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Zum Wohle der Demokratie

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Stärke der Demokratie in einem Land? Das hat die European Broadcasting Union empirisch untersucht. Demnach sind Demokratie und Pressefreiheit in jenen Ländern stärker, die über einen finanz- und quotenstärkeren öffentlich-rechtlichen Rundfunk verfügen. Dennoch mischt Deutschland bei beiden Indikatoren nicht ganz vorne mit.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ stuft die Pressefreiheit lediglich in zwölf Ländern weltweit als gut ein. Das sind so wenige wie noch nie seit Einführung der aktuellen Methodik im Jahr 2013.
  • Damit einhergehend sind sogenannte Fake News ein zunehmendes Problem – und zwar nicht erst, seit Corona-Leugner und Impfgegner in vielen Ecken der Welt auf den Plan getreten sind.
  • All diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung eines unabhängigen und frei von politischen Interessen einzelner Gruppen agierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der objektiv und ausgewogen berichtet.
Zur detaillierten Fassung

Die Demokratie gilt als unumstößliches Gut der westlichen Welt. Doch in einigen Ländern bröckelt das Ideal: So macht das unabhängige Varieties of Democracy Institute in seinem jährlich erscheinenden Bericht darauf aufmerksam, dass das weltweite Niveau der Demokratie im Jahr 2021 auf dem Level von 1989 lag. Der zwischenzeitlich in der Demokratisierung erzielte Fortschritt ist also wieder vollständig verschwunden. Besonders alarmierend:

In 35 Ländern hat sich die Meinungsfreiheit in den vergangenen zehn Jahren verringert, nur in zehn Staaten hat sich die Situation verbessert.

Die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ stuft zudem die Pressefreiheit lediglich in zwölf Ländern weltweit als gut ein. Das sind so wenige wie noch nie seit Einführung der aktuellen Methodik im Jahr 2013.

Damit einhergehend sind sogenannte Fake News, also die bewusste Verbreitung von Fehlinformationen mit manipulativer Absicht, ein zunehmendes Problem – und zwar nicht erst, seit Corona-Leugner und Impfgegner in vielen Ecken der Welt auf den Plan getreten sind.

All diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung eines unabhängigen und frei von politischen Interessen einzelner Gruppen agierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR), der objektiv und ausgewogen berichtet.

In Deutschland ist dieser Auftrag zum Beispiel im Medienstaatsvertrag festgeschrieben, nach dem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“ wirken sollen, um so „die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen“.

Die Qualität der Demokratie in einem Land korreliert positiv mit dem Vertrauen der Menschen in öffentlich-rechtliche Medienangebote.

Dass das nicht nur Phrasen sind, sondern der positive Zusammenhang zwischen der Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Stärke der Demokratie in einem Land empirisch nachweisbar ist, hat die European Broadcasting Union in ihrer Studie „Democracy and Public Service Media“ gezeigt. Dazu setzte der Zusammenschluss von derzeit 69 Rundfunkanstalten Kennzahlen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in verschiedenen Ländern mit demokratiebezogenen Indikatoren ins Verhältnis.

Demokratie und Vertrauen in öffentlichen Rundfunk hängen zusammen

Das Ergebnis: Die Stärke des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die demokratische Qualität in den einzelnen Ländern hängen signifikant positiv zusammen. So ist die Bevölkerung in Ländern mit höheren Pro-Kopf-Ausgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und größeren Zuschaueranteilen der ÖRR-Sender tendenziell zufriedener mit dem Zustand der Demokratie in ihrem Land, weist ein größeres Interesse an Politik auf, vertraut mehr in ihre Teilhabe am politischen System und hat weniger Sorge, auf Fake News hereinzufallen.

Die Kausalität kann zwar auch von der anderen Seite ausgehen – starke Demokratien investieren tendenziell mehr in einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wodurch er zu einer von der Bevölkerung anerkannten Institution wird. Aber ganz gleich, was die Ursache und was die Wirkung ist: Die Qualität der Demokratie korreliert positiv mit dem Vertrauen in öffentlich-rechtliche Angebote (Grafik):

In Ländern, die der Demokratieindex der Economist Intelligence Unit als demokratischer einstuft, vertraut ein größerer Prozentsatz der Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Nachrichten.

Grad der Demokratie, Grad der Pressefreiheit und Vertrauen der Bevölkerung in die öffentlich-rechtlichen Nachrichten im Jahr 2021 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ähnlich verhält es sich mit der Pressefreiheit: Je freier die Medien in einem Land berichten können, desto größer ist das Vertrauen der Bevölkerung in den ÖRR.

Während die skandinavischen Länder bei den drei Indikatoren Spitzenwerte erzielen, stehen mit Polen, Ungarn und der Türkei – wenig überraschend – drei Länder besonders schlecht dar, deren Regierungen in den vergangenen Jahren häufiger durch demokratiefeindliches Handeln auffielen.

Aber auch Deutschland mischt trotz finanzstarkem ÖRR nicht ganz vorne mit: Im Demokratievergleich liegt die Bundesrepublik europaweit lediglich auf Platz zehn – ebenso wie im Ranking der Pressefreiheit. Diese wurde von Reporter ohne Grenzen aufgrund der sprunghaft gestiegenen Gewalt gegen Medienschaffende in Deutschland, zum Beispiel auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen, erstmals nur als „zufriedenstellend“ und nicht mehr als „gut“ eingestuft.

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