zumindest gelegentlich mobil. Weil dies größtenteils gut funktioniert, planen viele Unternehmen, das Homeoffice dauerhaft zu etablieren – zum Vorteil beider Seiten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Infolge der Corona-Pandemie haben zahlreiche Unternehmen die Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice ausgeweitet, sodass immer mehr Menschen mobil arbeiten.
  • Gut die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland plant, das Homeoffice in ihrer Firma auch dauerhaft stärker zu etablieren.
  • Während viele Berufsfelder schon vor der Pandemie stark digitalisiert waren, ist der aktuelle Schub auch in jenen gesellschaftlichen Bereichen wahrnehmbar, in denen bislang eher analog gearbeitet wurde.
Zur detaillierten Fassung

Am 10. März 2020 wurde in Frankfurt am Main ein Weltrekord aufgestellt: Der dortige Internetknoten verzeichnete mit mehr als neun Terabit pro Sekunde einen neuen Höchstwert an ausgetauschten Daten. Der Betreiber gab als Grund dafür unter anderem an, dass im Vergleich zum Vorjahr 120 Prozent mehr Daten aufgrund von Videokonferenzen ausgetauscht wurden.

Infolge der Corona-Pandemie arbeiten immer mehr Menschen mobil, sei es vom heimischen Arbeitsplatz oder von unterwegs aus. Die Video-Meetings ersetzen nicht nur persönliche Besprechungen, sogar die Treffen in der betrieblichen Teeküche oder gemeinsame Mittagspausen finden durch Gruppenanrufe über Zoom, Skype und Co. ihren virtuellen Ersatz. Eine im April und Mai 2020 durchgeführte Umfrage der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit zeigt, dass sich dieser Trend über zahlreiche Arbeitsfelder erstreckt (Grafik):

Mehr als die Hälfte aller Befragten gibt an, dass ihr Unternehmen die Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice im Zuge der Corona-Krise ausgeweitet hat.

So viel Prozent der Arbeitnehmer geben an, dass ihr Arbeitgeber die Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice ausgeweitet hat Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Vor allem Beschäftigte im Banken- und Versicherungssektor sehen im Homeoffice eine neue Art zu arbeiten; im Sozial- und Gesundheitswesen registrieren die Mitarbeiter dagegen eher weniger Bemühungen ihres Arbeitgebers, ihnen diese Möglichkeit einzuräumen. Das liegt zu großen Teilen aber auch daran, dass die spezifischen Aufgaben und Tätigkeiten, die solch ein Job mit sich bringt, eben nicht von zu Hause aus erledigt werden können – beispielsweise die Pflege von alten oder kranken Menschen.

Kirchen und Kommunen erleben Digitalisierungsschub

Während viele Berufsfelder auch schon vor der Corona-Pandemie vergleichsweise stark digitalisiert waren, ist der aktuelle Schub auch in jenen gesellschaftlichen Bereichen wahrnehmbar, in denen bislang eher analog gearbeitet wurde.

So hielten beispielsweise 81 Prozent der evangelischen Gemeinden in Deutschland während des Lockdowns digitale Gottesdienste und Andachten ab, die meisten davon zum ersten Mal. Fast drei Viertel wollen daran festhalten, nicht zuletzt aufgrund der Reichweite: Im Vergleich zu der durchschnittlichen Besucherzahl der Sonntagsgottesdienste vor der Corona-Pandemie erreichten ihre virtuellen Messen deutlich mehr Menschen.

Auch in der öffentlichen Verwaltung wird vermehrt digital gearbeitet. In einer Umfrage der KfW Bankengruppe im April 2020 gaben 91 Prozent der befragten deutschen Kommunen an, dass sie durch die Pandemie in der Verwaltung – insbesondere bei ihren Planungsprozessen – einen Digitalisierungsschub erwarten. Im Vorjahr klagten die Gemeinden noch eher über Digitalisierungshemmnisse wie den Rückstand bei der IT-Infrastruktur und die Skepsis der Bürger gegenüber digitalen Lösungen.

Die Akzeptanz von Homeoffice wächst weiter: Unternehmen weiten die Möglichkeiten zur Heimarbeit aus, sodass immer mehr Arbeitnehmer verstärkt mobil arbeiten.

Für viele Unternehmen war die Arbeit aus dem Homeoffice die einzige Möglichkeit, während des Lockdowns ihre Geschäftsprozesse aufrechtzuerhalten und den Kontakt zu Kunden, Lieferanten oder Geschäftspartnern nicht abreißen zu lassen.

Zwar war die Arbeit in den eigenen vier Wänden auch vor Corona gang und gäbe (siehe "Das neue alte Homeoffice"), in den vergangenen Monaten gab es diesbezüglich aber einen regelrechten Schub. Laut einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeitete in diesem Frühjahr rund die Hälfte der Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern zumindest gelegentlich im Homeoffice – befragt wurden Beschäftigte, die digitale Informations- und Kommunikationstechnologien beruflich nutzen. Der Vergleich zum Vorjahr zeigt den Corona-Effekt (Grafik):

Fast jeder fünfte Befragte arbeitete vor der Corona-Pandemie ausschließlich im Unternehmen – und sitzt nun zumindest gelegentlich im Homeoffice.

So viel Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland arbeiten, verglichen mit 2019, im Jahr 2020 … Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Arbeitnehmer, die nach wie vor nicht von zu Hause aus arbeiten, haben verschiedene Gründe dafür. Die überwiegende Mehrheit gibt an, dass ihre Tätigkeit dafür schlichtweg nicht geeignet sei. Bei jedem fünften der reinen Büroangestellten wäre Homeoffice zwar theoretisch möglich, doch 44 Prozent von ihnen sagen, dass dies in ihrem Unternehmen nicht gestattet sei. Und bei rund einem Viertel fehlen nach eigenen Angaben noch immer die technischen Voraussetzungen für das Homeoffice.

Mehr Optionen für Heimarbeit können Ansteckungsrisiko mindern

Seit 2016 ist die Telearbeit klar definiert und reguliert – einschließlich vieler Verpflichtungen für Arbeitgeber. So muss dieser zum Beispiel fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze in den Wohnräumen des Mitarbeiters bereitstellen (siehe "Begeisterung für das Homeoffice wächst"). Spricht man jedoch vom mobilen Arbeiten, ist dies nicht gesetzlich geregelt – ein Grund, weshalb Unternehmen oft eher diese Arbeitsform praktizieren.

Die internationale Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) empfiehlt ihren Mitgliedsländern deshalb, bestehende Regulierungen für das Homeoffice zu lockern und neue Optionen für die Arbeit in den eigenen vier Wänden zu schaffen. So könne verhindert werden, dass Beschäftigte unnötigerweise der Gefahr des Coronavirus am Arbeitsplatz ausgesetzt sind.

Tatsächlich wollen viele Unternehmen digitale Lösungen vermehrt in ihre Geschäftsprozesse einbinden:

Laut einer Studie des ifo Instituts planen rund 54 Prozent aller Unternehmen in Deutschland, das Homeoffice in ihrer Firma auch dauerhaft stärker zu etablieren.

Diese Idee kommt nicht von ungefähr: Die Möglichkeit, während der Krise die Arbeitsplätze in die Wohnungen der Mitarbeiter zu verlegen, hat wesentlich dazu beigetragen, die wirtschaftliche Aktivität der Unternehmen aufrechtzuerhalten. So mussten Firmen in Branchen, die verstärkt auf Homeoffice setzen konnten, deutlich seltener Kurzarbeit beantragen als solche, bei denen die Mitarbeiter keine Möglichkeit dazu hatten.

Auch von den Arbeitnehmern wird die verstärkte Heimarbeit positiv beurteilt. In der DAK-Studie sagten mehr als drei Viertel jener Beschäftigten, die durch die Corona-Krise erstmalig ins regelmäßige Homeoffice gewechselt sind, dass sie diese Arbeitsform – zumindest teilweise – auch langfristig fortführen möchten.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Ein Großteil der Beschäftigten sieht Vorteile vor allem darin, nicht pendeln zu müssen und dadurch Zeit zu gewinnen, sowie in der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Befragten bewerten aber auch die flexibleren Arbeitszeiten, das ruhigere Arbeitsumfeld und Kostenersparnisse positiv.

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