Europa Lesezeit 2 Min.

Dänemark: Neuwahl nach Nerzdebakel

Am 1. November wählt Dänemark ein neues Parlament – rund sieben Monate vor dem regulären Wahltermin. Mit der Ankündigung des Urnengangs kam die amtierende Regierungschefin Mette Frederiksen einem Misstrauensvotum zuvor. Ihr Stolperstein: eine groß angelegte Nerzkeulung.

Kernaussagen in Kürze:
  • In Dänemark stehen Neuwahlen an. Auslöser für die vorgezogenen Wahlen war ein Nerzskandal, der die Regierung um Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ins Schwimmen brachte.
  • Wie es nach dem 1. November politisch in Dänemark weitergeht, ist schwer vorauszusehen.
  • Umfragen prognostizieren ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Mitte-links-Block von Frederiksen und einem Bündnis aus rechten und bürgerlichen Parteien.
Zur detaillierten Fassung

Im Alter von 41 Jahren war Mette Frederiksen 2019 als jüngste Ministerpräsidentin der dänischen Geschichte angetreten, um das skandinavische Land mit einer Minderheitsregierung der Sozialdemokraten nach vorne zu bringen. Dann kam die Corona-Pandemie und die Landeschefin nahm wie viele ihrer europäischen Amtskollegen die Rolle der Krisenmanagerin ein.

Sie kooperierte mit der Opposition, um Dänemark mit einem liberalen Kurs durch die Pandemie zu steuern – was mit Blick auf die Wirtschaft sehr gut gelungen ist (Grafik):

Nach einem relativ moderaten Rückgang um 2 Prozent im Pandemiejahr 2020 stieg das reale Bruttoinlandsprodukt Dänemarks im vergangenen Jahr wieder um fast 5 Prozent.

Die wichtigsten Kennziffern zur wirtschaftlichen Lage Dänemarks Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In einem weltweiten Länderranking, das die wirtschaftlichen Gewinner und Verlierer der Corona-Krise zeigt, landete Dänemark 2021 auf Rang eins.

Dänemark kann zudem eine geringe Arbeitslosenquote, einen niedrigen Schuldenstand und einen soliden Haushalt vorweisen. Warum also der vorgezogene Urnengang? Die Antwort lautet schlicht: Nerze. Im Zuge der Pandemie kam der Verdacht auf, dass sich das Coronavirus von den Tieren auf die Menschen übertragen habe, woraufhin die Regierungschefin die Keulung von 15 Millionen Tieren anordnete. Bis zu diesem Zeitpunkt war Dänemark einer der Weltmarktführer in der Pelzproduktion. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Rechtsgrundlage für die Tötung der Tiere fehlte. Dies sorgte für eine Regierungskrise mit Folgen: Der zuständige Minister trat zurück, Frederiksen erhielt im Parlament einen Rüffel und die Androhung eines Misstrauensvotums – dem sie mit den Neuwahlen zuvorkam.

Wie es nun nach dem 1. November politisch in Dänemark weitergeht, ist schwer vorauszusehen.

Umfragen prognostizieren ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Mitte-links-Block von Frederiksen und einem Bündnis aus rechten und bürgerlichen Parteien.

Entscheidend dürfte sein, welcher Block die meisten Stimmen an die Parteien am äußeren Rand abgeben muss. Zudem prägen aktuell viele Abspaltungen und Neugründungen die dänische Parteienlandschaft, die Eintrittshürde für das Parlament, den Folketing, liegt bei nur 2 Prozent. Für die künftige Regierung wird es jedenfalls nicht leicht: Die Inflation war im September mit 11 Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. Und auch wenn Dänemark längst nicht so abhängig von Erdgas ist wie Deutschland, schauen die Dänen mit gemischten Gefühlen auf den Winter. Zudem steht die Wiederaufrüstung von Heer und Flotte bevor, um vor allem für Sicherheit in der Ostsee und der Arktis zu sorgen.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene