Resilienz: Was Beschäftigte und Betriebe stark macht
Dass es Konzepte gibt, die dazu beitragen, Beschäftigte psychisch widerstandsfähiger zu machen, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass auch ganze Unternehmen über Kräfte verfügen, mithilfe derer sie Veränderungen erfolgreich meistern und Krisen überwinden können. Allerdings ist das Phänomen der resilienten Organisation bislang noch kaum erforscht.
- Das Institut der deutschen Wirtschaft ist in einer Studie der bislang kaum erforschten Frage nach der Resilienz von Betrieben nachgegangen.
- Widerstandsfähige Betriebe zeichnen sich demnach durch eine gute Feedbackkultur und leistungsbezogene Vergütungsmodelle aus.
- Das IW hat die Resilienz nicht nur empirisch untersucht, sondern arbeitet im STÄRKE-Projekt auch mit betrieblichen Partnern zusammen, um in der Praxis Verbesserungen der Widerstandsfähigkeit zu erreichen.
Vor zehn Jahren, als während der Wirtschafts- und Finanzkrise erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland um rund 5 Prozent schrumpfte, stieg die Zahl der Unternehmenskonkurse drastisch an: Im Jahr 2009 meldeten 34.300 Betriebe Insolvenz an, das waren 16 Prozent mehr als im Jahr davor.
Allerdings gab es auch Unternehmen, die von der Krise entweder wenig betroffen waren oder sogar gestärkt daraus hervorgingen. Aber was zeichnet solche Betriebe als resilient aus? Was haben sie besser gemacht als Firmen, die eine schwierige wirtschaftliche Situation nicht unbeschadet überstanden haben? Diesen bislang kaum erforschten Fragen ist das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie nachgegangen, die mithilfe eines kombinierten Beschäftigten-Betriebsdatensatzes empirische Belege für die Widerstandsfähigkeit von Beschäftigten und Betrieben ermittelt hat.
Als Resilienz bezeichnet man die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten handeln zu können und sich ohne bleibende Schäden zügig von Krisen zu erholen.
Herausforderungen durch die Digitalisierung
Resilienz ist vor allem angesichts der Digitalisierung wichtig, denn Menschen müssen in Zukunft das können, was Maschinen nicht vermögen: Gefragt sind vor allem die Fähigkeit zur empathischen, verbindenden Kommunikation sowie schöpferische, agile Kreativität, um immer wieder neue Ideen und flexible Lösungen für komplexer werdende Probleme zu entwickeln. Aber auch Betriebe benötigen diese Fähigkeit, denn die Digitalisierung stellt an sie besondere Anforderungen und konfrontiert sie mitunter mit bedrohlich wirkenden Herausforderungen, die sich aber bewältigen lassen.
Resiliente Betriebe zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie den Beschäftigten relativ häufig ein Feedback zu ihrer Leistung geben und variable Gehaltsanteile auszahlen.
Hinsichtlich des Umgangs mit Wettbewerbsdruck wurden die Unternehmen in der IW-Studie in drei Kategorien eingeteilt:
Erstens: resiliente Betriebe, die zwischen 2009 und 2012 einen existenzbedrohenden Wettbewerbsdruck erlebt und diesen im Jahr 2013 überwunden hatten.
Zweitens: nicht resiliente Betriebe, die zwischen 2009 und 2012 einen existenzbedrohenden Wettbewerbsdruck erlebt hatten und auch 2013 noch darunter litten.
Drittens: immune Betriebe, die im Zeitraum von 2009 bis 2013 keinem existenzbedrohenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt waren.
Ein zentrales Ergebnis der Studie lautet (Grafik):
Resiliente Betriebe zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie den Beschäftigten häufiger ein Feedback zu ihrer Leistung geben und variable Gehaltsanteile auszahlen.
Gezielte Anreize und Leistungsfeedback
Gezielte Anreize und ein Leistungsfeedback bieten Betrieben eine gute Möglichkeit, Beschäftigte auch in schwierigen Zeiten für die betrieblichen Ziele begeistern zu können. Außerdem lässt sich mithilfe dieser Instrumente leichter steuern, welche Aufgaben wichtig sind und welche nicht. Betriebe, die diese Herausforderung meistern und ihre Kräfte bündeln, dürften einfacher die nötigen Veränderungen einleiten können, um sich aus existenzbedrohenden Situationen zu befreien.
Was resiliente Betriebe ausmacht, wurde nicht nur empirisch untersucht, sondern im STÄRKE-Projekt auch konkret mit betrieblichen Partnern drei Jahre lang erprobt. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt STÄRKE hat das Institut der deutschen Wirtschaft mit anderen Forschungseinrichtungen Betriebe im Hinblick auf individuelle und organisationale Resilienz beraten und mit Workshops – beispielsweise zur Stärkung der internen Kommunikation oder zur Konfliktfähigkeit der Beschäftigten – unterstützt. Zum Aufbau organisationaler Resilienz haben die betrieblichen Projektteams unter anderem eine Unternehmensstrategie und ein Leitbild entwickelt, Führungsgrundsätze aufgestellt und Kernprozesse analysiert sowie mögliche Störquellen ermittelt (siehe Interview unten).
Interview: „Wir machen jetzt Öffentlichkeitsarbeit!“
Die Martin Luck Metallgießerei GmbH aus Saarbrücken ist eine von vier Firmen, die am STÄRKE-Projekt teilgenommen haben. Seitdem hat Geschäftsführerin Ursula Kilburg einiges verändert, wie sie dem iwd im Interview erläutert hat.
Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus dem STÄRKE-Projekt gewonnen haben?
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Wissenschaftler in der Lage sind, aufgrund von Mitarbeiterbefragungen und Workshops herauszufinden, wo bei uns im Betrieb die Probleme liegen, für die die Experten dann auch noch Lösungsvorschläge entwickeln.
Welche Probleme hatten Sie denn?
Wir sind beispielsweise nicht in der Lage gewesen, zielführende Besprechungen zu führen. Nachdem wir mithilfe des STÄRKE-Projekts Regeln für die Kommunikation eingeführt haben, läuft es zwar immer noch nicht perfekt, aber schon viel besser. Ich bereite mich heute anders auf Besprechungen vor als früher, ich habe jetzt immer eine Checkliste mit Fragen zur Auftragssituation, zu Störfällen, Qualitätsproblemen und Personalfragen dabei und notiere mir, wer während des Meetings welche Aufgaben zugeteilt bekommen hat.
Und was machen Sie sonst noch anders?
Wir machen jetzt Öffentlichkeitsarbeit! Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte Pressemitteilungen verschickt. Noch vor Weihnachten werden wir wieder eine Pressemitteilung versenden, die sich darum dreht, dass eine unserer Mitarbeiterinnen die Ausbildereignungsprüfung bestanden hat. Der Inhalt einer anderen Pressemitteilung hat es sogar in die IHK-Zeitung des Saarlands geschafft.
Inwiefern trägt Öffentlichkeitsarbeit denn zur Resilienz Ihres Unternehmens bei?
Wenn wir es schaffen, uns als Firma positiv in der Öffentlichkeit im Gespräch zu halten, erzeugt das bei den Mitarbeitern Stolz. Und wer stolz auf seinen Arbeitgeber ist, leistet einen besseren Job. Das macht uns als Unternehmen natürlich widerstandsfähiger.