Zur Digitalisierung twittern wir nicht!
Die Digitalisierung von Staat und Wirtschaft ist eine der größten politischen Baustellen in Deutschland. Zwar spiegelt sich das in den aktuellen Wahlprogrammen der Parteien wider – in der digitalen Kommunikation der Politiker aber findet sich zu zentralen Begriffen kaum etwas.
- Sich per Tweet zu positionieren – das ist im digitalen Zeitalter geradezu eine Selbstverständlichkeit für die politische Kommunikation.
- Man könnte also meinen, dass sich auf Twitter auch gut über den Stand der Digitalisierung in Deutschland debattieren ließe.
- Allerdings zeigt eine IW-Analyse, dass nur rund 15 Prozent der Bundestagsabgeordneten in der aktuellen Legislaturperiode zu den Begriffen „Breitbandausbau“ und „digitale Verwaltung“ getwittert haben.
Spätestens seit Donald Trump weiß jeder, was man mit 280 Zeichen auf Twitter alles anrichten kann. Der ehemalige US-Präsident ist zwar inzwischen auf Twitter gesperrt, hatte aber zuvor bis zu 80 Millionen Follower – und rund um die Welt zitierten die Nachrichtensendungen während seiner Amtszeit praktisch täglich aus seinen Texten.
Sich per Tweet zu positionieren – das ist im digitalen Zeitalter geradezu eine Selbstverständlichkeit für die politische Kommunikation. Und gerade auf Twitter, sollte man meinen, ließe sich gut über den Stand der Digitalisierung in Deutschland debattieren. Anlass dazu gibt es allemal – im aktuellen Ranking des European Center for Digital Competitiveness zum Beispiel belegt die Bundesrepublik den drittletzten Platz von 20 Staaten.
Nur rund 15 Prozent der Bundestagsabgeordneten haben in der aktuellen Legislaturperiode zu den Begriffen „Breitbandausbau“ und „digitale Verwaltung“ getwittert.
Das IW wollte nun wissen, welche Rolle das Thema in der digitalen Kommunikation von Bundestagsabgeordneten, Parteien und Fraktionen spielt, und hat dazu die Tweets aller 555 Abgeordneten mit einem Twitter-Account nach den Begriffen „Breitbandausbau“ und „digitale Verwaltung“ durchforstet. Das Ergebnis: Lediglich rund 15 Prozent der Bundestagsabgeordneten haben in der aktuellen Legislaturperiode überhaupt zu diesen beiden Begriffen getwittert.
Zum Breitbandausbau wird nur wenig getwittert
Insgesamt findet sich der Begriff Breitbandausbau im Zeitraum September 2017 bis August 2021 in 223 Tweets, die „digitale Verwaltung“ kommt 200-mal vor (Grafik).
Wie wenig das ist, zeigt ein Vergleich mit den sonstigen Twitter-Aktivitäten der Politik. So hat zum Beispiel die FDP über ihren offiziellen Partei-Account seit 2009 gut 21.000 Tweets abgesetzt – im Untersuchungszeitraum aber nur 13 zu den beiden analysierten Begriffen.
Und Anke Domscheit-Berg von der Linkspartei gehört zwar zu jenen Abgeordneten, die über diese Begriffe am häufigsten twittern, doch wenn man weiß, dass sie seit 2009 insgesamt fast 97.000 Tweets abgesetzt hat, sind 16 Treffer wahrlich nicht viel. Andreas Scheuer, der für den Breitbandausbau zuständige Bundesminister, twitterte seit 2009 übrigens knapp 3.400-mal – aber im Untersuchungszeitraum kein einziges Mal zum Breitbandausbau.