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Zwang zum Stempeln nicht nötig

Rund ein Viertel der Arbeitnehmer in Deutschland dokumentiert keine Arbeitszeiten. Häufig handelt es sich dabei um gut entlohnte Akademiker, die ein Vertrauensarbeitszeitmodell haben. Da diese Beschäftigtengruppe ihre Rechte gegenüber ihrem Arbeitgeber gut vertreten kann, benötigt sie keinen Schutz durch eine Erfassungspflicht der Arbeitszeit.

Kernaussagen in Kürze:
  • Derzeit erfassen 75 Prozent der Beschäftigten in Deutschland ihre Arbeitszeit.
  • Die Dokumentation hängt oft von der Tätigkeit ab. Ein Drittel der Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit nicht erfassen, geht einem Job nach, für den ein akademischer Abschluss erforderlich ist.
  • Weniger Dokumentation führt nicht zu mehr Arbeit, im Gegenteil: Gut verdienende Akademiker, die nicht erfassen, arbeiten im Schnitt weniger als Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit aufschreiben.
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Vor knapp einem Jahr entschied der Europäische Gerichtshof, dass alle Betriebe in der EU ein System einrichten müssen, mit dem die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfasst werden kann. In Deutschland streiten die Juristen, inwieweit die Erfassungspflicht in deutsches Recht umgesetzt werden muss – eine einheitliche Regelung sieht das Arbeitszeitgesetz bislang nicht vor (Grafik):

Derzeit erfasst knapp die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland ihre Arbeitszeit mithilfe eines Systems, also einer Stechuhr oder einer elektronischen Zeiterfassung. Weitere 30 Prozent schreiben ihre Arbeitszeit händisch auf.

So viel Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland dokumentierten im Jahr 2018 ihre Arbeitszeit auf diese Weise Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Von den 25 Prozent, die ihre Arbeitszeit nicht erfassen, gibt rund die Hälfte als Grund an, ein Vertrauensarbeitszeitmodell zu haben. Bei einem weiteren Drittel sind Beginn und Ende der Arbeitszeit ohnehin festgelegt.

Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit erfassen, kommen im Schnitt auf einen Bruttostundenlohn von 16,80 Euro, Nicht-Erfasser verdienen 19,10 Euro.

Ob Beschäftigte ihre Arbeitszeit dokumentieren, hängt oft von der Tätigkeit ab. Ein Drittel der Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit nicht erfassen, geht einem Job nach, für den ein akademischer Abschluss erforderlich ist. Bei den Zeiterfassern beträgt dieser Anteil lediglich ein Fünftel. Umgekehrt hat ein Viertel derjenigen, die ihre Arbeitszeit dokumentieren, keine abgeschlossene Berufsausbildung – bei den anderen ist es nur ein Fünftel.

Dies schlägt sich auch in den Verdiensten nieder: Während Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit erfassen, im Schnitt auf einen Bruttostundenlohn von 16,80 Euro kommen, verdienen Nicht-Erfasser 19,10 Euro. Ein höherer Lohn bedeutet auch mehr Gestaltungsfreiheit: Ein Viertel der nicht erfassenden Arbeitnehmer gibt an, selbst über die Arbeitszeit entscheiden zu können.

Dass diese Autonomie die Gefahr birgt, mehr zu arbeiten als andere, ist nur ein Vorurteil: Gut verdienende Akademiker, die ihre Wochenstunden nicht erfassen, arbeiten im Schnitt sogar weniger als Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit aufschreiben.

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