Begeisterung für das Homeoffice wächst
Manche wollen es, können aber nicht, weil ihre Tätigkeit es nicht erlaubt. Andere könnten, bevorzugen aber eine strikte Trennung zwischen Beruf und Privatem. Wieder andere verfügen nicht über die technische Ausstattung, um von zu Hause aus zu arbeiten. Das Thema Homeoffice ist komplex und birgt aufgrund seiner vielen Facetten auch Anlass zu Missverständnissen.
- Vielen Betrieben ist nicht bewusst, dass Homeoffice im Sinne von Telearbeit ein juristisch definierter Begriff ist, der dem Arbeitgeber zahlreiche Pflichten auferlegt: Zum Beispiel muss ein Telearbeitsplatz vom Arbeitgeber eingerichtet werden.
- Aufgrund der Corona-Pandemie sind viele Beschäftigte unverzüglich ins Homeoffice gewechselt, um das Kontaktverbot zu befolgen. Die meisten dieser „Ad-hoc-Arbeitsplätze“ im Homeoffice sind daher keine Telearbeitsplätze im rechtlichen Sinn.
- Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten, die für sich das Arbeiten im Homeoffice prinzipiell für möglich halten, würden auch nach der Corona-Pandemie ihren Job häufiger von zu Hause aus erledigen.
Es beginnt schon mit dem Begriff selbst: Engländer bezeichnen mit Homeoffice jenen Teil ihrer Regierung, der sich unter anderem mit juristischen Fragen der Einwanderung beschäftigt. Wenn also deutsche Büroangestellte in ihrer englischsprachigen Abwesenheitsnotiz schreiben, dass sie im „Homeoffice“ zu erreichen sind, sorgen sie damit bei ihren britischen Kontakten für Verwirrung. Denn im angelsächsischen Raum heißt Homeoffice „remote working“, „telecommuting“ oder schlicht „working from home“.
Das nächste Missverständnis zeigt sich bei der Definition: Vielen Betrieben ist nicht bewusst, dass Homeoffice im Sinne von Telearbeit ein juristisch definierter Begriff ist, der dem Arbeitgeber zahlreiche Pflichten auferlegt: Seit 2016 gelten Telearbeitsplätze als „… vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat“. Dieser Telearbeitsplatz muss vom Arbeitgeber eingerichtet werden und die Bedingungen der Telearbeit sind arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festzulegen.
Die Akzeptanz von Homeoffice ist zuletzt deutlich gestiegen: Fast ein Drittel der Beschäftigten beurteilt das Homeoffice jetzt besser als vor der Pandemie.
Spricht man dagegen vom mobilen Arbeiten, ist dies nicht gesetzlich geregelt. Selbstverständlich gilt allerdings auch hier das Arbeitszeitgesetz – und die Beschäftigten tragen eigenverantwortlich Sorge dafür, die Arbeits- und Gesundheitsvorschriften einzuhalten. Der Arbeitgeber muss jedoch keinen Arbeitsplatz in den Wohnräumen des Mitarbeiters einrichten.
Nun mussten aufgrund der Corona-Pandemie viele Beschäftigte unverzüglich ins Homeoffice wechseln, um das Kontaktverbot zu befolgen. Daher hatten die Arbeitgeber in den meisten Fällen weder Zeit noch Gelegenheit, die Regelungen für Telearbeit zu befolgen. Daher sind die meisten dieser „Ad-hoc-Arbeitsplätze“ im Homeoffice keine Telearbeitsplätze im rechtlichen Sinn.
Homeoffice wird intensiv genutzt
Laut einer Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation, das Ende März rund 1.600 Erwerbstätige in Deutschland befragte, arbeiten aktuell 43 Prozent der Berufstätigen mit Internetzugang zumindest ab und zu im Homeoffice. Vor der Corona-Krise taten dies nur 35 Prozent der Befragten.
Wie intensiv das Homeoffice aktuell genutzt wird, ist auch eine Frage der Branche (Grafik):
Den höchsten Anteil an Homeoffice-Beschäftigten gibt es mit 59 Prozent in der Informations- und Kommunikationsbranche.
Auch in der Energieversorgung (54 Prozent) und im Bildungswesen (48 Prozent) ist der Anteil der Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, vergleichsweise hoch, stellte das Forschungsteam Data Science an der Universität Mannheim fest.
Insgesamt saß in der ersten Aprilwoche ein Viertel aller Beschäftigten im Homeoffice.
Eine ebenfalls gängige Annahme lautet, dass mehr Frauen als Männer Homeoffice praktizieren. Doch schon vor der Corona-Krise arbeiteten laut Statistischem Bundesamt 13 Prozent der Männer und 11 Prozent der Frauen im Homeoffice. Aktuell tun dies der Mannheimer Studie zufolge sogar 27 Prozent der männlichen Beschäftigten und nur 23 Prozent der weiblichen Beschäftigten.
Durch das zusätzliche Homeschooling fühlen sich vor allem Mütter belastet, wie eine Studie der Universität Koblenz-Landau zeigt: 63 Prozent der Familien praktizieren täglich rund drei Stunden Homeschooling mit den Kindern – neben dem Beruf. Und es sind fast ausschließlich Mütter, die das Homeschooling durchführen. Dadurch sind Mütter nicht nur zeitlich stärker eingespannt als Väter, sondern aufgrund der entstehenden Konflikte leiden sie auch emotional stärker als ihre Partner, so die Wissenschaftler.
Im Homeoffice ist gutes Selbst- und Zeitmanagement wichtig
Unterschiede gibt es auch zwischen den routinierten und den frischgebackenen Homeoffice-Beschäftigten: Nur 17 Prozent der Homeoffice-Erfahrenen gaben an, (sehr) unzufrieden mit ihrer aktuellen Situation zu sein. Von den Neulingen hingegen sagten dies 25 Prozent. Dieser Befund klärt ein weiteres Missverständnis, nämlich, dass das Arbeiten von zu Hause ganz einfach sei. Denn damit Homeoffice gelingen kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein: Neben geeigneten Aufgaben ist dies ein gutes Selbst- und Zeitmanagement, digitale Fitness im Hinblick auf die eingesetzte Hard- und Software, Vertrauen der Führungskräfte und messbare Leistungen.
Trotz aller Widrigkeiten und pandemiebedingten Umstände: Die Akzeptanz von Homeoffice ist zuletzt deutlich gestiegen (Grafik):
Fast ein Drittel der Beschäftigten beurteilt das Homeoffice jetzt besser als vor der Pandemie, nur 6 Prozent sehen es kritischer.
Und rund 68 Prozent der Befragten, die für sich das Arbeiten im Homeoffice prinzipiell für möglich halten, geben an, nach der Corona-Pandemie ihren Job häufiger von zu Hause aus erledigen zu wollen.
Mehr dazu: Welche Rechte Arbeitnehmer im Homeoffice haben, erfahren Sie auf aktiv-online.de.